Musikwissenschaft
Die Kunst, die eigene Kunst zu erforschen
In einer jungen Disziplin erforscht Michael Kahr die eigene künstlerische Tätigkeit.
SIMMERING. Egal ob Natur-, Sozial- oder Geisteswissenschaft. Das Forschungsobjekt ist in den meisten Disziplinen getrennt von dem- oder derjenigen, der oder die einen Blick darauf wirft. Nicht in der künstlerischen Forschung: „Man ist Forschender aber das eigene Tun ist auch Forschungsobjekt“, sagt Michael Kahr. Er ist Dekan der Fakultät Musik und Leiter der Masterstudien an der Jam Music Lab Privatuniversität für Jazz und Popularmusik Wien. Kahr, der selbst auch Jazzpianist ist, widmet sich seit einigen Jahren der künstlerischen Forschung. Hier wird neues Wissen generiert, indem Erfahrungen aus dem eigenen, künstlerischen Alltag als Künstler und Künstlerinnen miteinbezogen werden.
Multimediale Forschung
Am JAM Artistic Research Lab beschäftigen sich Kahr und sein Team etwa mit den Rahmenbedingungen zu künstlerischem Schaffen innerhalb der Popularmusik. Ein anderes Projekt blickt auf neue Arten der Publikationen. In der klassischen Forschung bestehe diese meist aus Texten und Grafiken. Ziel ist es stattdessen eine Online-Plattform einrichten, auf der die Veröffentlichung künstlerischer Forschungsergebnisse auch durch multimediale Inhalte – wie Videos und Aufnahmen, aber etwa auch Notenbeispiele – ergänzen. „Das Wissen, mit dem wir uns beschäftigen, ist sehr stark verkörpert. Es ist schwer, vieles davon zu verbalisieren. Deshalb wollten wir eine andere Dimension der Wahrnehmung und Vermittlung schaffen“, so Kahr.
Noch ist das Feld der künstlerischen Forschung sehr neu. Kahr geht davon aus, in diesem Bereich Pionierarbeit leisten zu können. Bei klassischer Musik gibt es seit ein paar Jahren eine Tradition, bei Popularmusik steht noch vieles offen. Den Mix an Methoden leihen sich die Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen, wie der Soziologie oder den Musikwissenschaften aus. Manchmal wird auch Kunst für die eigene Forschung produziert, jedoch nie ohne anschließende Reflektion und eine Einbettung in den jeweiligen Kontext. So komponierte Kahr ein Stück für ein Forschungsprojekt über Jazz in Graz, das er für die dortige Kunstuni durchführte.
Grundsätzlich würden sich seine verschiedenen Tätigkeiten sehr gut ergänzen, so Kahr. Treibende Kraft für seine Multidisziplinarität ist die Neugierde: „Ich wollte weitersuchen anstatt ausschließlich als Musiker zu arbeiten. Die Forschung hilft mit, mehr über mein eigenes Tun und meine künstlerische Herangehensweise zu erfahren.“
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