15 Jahre Kunst für Alle
Die Brunnenpassage schließt niemanden aus
Anne Wiederhold ist künstlerische Leiterin der Brunnenpassage. Im Interview spricht sie über den Beitrag ihres Hauses zu den Themen Migration und Integration, internationale Anerkennung und den Grundsatz "pay as you can". Ein Gespräch über 15 Jahre "Kunst für Alle".
WIEN/OTTAKRING. Zwischen dem Start als Pilotprojekt, der ersten Veranstaltung auf einer Parkbank und der Auszeichung mit dem "Europäischen Preis für Stadtkultur" sind 15 Jahre vergangen. Die BezirksZeitung hat mit Anne Wiederhold, der künstlerischen Leiterin der Brunnenpassage, einen Blick zurück und über die Ottakringer Bezirksgrenze hinaus gewagt.
Wie würden Sie „15 Jahre Brunnenpassage“ in einem Satz zusammenfassen?
ANNE WIEDERHOLD: Kunst wirkt! - und das für alle Wienerinnen und Wiener.
Menschen mit Migrationserfahrung sind ein Zielpublikum ihres Hauses. Was trägt die Brunnenpassage zu Themen Migration und Integration aktiv bei?
Für uns sind alle Anrainerinnen und Anrainer Dialoggruppe, wir sind ein diskriminierungskritischer Kunstort und gehen auf marginalisierte Akteurinnen und Akteure Wien weit besonders zu, da sie oft vom Kultursektor ausgeschlossen sind. Gleichzeitig sind wir ein lebendiger Begegnungsort und stärken Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.
Die Brunnenpassage macht Kunst kostenfrei für alle zugänglich. Ob Bobo, Normalo oder Migrant, wie wecken sie beim „Kunstbanausen“ die Neugier?
Wir arbeiten nicht mit solch eindimensionalen Kategorien. Die Kunstproduktionen der Brunnenpassage nehmen die Wiener Gesellschaft in ihrer gesamten Vielheit zum Ausgangspunkt. Bei uns läuft alles nach dem Prinzip "pay as you can" und das Programm ist sehr vielseitig und reicht von Theater und Tanz über Musikformate bis hin zu Ausstellungen und Film. Viele Angebote laden zum aktiv mitmachen ein.
Vor fünf Jahren haben sie gesagt: "Hier in Ottakring sind wir mit 400 Veranstaltungen und 25.000 Zuschauer pro Jahr schon am Ziel." Was soll noch kommen?
Wir sind mit mittlerweile bis zu 36.000 Besucherinnen und Besucher jährlich, zumeist sehr gut ausgelastet. Mehrjährige Kooperationen mit etablierten Kulturinstitutionen der Innenstadt sind Teil des Kernkonzepts, aktuell arbeiten wir viel in Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Wien und dem Wiener Musikverein. Das Konzert „Wiener Stimmen“ im goldenen Saal im Juni diesen Jahres war unvergesslich.
Und am Standort Yppenplatz?
Hier am Brunnenmarkt haben wir gemeinsam mit Kindern und Marktstandlern viele unterschiedliche Geschichten in Bezug auf das Thema Europa gesammelt, diese wandern nun in Form einer großen Ausstellung ins Volkskundesmuseum. Und wir arbeiten nun schon länger an der Öffnung des Bunkers unter dem Yppenplatz als Ort eine diverse Erinnerungskultur in unserer Stadt.
Wieviel „Brunnenpassage“ wurde in den 15 Jahren über die Bezirksgrenze getragen? Haben andere Bezirke nachgezogen?
Unter anderem nach dem Modell der Brunnenpassage wurden in mehreren dezentralen Bezirken Wiens kulturelle Ankerzentren errichtet. Wir werden in der ganzen Stadt von Institutionen um Beratung angefragt und auch viel international als Expertinnen und Experten für Diversität und progressive Stadtentwicklung über Kunst eingeladen. 2021 haben wir den Europäischen Preis für Stadtkultur verliehen bekommen, was eine großartige internationale Anerkennung war. Wir haben auch in zweiter Auflage ein Buch über unsere Arbeitsweisen veröffentlicht.
Bei Kunst und Kultur geht es immer auch um die Finanzierung. Schafft es die Brunnenpassage mittlerweile ohne Zuschüsse der Caritas?
Wir finanzieren uns zu 80 Prozent über öffentliche Gelder von Bezirk, Stadt, Bund und EU, sowie Stiftungen. Die Caritas finanziert als Trägerorganisation den Overhead.
Wären Eintrittsgelder die Lösung?
Dies würde unserem Konzept widersprechen, pay as you can ist gesellschaftlich gerade in der aktuellen Zeit genau richtig. Es sollte generell vielmehr um neue Ansätze für Umverteilung und Teilhabe und Zugang gehen!
ZUR SACHE
Brunnenpassage
Brunnengasse 71 / Yppenplatz
1160 Wien
Tel: 01/890 60 41
Mail: info@brunnenpassage.at
www.brunnenpassage.at
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