Wirtsehepaar Ragailler hochbetagt verstorben
Das Kirchturmkreuz führte sie zusammen
Innerhalb von nur 13 Tagen sind im Jänner Marianne und Josef Ragailler hochbetagt verstorben. Das pensionierte Wirtsehepaar, Erbauer des "Georgihofs", war viele Jahrzehnte lang eine St. Georgener Institution.
ST.GEORGEN/GUSEN. Am 2. Jänner 2022 schlief Marianne Ragailler friedlich im 94. Lebensjahr ein. Nur 13 Tage später folgte ihr Gatte Josef 97-jährig nach. Mit den beiden Begräbnissen in der örtlichen Pfarrkirche endeten 63 Jahre gemeinsamer Weg punktgenau dort, wo dieser begonnen hatte. Denn der gebürtige Eferdinger Josef Ragailler hatte eine ursprünglich ganz andere Profession: Er war Dachspengler und anno 1957 in luftiger Höhe mit der Neueindeckung und Kreuzsteckung am St. Georgener Kirchturm beschäftigt. Wie es das Schicksal wollte, lud der damalige Pfarrer Alois Brenneis die Handwerker ins ehemalige Gasthaus Rammer am heutigen Oberen Markt zum Essen ein. Dort lernte Josef seine aus Reichenthal stammende Marianne, geborene Manzenreiter, kennen und lieben. Wie er in seinen 2015 verfassten Erinnerungen schreibt "eine g'standene Wirtin", die er am 8. Juli 1958 heiratete und die ihm den Umstieg ins Gastgewerbe schmackhaft machte.
Georgihof in Handarbeit erbaut
Zeit für entspannte Flitterwochen blieb nicht. Denn die zuerst erfolglose Suche nach einem eigenen Gasthaus bekam mit dem plötzlichen Angebot, das altehrwürdige, aber baulich desolate Wirtshaus Rosenleitner am Marktplatz zu übernehmen, schon wenige Wochen später ungeplante Dynamik. Mit beschränktem Budget, ohne Bagger und Kran, überwiegend in Handarbeit, riss das Paar mit einigen Helfern das alte Haus ab, bewahrte Dachziegel und das Holz des Dachstuhls zur Wiederverwendung auf und schaffte es, bis zum Winterbeginn den Rohbau bis zur ersten Etage hochzuziehen. Nur ein Jahr später, am 1. Jänner 1960 ging die glanzvolle Eröffnung des damals hochmodernen "Georgihofs" über die Bühne. Er wurde in den Folgejahren weiter ausgebaut, mit Kegelbahnen, Ritterstube, Festsaal und zehn Fremdenzimmern zum markanten Haus am Marktplatz. Bis 1985 prägte das Wirtspaar aus Leidenschaft die St. Georgener Gastroszene, ehe nach der Pensionierung Sohn Hermann den Betrieb übernahm.
Malerei als Leidenschaft
Am Georgihof, aber auch an vielen anderen Plätzen im Ort, etwa im alten Feuerwehrhaus und im Einsatzzentrum, ist eine weitere Passion von Josef Ragailler unübersehbar - die Malerei. Detaillierte Zeichnungen, großflächige Wandgemälde, Wappen, Theaterkulissen, Plakate und der namengebende Heilige Georg in unzähligen Variationen - auch als Schnitzarbeit - ließen in 36 Pensionsjahren keine Zeit zum Müßiggang. Unzählige seiner Fotografien füllen das Archiv des Heimatvereins und auch beim Helfen war der Name Ragailler stets präsent. Davon zeugen über 60 Jahre Engagement als Feuerwehrmann.
Ihr gemeinsamer Herzenswunsch, einen langen Lebensweg miteinander zu gehen und gemeinsam auch zu beschließen, wurde Marianne und Josef nun im gesegneten Alter erfüllt.
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