Jahreskreis 20: Fronleichnam

Die Fahnen des ÖKB, an der Südmauer der Stadtpfarrkirche lehnend.
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(von Christoph Altrogge)

Nach der Messe vor der Stadtpfarrkirche

Pfarrer Groll hatte den Schlusssegen gesprochen. In den Sitzreihen entstand allgemeiner Aufbruch. Auch ich verließ meinen Platz in Richtung Mittelgang. Dort strömten die Gästemassen bereits wieder nach draußen. Ich machte den Kniefall und begann mich ebenfalls in Richtung Ausgang zu bewegen. Zähflüssig schob sich die Masse nach hinten. Immer wieder geriet sie ins Stocken. Links und rechts zogen die Sträuße frischen Birkengrüns vorbei. Je ein Exemplar davon war an der Außenwand jeder zweiten Bankreihe befestigt worden.
Am Weihwassergefäß entstand wieder das gewohnte Gedränge. Die zahlreichen Anwesenden steckten in kurzer Folge hintereinander ihre Finger hinein. Von weitem drangen bereits die Gespräche der schon draußen Stehenden herein. Sie vermischten sich mit dem Spiel der Orgel, welches den Auszug begleitete.
Ich machte das Kreuz und verließ die Kirche durch die offen stehende linke Tür des Vorraumes. Hinter ihr fanden sich mehr und mehr Teilnehmer der Messe zusammen, um auf den Beginn der Fronleichnamsprozession zu warten.
Während des Hinausgehens fiel der Blick automatisch in Richtung Himmel. Die leichte Bewölkung vom Morgen hatte sich inzwischen völlig aufgelöst. Ein wolkenloser, blauer Himmel war an ihre Stelle getreten. Ganz leichter Wind ging, bewegte etwas die weißgelbe Flagge am Kirchentor.
Entlang der Mauer des Kirchenschiffs rechts von der Tür hatte man etliche mannshohe Äste Birkenlaub aufgestellt. Sie standen wachpostenartig zwischen den historischen Grabsteinen. Die Sonne fiel gerade stark auf sie ein. Dadurch kam das frische Grün auf der weißen Kalkfarbe der Kirchenwände besonders stark zur Geltung.
Ich beschloss, erst einmal dem Gedränge im Eingangsbereich der Kirche zu entkommen. Auf der Fläche unmittelbar vor den Grabsteinen standen die Prozessionsteilnehmer etwas weniger dicht zusammen. Ich durchquerte die dort versammelten Gästemassen bis zu ihrem Ende. Dort, wenige Meter neben der Tür, blieb ich dann stehen.

Die Prozession beginnt

Ungefähr zehn Minuten später kam Bewegung in die unmittelbar vor der Tür Stehenden. Einen Augenblick später begann sich Stück für Stück der "Himmel" aus der Kirchentür zu schieben.
Schließlich befand sich das quadratische Stoffdach mit den unzähligen Stickereien und den vier Tragestangen zur Gänze außerhalb der Kirche. Dort stellte man es zunächst auf dem Boden ab. Wenige Augenblicke darauf begann man es vorsichtig auseinanderzufalten.
Kurze Zeit später traten die vier Träger hinzu, um das Gebilde in die Höhe zu heben. Als dies geschehen war, erkannte ich auch, um wen es sich dabei handelte. Rechts vorn hatte sich "Tourrrrrrrrrrrrismusstadtrrrrrrrrrrrat" Gruber postiert. An der Stange neben ihm stand Kulturstadtrat Wiesmann. Den Platz rechts hinten hatte Volksschuldirektor Zimmering eingenommen. Den links daneben Prokurist Behdorf von der Volksbank.
Pfarrer Groll betrat das Innere des zeltartigen Gebildes. Die Monstranz mit dem Allerheiligsten in ihrem Inneren vor dem Gesicht tragend. Spontan bildete sich eine Gasse. Der Aufmarsch bewegte sich durch sie bis zu den beiden Heiligenstatuen am Westausgang des Kirchenparks. Dort blieb er vorerst stehen. Rasch begann sich dahinter die Prozession zu formieren. Gleich nach dem "Himmel" sammelten sich die Ministranten in ihren langen, weißen Kitteln. Hinter ihnen wiederum traten in Reih und Glied die Mitglieder der Stadtkapelle an.
Mehrere Erwachsene holten daraufhin von allen Seiten her die Erstkommunionskinder zusammen. Alle trugen anlässlich des Tages ihre langen, weißen Erstkommunionskleider. Die Mädchen unter ihnen hatten außerdem noch Blütenkränze im Haar.
Nach und nach waren sie alle hinter den Musikern zu einer Gruppe zusammengestellt worden. Hinter ihnen formierten sich reihenweise die greisen Männer vom Gemeinde-ÖKB. Wie immer bei solchen Anlässen waren sie in ihren grünen, jägeranzugsartigen Trachten gekommen. An der Spitze nahm der Vorsitzende Anton Riegler Aufstellung. Rechts neben ihm der Träger der über und über bestickten Vereinsfahne. Links ein weiteres ÖKB-Mitglied. Rasch entstanden hinter ihnen zahlreiche weitere Dreierreihen.
Die darauffolgende Gruppe bildete die Rugia Retz. An ihrer Spitze stand Verbindungssenior Emanuel Wiesmann, der Sohn von Kulturstadtrat Wiesmann. Die Verbindungsfahne neben sich haltend, gab er einige mir nicht verständliche Kommandos. Hinter ihm standen schon die in ihren farbenfrohen Uniformen erschienenen Rugen lose zusammen. Säbelrasselnd traten sie daraufhin so wie der ÖKB ebenfalls in Dreierreihen an.
Zahlreiche Eltern mit Kinderwagen schlossen sich an. Bereits bei der Bekanntgabe der Aufstellungsordnung am Ende der Messe war ihnen diese Stelle reserviert worden. Damit sie bei den einzelnen Stationen sich nicht zwischen den anderen Teilnehmern hindurchmühen mussten.
Schließlich folgten alle übrigen Teilnehmer. Nur wenige Minuten nach seinem Beginn war der ganze Vorgang der Prozessionsbildung auch schon wieder abgeschlossen.
Die Stadtkapelle stimmte eine getragene Weise an, der Zug setzte sich in Bewegung. In das Spiel der Musiker mischte sich irgendein klimperndes Geräusch, dessen Quelle ich aufgrund der Menschenmassen nicht erkennen konnte.

In der Kirchenstraße

Nach wenigen Minuten erreichte auch mein Teil der Prozession das Ende des Kirchenparks. Links und rechts setzte sich dort im Spalier das Birkengrün fort, welches den gesamten Verlauf der Prozession markierte. Gleich hinter dem Park tat sich der schmale, langgezogene Bushaltestellenbereich vor der Volksschule auf. Mit ihm erschien auch gleichzeitig seine westliche Stirnseiten-Begrenzung, der "Goldene Hirschen" mit der Stohlgasse daneben.
Ich trat hinab auf die Fahrbahn der Kirchenstraße. Ein großer Teil der Prozession vor mir befand sich schon auf ihr. Links sperrte ein Gendarm die Straße in Richtung der Kreuzung mit der Wallstraße und der Höfleinerstraße ab. Hinter ihm hatte sich ein kleiner Stau von vier, fünf Autos aufgebaut.
Langsamen Schrittes bewegte sich der Zug nun in Richtung der ersten Station am Anger. Diktiert wurde dieser vor allem durch die getragenen Melodien der Stadtkapelle. Direkt vor mir ging eines jener Kinder mit seinen Eltern, welches bunte Blütenblätter zu verstreuen hatte. Knapp über dem Boden trug es ein kleines Körbchen an seinen kurzen Armen. Daraus verstreute es die Blätter auf dem Weg. Bald war die Straße übersät davon.
Auf der linken Straßenseite zogen sich unterdessen die langgestreckten, einstöckigen Häuser an der Außenseite der Stadtmauer entlang. Vor ihnen fand die Reihe der Birkenstämme ihre Fortsetzung.

In der Znaimerstraße

Nach einer Weile war der Zug an der Kreuzung Windmühlgasse/Znaimerstraße/Kirchenstraße angelangt. Ungefähr zwanzig Meter vor uns lag die Gabelung Znaimerstraße/Fladnitzerstraße. Von weitem tauchte am Beginn der Fladnitzerstraße das Gebäude von Ofensetzer Beyer mit dem Club-Café "Kajak" auf.
Als wir es gleich darauf passiert hatten, erschien links auch schon wieder die Berggasse.
Mit ihr das Eckhaus Berggasse/Fladnitzerstraße mit der in Stein gehauenen Vater-Sohn-Heiliger-Geist-Allegorie genau an der Ecke. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite begann bereits der Anger.

Erste Station: Anger

Die Prozession hatte den Anger entlang der Stelle vor dem alten Gemeindehaus passiert. Während sie an den einstöckigen Bauernhäusern auf der Nordseite des Platzes vorbeizog, verlangsamte sie ihren Schritt allmählich. In der Mitte der Angerwiese tauchte die Holzbrücke über den Entwässerungsgraben quer über den Platz auf. In ihren Blumenkästen entlang der beiden Geländer standen gerade Dutzende Geranien in voller Blüte.
Gleich darauf kam geradeaus die erste Station des Umzuges in Sicht. Sie befand sich an der Rückwand des Obelisken, der an die große Überschwemmung von 1874 erinnerte. Es handelte sich um eine aus Birkengrün bestehende, mehrere Meter breite, kirchenapsisartige Nische. Ein dichter Teppich roter Blütenblätter bedeckte das Gras in ihrem Inneren.
Ein kleiner, roter Teppich lag über dem rückwärtigen Teil des zweistufigen Denkmalsockels. Er reichte unter dem Grün hindurch. Auf der obersten Stufe des Sockels stand der kleine, schmale Feldaltartisch. Unmittelbar an der Rückfront des Monolithen. Er war zentrales Element in der Mitte des künstlichen Raumes.
Seine Vorderfront war zur Gänze durch eine Holzplatte mit irgendeiner religiösen Malerei bedeckt. Sie war jedoch nur zur Hälfte zu erkennen. Über sie hinweg hing eine gehäkelte Decke mit allen möglichen religiösen Symbolen. Diese lag auf der Oberfläche des Tisches ausgebreitet. Symmetrisch waren darauf das Kreuz, etliche kleine Blumenvasen mit Sträußchen und brennende Kerzen aufgebaut worden.
Ein altmodisches Gnadenbild hing etwas über der Mitte des Tischs. Befestigt an einer höheren Stelle der durch das Birkenlaub unsichtbar gewordenen Steinstele. Je ein weiteres Gnadenbild hing zur Linken und zur Rechten des Tischs inmitten der Birkenzweige. Diese waren etwas kleiner als das über dem Altar.
Darunter auf dem Boden standen jeweils zwei etwas größere Blumensträuße. Zu beiden Seiten des Altars, entlang der Rundungen der Nische. Vorn an den Enden der Nische je ein roter, dahinter, in unmittelbarer Altarnähe, je ein weiß-blauer.
Nachdem die Prozession gänzlich zum Stillstand gekommen war, trat der Pfarrer an den Altar heran. Ein Ministrant hängte ihm die Stola um. Die Stadtkapelle, welche kurz vor Erreichen der Station ihr Spiel unterbrochen hatte, begann die ersten Töne eines Kirchenliedes vorzutragen. Schlagartig kehrte Ruhe ein.
Neben dem Altar hatten inzwischen die Mitgliederinnen und Mitglieder des Gemischten Chors des Männergesangsvereines Aufstellung genommen. Wenige Sekunden später stimmten sie das zu der Melodie gehörende religiöse Lied an.

Als die Darbietung beendet war, trat Stadtrat Wiesmann nach vorn, um die Fürbitten zu verlesen. Der Pfarrer kniete sich zu der Handlung vor den Altar.
Nach deren Beendigung wiederum trat der Pfarrer abermals vor die Prozessionsteilnehmer hin und rief im Sprechgesang: "Der Herr sei mit Euch."
"Und mit deinem Geiste", antworteten die Anwesenden ebenfalls im Sprechgesang.
"Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus."
"Ehre sei dir, oh Herr", kam es aus dem Auditorium.
Ein anderer Ministrant als der, der dem Pfarrer kurz zuvor die Stola umgehängt hatte, trat mit dem geöffneten Brevier vor ihn hin. Danach begann der Pfarrer den entsprechenden Bibeltext daraus vorzulesen.

"Frohbotschaft unseres Herrn Jesus Christus", beendete Pfarrer Groll eine Weile später jenen Teil der Andacht, der zur Gänze in liturgischem Gesang erfolgt war.
"Lob sei dir, Christus", antworteten die Teilnehmer noch in der gleichen Weise.
Danach kniete sich der Pfarrer auf die Stufen vor dem Altar. Gleichzeitig trat Prokurist Behdorf nach vorn und begann wenige Augenblicke später ein zweites Mal Fürbitten vorzulesen.
Ein Ministrant reichte dem Pfarrer danach den blechernen Weihrauchkrug. Pfarrer Groll schwenkte das Gefäß zuerst nach links, dann geradeaus, zuletzt nach rechts. Alle Umherstehenden bekreuzigten sich in dem Moment, als das Gefäß in ihre jeweilige Richtung ausschlug.
Anschließend kniete der Pfarrer wieder vor dem Altar nieder und hielt sich die Monstranz vors Gesicht, um in liturgischem Gesang den Segen zu sprechen: "Mit himmlischem Segen sei gesegnet dieser Ort und alle, die hier wohnen." Er erhob sich, hielt dabei immer noch die Monstranz vorm Gesicht, und fuhr fort: "Im Namen des Vaters ...", bei diesen Worten drehte er sich wie schon beim Weihrauchspenden zuerst nach rechts, "... des Sohnes ...", dabei wandte er sich den vor ihm Stehenden zu, "... und des Heiligen Geistes", schloss er den Segen nach links ausgerichtet ab.
Ein Augenblick herrschte Ruhe. Dann setzte ein zweites Mal Chorgesang ein. Wiederum begleitet von der Stadtkapelle.

Durch die Fenthgasse

Als der Punkt abgeschlossen war, begann sich auf dem Weg neben der Wiese die Prozession wieder in ihrer vorherigen Form zu ordnen. Wenige Augenblicke später nahm sie Kurs auf das nordöstliche Ende des Platzes. Die Stelle, wo der Ringweg um die Angerwiese in die Fenthgasse mündete. Von weitem tauchte in der Mitte der linken Seite der Gasse der kleine Steinmetzbetrieb Fälbl auf. Daneben der Hof mit den unzähligen ausgestellten Grabsteinmodellen.
Einige Minuten später betrat der Zug die Gasse. An ihrem baldigen Ende fiel bereits der Blick auf die zweite Station des Umzuges: das Vizebürgermeisterhaus. Genauer, das Wohnhaus auf dem Gehöft von Vizebürgermeister Pfand. Nahezu verschwunden hinter Unmassen von Birkengrün war das Gebäude auf der Ostseite der quer laufenden Znaimerstraße. Im Zentrum der Grünaufbauten befand sich wieder der Altar. Er ähnelte dem ersten ziemlich.

Zweite Station: Znaimerstraße

Nur wenige Augenblicke später war die Fenthgasse auch schon wieder durchquert. Die Znaimerstraße tat sich auf. Mit ihren zweistöckigen Bauernhäusern auf der Ostseite, mit den einstöckigen auf der Westseite. Rechts erschienen die niedrig gelegenen Dächer der Westseite. Mit ihnen die kurz unter der Dachkante angebrachten Strommästchen, wie auch am Beginn der Fladnitzerstraße. Von Haus zu Haus zogen sich diese entlang. Wie immer etwas windschief hingen zwischen ihnen die Stromleitungen in der Luft.
Rechterhand tauchten ganz am Ende der Straße die Spitzen des Znaimertores und des Rathausturmes auf. Halb versteckt hinter den Dächern der Ostseite lagen sie von diesem Standpunkt aus gesehen.
Links des Aufmarsches stand mitten auf der Straße wieder ein Gendarm. Er riegelte den Verkehr aus Richtung Ortsausgang ab.
Mehr und mehr verteilten sich die Prozessionsteilnehmer auf der Straße vor dem Anwesen des Vizebürgermeisters. Währenddessen wurden am Altar einige Vorbereitungsarbeiten geleistet. Deren Ablauf konnte ich allerdings aufgrund der vor mir stehenden Massen nicht genau erkennen. Kurz darauf stimmte der Gemischte Chor des Männergesangsvereines auch schon wieder sein Eröffnungslied an.

Durch die Znaimerstraße

Der Chor hatte sein obligatorisches Abschlusslied gesungen. Wieder entstand allgemeiner Aufbruch. Die an der Spitze des Zuges marschierenden Gruppen begannen sich in Richtung Stadtinneres zu postieren. Rasch fand sich dahinter auch die lange Schlange der übrigen Teilnehmer zusammen. Die Stadtkapelle begann eine weitere Melodie zu spielen, worauf sich die Prozession wieder in Gang setzte.
Gleich nach dem Vizebürgermeisterhaus tauchte auf der linken Straßenseite eine lange Reihe geöffneter Fenster auf. Geschnitzte Urbanusfiguren, Leuchter mit brennenden Kerzen, kleine Altäre, Heiligenbilder und -figuren befanden sich in ihnen. Fast alle Fenster, die in irgendeiner Weise feierlich geschmückt waren, standen nach außen hin offen, damit man den Schmuck besser sah.
Auf der Straße davor machte sich währenddessen der Beginn einer langgestreckten Abflussrinne bemerkbar. Wie so viele Pflasterungen in der Stadt war diese wieder einmal aus Schattauer Ziegeln errichtet worden.
Links tauchte die enge Florianigasse auf, welche in die Mitte der Wieden führte. An ihrem Ende konnte man im Vorbeigehen direkt auf den Florianibrunnen sehen.
Der Fiat-Handel Kellner schloss sich an. Auf der gegenüberliegenden Seite kam gleichzeitig die Praxis von Stadtarzt Dr. Berg am Ende des Straßenzweiges in Sicht. Gleich dahinter folgte das alte Haus, über dessen Tür sich noch immer die aus verschnörkelten, alten Metallziffern gebildete Hausnummer 115 befand, die seit der Zeit da hing, als es in der Stadt noch keine Straßennamen gab und statt dessen sämtliche Häuser durchnummeriert waren.
Der Zug erreichte das Bauernhaus vor dem "Poseidon". Die riesige, grüne, senkrecht zur Wand stehende Pappweinflasche über dem Tor tauchte auf. An ihr hängend das Schild mit der Aufschrift "Flaschenweine. Rot – Weiß", auf den Ab-Hof-Verkauf in dem Anwesen aufmerk-sam machend. Dem Gehöft folgte das Langhaus vom "Poseidon" und schließlich das "Poseidon" selbst.
Gleich darauf zog auch die Pfarrgasse neben dem Café vorbei. Die Prozession war damit wieder an der Kreuzung Znaimerstraße/Fladnitzerstraße angelangt. Die Stelle, an der sie eine knappe Stunde zuvor den Weg über die Fladnitzerstraße eingeschlagen hatte. Der Zug kam daraufhin kurz zum Stillstand. Der Gendarm, der die Fladnitzerstraße abriegelte, ließ gerade eine Kolonne Autos durch. Eine Wolke Weihrauch war mit einem Male in der Luft vernehmbar. Ich vermutete, dass sie von den Ministranten an der Spitze des Zuges zurückgelassen worden war.

Dritte Station: Dreifaltigkeitssäule

Etwa zehn Minuten später durchquerte die Prozession das Verderbertor und betrat den Hauptplatz. Währenddessen wechselte in der Stadtkapelle wieder einmal das Spiel von den Blechbläsern zu den Trommlern über. Begleitet vom Trommelrhythmus und dem undefinierbaren Metallgeräusch, das mir schon zu Beginn der Veranstaltung aufgefallen war, bewegten sich die Massen zur dritten Station hin. Es handelte sich um die der Post zugewandten Seite der Dreifaltigkeitssäule.

Vierte Station: Vinzenziplatz

Bereits als der Zug von der Kremserstraße in die Klostergasse einbog, hörte man schon von weitem die Glocken der Dominikanerkirche schlagen. Links zogen der Gendarmerieposten und das "Vinzenz Liebl" vorbei.
Bald darauf war auch schon wieder das Ende der Straße erreicht. Rechts tauchte die schmale Bäckergasse auf. Die Sicht an ihrem Ende wurde wieder ganz und gar von der Südfront des Rathauses eingenommen.
Die Prozession erreichte schließlich die Kirchenapsis. Mit ihr die Natursteintreppe davor, wo die Straße nach rechts abbog und auf dem Vinzenziplatz mündete.
Die Stadtkapelle an der Spitze des Zuges kam auf der Höhe des ersten Hauses auf der Westseite des Platzes an. Es war das, welches eine ähnliche "potjemkiensche" Fassade wie etliche Häuser auf dem Hauptplatz aufwies. Die Kapelle nahm wieder ihre Standposition ein. Worauf wie schon bei den anderen Stationen die ganze übrige Prozession hinter ihr zum Stillstand kam. Geradeaus kam daraufhin der vierte und letzte Altar in Sicht. Er befand sich bei der Statue des Heiligen Vinzenz Ferrer mit den Engelsflügeln und der nach oben weisenden rechten Hand.

Schließlich war auch die vierte Andacht nach dem Schema der drei vorherigen fast bis zu Ende zelebriert worden. Nach dem Eingangslied des Männergesangsvereines hatte Stadtrat Stallmeier die Fürbitten vorgetragen. Anschließend folgte das noch ausständige Johannes-Evangelium, nachdem in der Znaimerstraße ein Evangelium nach Markus und an der Dreifaltigkeitssäule eines nach Lukas verlesen wurde. Danach war plötzlich Paula aus meiner Klasse vor den Prozessionsteilnehmern erschienen, um die zweiten Fürbitten zu verlesen.
Nachdem sie ihren Platz wieder verlassen hatte, trat Kulturstadtrat Wiesmann an ihre Stelle und begann zu erklären: "Wir befinden uns hier vor der Statue des Dominikanerheiligen Vinzenz Ferrer, welche sich seit dem Jahr 1770 an dieser Stelle befindet. Vinzenz Ferrer wurde um 1350 in Valencia in Ostspanien als Sohn eines Notars geboren und trat 1367 in den Dominikanerorden ein. Er studierte Philosophie und Theologie in Lérida und Barcelona, erwarb die Doktorwürde und lehrte in Valencia. Vinzenz Ferrer gilt als einer der größten Bußprediger des Mittelalters. Wie kaum ein anderer konnte er die Zuhörer ganz in den Bann seiner flammenden Rede schlagen. Dadurch und durch seinen unerschütterlichen Glauben und sein vorbildliches Leben konnte er viele Menschen bekehren. Von 1399 bis 1409 unternahm er seine berühmte Wanderreise von Spanien nach Frankreich, Oberitalien, der Schweiz und Deutschland. In freimütigster Offenheit tadelte er die Zeitgenossen und scheute sich auch nicht, Fürsten und Geistlichen genauso schonungslos die Wahrheit zu sagen wie dem 'gemeinen Volk'. Er nannte sich selbst 'legatus a latere Christi' – das 'alter ego', das zweite Ich Christi. Er zog als Bußprediger durch Frankreich und starb am 5. April 1419 in Vannes in der Bretagne. Im dortigen Dom wurde er bestattet. Papst Calixtus III. sprach ihn am 19. Juni 1455 heilig.
Der Heilige Vinzenz Ferrer ist Schutzpatron von Valencia und Vannes sowie der Dachdecker, Holzarbeiter, Ziegelmacher und Bleigießer. Er wird um Beistand angerufen bei drohenden Gefahren, Fieber, Kopfweh und Epilepsie. Die Gläubigen wandten und wenden sich an ihn um eine gute Heirat und einen guten Tod.
Die Verehrung des Heiligen verbreitete sich rasch; besonderer Beliebtheit erfreute er sich in Spanien und Deutschland.
Dargestellt wird der Heilige Vinzenz Ferrer als predigender Dominikaner mit Buch, oft mit einem Kreuz oder einer Sonne mit dem Monogramm Christi IHS auf der Brust; besonders häufig mit Flügeln an seinen Schultern als Engel der Apokalypse.
Informiert über das Leben und Wirken des Heiligen Vinzenz Ferrer wurden wir maßgeblich durch einen Mann, dessen Name auch in engem Zusammenhang mit diesem Platz hier steht, nämlich Pater Ignaz Lamatsch.
Ignaz Lamatsch, geboren am 8. Februar 1797 in Lemberg, wurde Geschichtsprofessor und trat 1826 in das Retzer Dominikanerkloster ein, wo er unter anderem als Klosterchronist wirkte. Von 1832 bis 1834 war er Prior, verzichtete dann aber auf dieses Amt, da seine großen Stärken offensichtlich in der Forschung und Wissenschaft lagen. Er machte sich in verschiedenster Weise um Retz verdient. Die Ignazigasse, welche vom nordwestlichen Ende dieses kleinen Platzes in Richtung Klosterbrückl abzweigt, sowie das daran anschließende Ignazibrückl über den Stadtgraben hinweg, entstanden beide maßgeblich auf seine Initiative hin und tragen da-her auch seinen Namen.
In dem um 1855 in Ödenburg von Lamatsch verfassten Werk 'Die Seeligen und Heiligen des Predigerordens' finden sich neben vielen anderen Lebensläufen auf insgesamt 50 Seiten auch detaillierte Schilderungen über Wirken und Schaffen des Heiligen Vinzenz Ferrer.
Pater Lamatsch verstarb am 8. Mai 1863."

Schlusssegen in der Dominikanerkirche

Nach dem Ende der vierten Andacht hatten sich die Teilnehmer noch zum Schlusssegen in der Dominikanerkirche eingefunden. Dort spielte bereits beim Eintreten die Orgel. Nachdem alle ihre Plätze eingenommen hatten, wurde irgendein mir unbekanntes Lied gesungen. Danach kam ein langes Gebet von Pfarrer Groll. Nach dessen Ende wiederum trat der Vorsitzende der örtlichen Katholischen Männerbewegung an den Altar. Dort angekommen, hängte er dem Pfarrer die Stola für den Segen um.
"Bevor wir nun zum Ende kommen", verkündete Pfarrer Groll daraufhin, "möchte ich zunächst all jenen danken, die in irgendeiner Weise zum Zustandekommen dieser Prozession beitrugen. So etwa der Stadtkapelle und dem Gemischten Chor des Männergesangsvereines für ihre musikalischen Beiträge. Den Lesern der Fürbitten und Evangelien, den Gestaltern der Altäre, den Vorbereitern der anschließenden Agape. Und natürlich Ihnen allen, meine Damen und Herren, für das Mitfeiern. Abschließend darf ich Ihnen allen noch eine schöne Agape und ein paar schöne Feiertage wünschen.
Ein allerletzter Hinweis noch: Im Anschluss an den Segen werden wir während des Auszuges das Lied 'Großer Gott, wir loben dich' singen."
Danach hielt er sich wieder die Monstranz vors Gesicht und stellte sich in Richtung Hochaltar, um den Schlusssegen zu sprechen.

Agape auf dem Vinzenziplatz

Der Segen war vorüber. Pfarrer Groll verließ samt Gefolge den Altarraum in die angrenzende Sakristei. Die Prozessionsteilnehmer strömten den beiden Kirchenschiffausgängen zu. Dabei sangen sie von Zetteln, die zu Beginn der Messe ausgeteilt worden waren, das Lied "Großer Gott, wir loben dich".

Die Agape war bereits in vollem Gange, als ich auf dem Vinzenziplatz ankam. Entlang der Westseite des Platzes und der Ostseite hatte man je eine lange Reihe Holztische aufgebaut. Teilweise standen diese in den beiden abschüssigen, aus Bruchsteinen errichteten Abflussrinnen. Mineralwasser, Dopplerflaschen mit Rotwein, Weißwein, rotem und weißem Traubensaft und geflochtene Körbchen mit Nussbrot aus der Bäckerei Gold befanden sich auf ihnen.

Die Uhr des Rathausturmes, der hinter dem Platz emporragte, zeigte Dreiviertel Zwölf. Ich hatte inzwischen mehrere Gläser Traubensaft und Wein genommen, jeweils von beiden Sorten. Dazu hatte ich ein paar Scheiben Nussbrot gegessen.
Auf dem Platz war der Andrang inzwischen etwas weniger geworden. Stattdessen hatten sich überall auf den Tischen ganze Batterien leerer Gläser angesammelt. Unbemerkt waren am Ausgang des Platzes zur Klostergasse hin die Männer des Städtischen Bauhofes mit einem ihrer Fahrzeuge aufgetaucht. Sie waren gekommen, um das Birkengrün, das nun nicht mehr gebraucht wurde, auf die Ladefläche des Klein-Lkw zu werfen.
In meinem Glas befand sich noch bis zur Hälfte roter Traubensaft. Ich trank dieses in einem Zug leer und stellte das Glas zurück auf den Tisch. Danach machte ich mich auf den Nachhauseweg.

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