Befreiungsfeier - Zivilcourage

Am 7. Mai jährt sich die Gedenk- und Befreiungsfeier in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und an Orten der ehemaligen Außenlager. Heuer widmen sie sich dem Thema "Zivilcourage".
Zivilcourage beschreibt den Mut, den jemand beweist, indem er humane Werte, wie z. B. Menschenwürde und Gerechtigkeit, ohne Rücksicht auf eventuelle Folgen, vertritt.

Treffend wird in der diesjährigen Ausschreibung des Mauthausen Komitees festgehalten, dass viele Menschen, durch mutige Einzelaktionen Zivilcourage gezeigt haben. Wenn überhaupt, wird erst viele Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch des NS-Systems, von ihnen berichtet.
Heute soll es an der Zeit sein jene Erinnerungen zu erzählen, die sich fest ins Gedächtnis der 84-jährigen Angela M. aus Ried/Riedmark gebrannt haben.
„Es muss das Jahr 1944 gewesen sein“, erzählt Angela M., die damals 5 Jahre alt war. Es war Erntezeit, doch kriegsbedingt fehlte es an männlichen Erntehelfern. Alle wehrfähigen Männer waren, so wie Angelas Vater, zum Kriegsdienst eingezogen.
Angela erzählt, dass es für die Landwirte damals die Möglichkeit gab, sich „KZler für die Arbeit am Feld auszuborgen“. Eine Möglichkeit, von der Gebrauch gemacht wurde.
Gemeinsam mit ihrer Mutter war Angela auf Wegen zwischen den Feldern spazieren. Ihr kleiner Bruder saß noch im Kinderwagen. Unter den streng wachenden Augen der „Kapos“ schufteten die „Inhaftierten“ auf den Feldern. Essen und Trinken waren ihnen untersagt.
Am nächsten Tag gingen sie wieder eine Runde spazieren, doch diesmal hatte die Mutter im Kinderwagen einen Topf mit gekochten Erdäpfeln versteckt. Angela sollte immer wieder einzelne Erdäpfel auf den Boden legen – in der Hoffnung der Mutter, dass die „Arbeiter“ diese finden würden und so zumindest eine Kleinigkeit zu essen hätten. „Aber pass ja auf, dass dich die Aufpasser – die „Kapos“ – dabei nicht beobachten. Angela hat diese eindringlichen Worte ihrer Mutter noch heute, fast 80 Jahre später, im Ohr.
So geschah es zwei Tage in Folge.
Am dritten Tag wurden sie von einem „Kapo“ aufgehalten. Die kleine Angela, an der Hand ihrer Mutter, sieht den Aufseher immer noch vor sich und „hört“ seine ernst gemeinten Drohungen: „Wenn ich euch noch einmal hier sehe, dann kommt ihr dorthin, wo DIE her sind“.

Dieses Erlebnis ist tief in den Erinnerungen von Angela M. verankert. Dieser Akt der Zivilcourage ihrer Mutter hat sie tief beeindruckt. In den Jahren danach wurde immer wieder darüber gesprochen und auch hinterfragt. „Was hat dich, Mama, motiviert, so etwas Gefährliches zu machen? Das hätte uns alle das Leben kosten können.“
„Weißt du, ich habe mir gedacht, wenn das unser Papa wäre, wenn er so ein „KZler“ wäre, dann hätte ich mir auch gewünscht, dass es jemanden gibt, der ihm was Gutes tut“, so die Antwort der Mama.

Zivilcourage – Nächstenliebe – zu einer Sache stehen, auch wenn diese nicht populär ist. Diese Haltung hat sich Angela M. verinnerlicht. Als Erwachsene ist sie eine Zeugin Jehovas geworden. Ein Mitglied jener Religionsgemeinschaft, die wie keine andere von den Nationalsozialisten verfolgt wurde. Es war deren neutrale Haltung und die Verweigerung des Kriegsdienstes, die sie zu einem Dorn in den Augen der Nationalsozialisten werden hat lassen.
"Diese Brut wird aus Deutschland ausgerottet werden", schrie Adolf Hitler hysterisch mit geballten Fäusten in der Reichskanzlei am 7. Oktober 1934.
Fast 90 Jahre später sind Jehovas Zeugen aktiver denn je zuvor. So auch die ca. 100 Mitglieder der Gemeinde Mauthausen, zu der auch Angela M. gehört.
Bei der kommenden Gedenk- und Befreiungsfeier am 7. Mai 2023 werden auch Jehovas Zeugen vertreten sein, um die Erinnerung an ihre getöteten Glaubensgeschwister nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Verfasser: Stefan Reifmüller

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