Kurios
Wie Synthesa in Perg eine Skifabrik aus dem Boden stampfte

Ehemaliger Synthesa-Mitarbeiter und Zeitzeuge Walter Pfleger erinnert sich an den Thurnhof-Ski aus Perg. | Foto: Synthesa
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Anlässlich des 75-Jahr-Jubiläums des Baufarbenherstellers Synthesa wurde auch ein kurioser Teil Firmengeschichte ausgegraben: In Perg wurden Mitte der 60er Jahre unter dem Markennamen „Thurnhof“ Alpin- und Touren-Skier entwickelt, produziert und vertrieben.

PERG. 1946 begann die Geschichte der Synthesa in Linz/Wegscheid. 75 Jahre später zählt Österreichs führender Baufarbenhersteller mit nunmehrigem Sitz in Perg zu den erfolgreichsten Industrie-Unternehmen im Land. Neben einer Vielzahl an Neu-Entwicklungen, die Synthesa zur Marktführerschaft verholfen haben, zählen auch welche, die heute in Vergessenheit geraten sind. Hier setzt die Geschichte zum Thurnhof Ski ein.

Winterflaute in Farbenproduktion überbrücken

Aus Dokumentationen ist zu entnehmen, dass Synthesa-Eigner Hans-Gustaf Hornberg Ende des Jahres 1963 den Bau einer eigenen Skifabrik beschloss. Man wollte die Winterflaute in der Farbenproduktion mit der Herstellung von Skiern überbrücken. Ab Februar 1964 fuhren am Synthesa-Gelände die Baumaschinen auf. Im April wurden die ersten Maschinen zur Holzverarbeitung geliefert. Im Juli erfolgte die Erprobung der ersten Ski-Prototypen. Um dem hohen Synthesa-Qualitätsanspruch gerecht zu werden, holte man sich einen internationalen Ski-Profi zur Produktentwicklung ins Haus.

„Toni Sailer der 30er Jahre“ als Geburtshelfer

„Der Friedl Pfeifer war ein berühmter österreichischer Skirennläufer und Weltmeister. Er sollte uns mit neuen Ideen und Know-how auf die Sprünge helfen“, erinnert sich der ehemalige Synthesa-Vertriebsmitarbeiter Walter Pfleger, der von 1961 bis 1999 im Unternehmen tätig war. Tatsächlich gewann der aus St. Anton stammende Pfeifer, der 1938 in die USA emigriert war, eine Bronzemedaille bei der Ski-WM in Mürren (1931, CH). Das brachte ihm später den Titel „Toni Sailer der 30er Jahre“ ein. Nach seiner aktiven Karriere begründete er durch die Erschließung der Skigebiete in Aspen den Ruhm des US-Nobelskiortes mit.

Damenski mit Leopardenmuster

Anfänglich wurde ein relativ einfacher, aber handwerklich perfekter Holzski mit dem Markennamen Thurnhof (eine Perger Ortschaft) produziert. Bald wurde auf die Realisierung eines Kunststoff-Skis hingearbeitet. „Eines dieser neuen Modelle hatte den Namen 'Thurnhof Ladystar' und trug ein freches Leopardenmuster. Der Herrenski hieß 'Thurnhof for men' und war ähnlich trendig gestaltet“, erzählt der 81-jährige Walter Pfleger. Namen und Gestaltung waren wohl bereits auf den US-amerikanischen Markt zugeschnitten.

Heimische Branche reagierte nervös

Denn bereits im ersten Jahr gingen 1.000 Paar Ski in die USA. Die neue Skimarke hatte die heimische Branche ganz schön aufgeschreckt. In der handschriftlichen Chronik ist sogar von einem Auftrag von 8.000 Paar für Kanada die Rede. So begann man 1965 die Fabrik um 130 m² samt neuer Trocknungshalle zu vergrößern. Viele weitere Skier wurden in Österreich verkauft. „Die Vertriebsmannschaft war sehr motiviert. Getestet wurden die Skier in Tirol“, erzählt Pfleger.

Aufsehen in der „Thurnhof Alm“

Den ersten großen Auftritt hatten die Skier aus Perg 1965 bei der Salzburger Sportartikel-Messe. Dazu ließ Synthesa gegenüber dem Eingang der Messe im Kongresshaus einen eigenen Ausstellungspavillon, die „Thurnhof Skialm“, errichten, da Synthesa im Kongress keinen Ausstellungspatz erhielt. „Die Skialm war Anziehungspunkt der gesamten Skiwelt aus aller Herren Länder und vieler Mitbewerber, die wissen wollten, was da gerade passiert“, so Pfleger.

Im Radio 100 Paar Skier verlost

Das Marketing war bemerkenswert: Im live ausgestrahlten Radio-Quotenhit „Autofahrer unterwegs“ (von 1957 bis 1999) mit der Radio-Legende Walter Niessner wurden 100 Paar Thurnhof-Skier bei einem Publikumsquiz verlost. Und das nicht einmal, sondern gleich in mehreren Sendungen. „Der Thurnhof-Ski war plötzlich in aller Munde und super bekannt“, zeigt sich Pfleger noch heute begeistert.

Das Kapitel Ski-Produktion endete schon 1966

Trotz gelungener Markteinführung kam das Ende nur wenige Monate nach der Auslieferung der ersten Skier. Starker Wettbewerb und technische Herausforderungen führten 1966 zum Aus der tollen Idee vom „Ski aus Perg“. „Es macht halt wenig Sinn, im Winter produzieren zu wollen, wenn der Ski da schon verkauft sein soll“, resümiert Zeitzeuge Walter Pfleger.

Heute Marktführer im Bereich Baufarben

Damit war klar, dass Synthesa die volle Konzentration auf die Entwicklung von hochwertigen Farb- und Beschichtungsprodukten lenkte. Mit unzähligen Produkt-Innovationen und dem Ausbau der Marktposition ist das Unternehmen heute laut eigenen Angaben österreichischer Marktführer im Bereich Baufarben und führender Erzeuger von WDVS.

Synthesa-Gruppe "so erfolgreich wie noch nie"

„Im nunmehr 75. Jahr des Bestehens steht die Synthesa-Gruppe trotz Corona-Krise so erfolgreich wie noch nie da. Ziel ist die Investition in noch höhere Kundenzufriedenheit, Steigerung des Kundennutzens durch Digitalisierung, sowie Nachhaltigkeit und Klimaschutz durch Innovation in allen Unternehmensbereichen“, sagt Synthesa-CEO Georg Blümel.

300 der 710 Mitarbeiter arbeiten in Perg

Zur Gruppe zählen die Unternehmen Capatect, Avenarius Agro, Glemadur, Naporo und Dalmatherm. Österreichweit beschäftigt die Gruppe 710 Mitarbeiter in 12 Niederlassungen mit einem Umsatz (2020) von rund 200 Mio Euro. Alleine in Perg beschäftigt die Firma rund 300 Mitarbeiter. Die Synthesa-Gruppe ist somit ein wichtiger Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsfaktor für die ganze Region. Auch regionale Beschaffung – etwa Kaolin aus Schwertberg – sichert Wertschöpfung im eigenen Bezirk.

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