Das unglaubliche Leben der Stephanie Kropfreiter

RIED IN DER RIEDMARK. Stephanie Kropfreiter ist 94 Jahre und man möchte bei ihr das Wort alt nicht in den Mund nehmen. Denn sie ist in Worten und Ansichten jung geblieben. Dabei war ihr Leben geprägt von schwerer Arbeit, Krieg und Schicksalsschlägen. „Aber ich hatte eine schöne Kindheit. Besonders die Zeit im Bahnwärterhäuschen in Altaist-Hartl, wo ich mit meinen Eltern und Geschwistern von 1924 bis 1931 gewohnt habe, war die schönste Zeit in meinem Leben", sagt Kropfreiter, die zwei Urenkel und ein Ur-Urenkerl hat. Geboren wurde sie 1921 in Losenstein. Der Vater arbeitete bei der Eisenbahn und brachte der kleinen Stephanie lange vor Schulbeginn Lesen, Schreiben und Rechnen bei. 1931 ging er krankheitshalber in Pension, die Familie übersiedelte nach Ried. Nach der Volksschule besuchte sie zwei Jahre Bürgerschule und drei Jahre Koch- und Haushaltungsschule in Erla. „Bist eh nur ein Mädchen, du brauchst keine Schule", sagte ihr Mutter. Aber dank Vater und Lehrern durfte sie die Abschlussprüfung machen. Dann kam der Krieg. 1939 musste sie zum Arbeitsdienst nach Frankfurt, 1940 heiratete sie Johann Kropfreiter als er Heimaturlaub bekam. 1941 zog sie mit dem 1. Kind nach St. Valentin, wo sie Tochter Margarita zur Welt brachte. Sie versorgte die Kinder und verdiente als Mehlspeisköchin Geld.

Erlebnisse aufgeschrieben
1944 kam ihr Mann Johann verwundet vom Krieg zurück – 1945 wurde die Wohnung der Kropfreiters bombardiert und zerstört. Die Familie zog nach Ried zurück. „Eine schreckliche Zeit, wir haben viel Unglaubliches miterlebt“, sagt Kropfreiter. Von 1945 bis 1948 haben sie das Altenheim mit 26 Leuten in Niederzirking betreut und 1948 zog die Familie Kropfreiter nach Anzendorf, wo Kropfreiter zwei weiteren Mädchen das Leben schenkte. Sie und ihr Mann bekamen schwere Akkordarbeit im Ziegelwerk Hammer in Lungitz und bauten sich ein Haus in Ried auf der Linden, in dem Kropfreiter heute noch wohnt. 1964 bekamen die Kropfreiters einen Sohn, der als 8-Jähriger bei einem Unfall starb. Sie arbeitete von 1973 bis zu ihrer Pensionierung im All-Werk Mauthausen im Akkord, war Betriebsrätin. Von Kindesbeinen an schrieb sie Erlebnisse in Heftchen nieder. Seit ihrer Pensionierung schreibt sie Geschichten und Gedichte, liest viel und fertigt Handarbeiten an. Sie hat Theater gespielt, sich einen Computer gekauft, auf dem sie bis heute ihre Schreibarbeiten erledigt und sie hat einen schönen Gemüse- und Kräutergarten. „Mir war noch nie langweilig und das ist bis heute so geblieben, ich hab immer was zu tun, zu erzählen oder zu schreiben“, sagt Kropfreiter.

Gedicht von Stephanie Kropfreiter "Der Baum"

Der Baum nimmt sich vom Gottessegen,
nur soviel, was ihm wird gern gegeben.
Die gute Erde, den Sonnenschein und Regen,
schöpft der Baum seinen Saft und auch Leben.
Er versenkt seine Wurzeln tief im Erdengrund,
und verschenkt seine Früchte zur gegebenen Stund.