Zeitreise mit Helene Janzsa aus Scheibbs

- Die 100-jährige Scheibbserin Helene Janzsa und Roland Mayr unterhielten sich über die Zeit des Ersten Weltkriegs.
- Foto: privat
- hochgeladen von Roland Mayr
Die 100-jährige Scheibbserin Helene Janzsa sprach im Interview über ihre Kindheitserinnerungen.
BEZIRKSBLÄTTER: Sie sind im Jahre 1914 geboren? Haben Sie noch irgendwelche Erinnerungen Ihre frühe Kindheit?
HELENE JANZSA: "Ich wurde am 24. Juni 1914 in Scheibbs geboren, also genau in jenem Jahr als der Weltkrieg ausbrach. Deshalb sind die Erinnerungen an diese Zeit schon etwas verschwommen. Jedenfalls brach der Erste Weltkrieg völlig unnötig aus. Es war während der Österreichisch-Ungarischen Monarchie nicht so schlecht und den Leuten ging es raltiv gut. Die Generäle haben dem Kaiser eingeredet den Krieg zu beginnen, nachdem der Thronfolger in Sarajevo erschossen haben."
Was ist das erste, was Ihnen dabei in den Sinn kommt?
"Mein Vater war damals als Koch in Böhmen an der Front. Das sind wohl so ziemlich meine ersten Erinnerungen. Als er dann nach dem Krieg zurück kehrte war er völlig ausgehungert, und ich lernte ihn zu dieser Zeit eigentlich erst kennen. Er lernte an der Front etwas Tschechisch und Russisch, was ihm dann während der Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg sehr zugute kam, als ja die Russen in Scheibbs stationiert waren."
Hat man in Scheibbs vom Krieg etwas mitbekommen?
"Nicht wirklich, das eigentliche Kriegsgeschehen spielte sich ja an den Frontlinien in den Schützengräben ab, es war ja eigentlich ein reiner Stellungskrieg. Die Not und das Elend in der Bevölkerung waren sehr groß, das habe ich natürlich auch schon als Kleinkind mitbekommen. Wir Kinder mussten damals in den Wald gehen, um Holz zu sammeln. Auf den Wiesen sammelten wir Bockshorn und Sauerampfer, woraus Suppen gekocht wurden. Auch Erdbeeren und Himbeeren sammelten wir, um sie dann zu Mehlspeisen oder zu Säften zu verarbeiten. Geröstete Eicheln wurden oft als Nussersatz für die Mehlspeisen verwendet."
Was taten die Menschen noch gegen die große Not?
"Die Not macht die Menschen bekanntlich erfinderisch und so kamen zogen viele Manschen als Musikanten durch die Wirtshäuser, um sich ein paar Kreuzer dazu zu verdienen."
Hatten Sie auch Kontakt zu Soldaten?
"Ich kann mich daran erinnern, dass meine Mutter, die ursprünglich aus Pressburg (Bratislava) stammt, sehr gut Ungarisch sprach, da sie dies in der Schule gelernt hatte. In Schauboden gab es ein großes Lager während des Ersten Weltkriegs, wo auch der Maler Egon Schiele stationiert war. Dort waren auch viele Ungarn einquartiert, die sich sehr freuten, mit meiner Mutter Ungarisch sprechen zu können, da sie Heimweh hatten. Als Dank dafür haben sie für uns Kinder Holzspielzeug angefertigt."
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