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Wenn Wasser verdampft

Die Gemeinden in Vorarlberg kämpfen mit zu hohen Kosten | Foto: pixabay
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  • Die Gemeinden in Vorarlberg kämpfen mit zu hohen Kosten
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Es gibt ja bekanntlich drei Aggregatzustände von Wasser: flüssig, gasförmig und fest. Gasförmig ist Wasser dann, wenn es verdampft. Es ist zwar da, aber auch wieder nicht. Zumindest was unsere Wahrnehmung anbelangt. Recht ähnlich verhält es sich mit der sogenannten Gemeindemilliarde vom Bund. Angesichts des finanziellen Drucks durch die Teuerung erhalten Gemeinden und Städte ein Investitionsprogramm in Höhe einer Milliarde Euro. Das klingt auf den ersten Blick nach viel Geld. Beim zweiten jedoch verdampft dieser Eindruck. Österreich hat 2.059 Gemeinden. Man muss kein großer Mathematiker sein, um zu erkennen, dass hier bei einer Verteilung nicht allzu viel Geld übrig bleibt. Zumal ja nicht jede Gemeinde knapp 500.000 Euro bekommt. Der Aufteilungsschlüssel ist ein anderer. So bekommt Vorarlberg für die 96 Gemeinden insgesamt 43,7 Millionen Euro. Zum Vergleich: unser Nachbarbundesland Tirol mit 277 Gemeinden bekommt 82,07 Millionen von der Gemeindemilliarde.

Nach der Hiobsbotschaft vor zwei Wochen, dass die Stadt Graz zahlungsunfähig sei, wurde ein Gipfel zwischen Finanzministerium und Städtebund einberufen. Ausverhandelt wurden nun 500 Millionen für kommunale Investitionen. Die andere Hälfte der Gemeindemilliarde sei reserviert für die Erhöhung der Energieeffizienz und den Ausbau der erneuerbaren Energieträger, erklärte Finanzminister Brunner nach dem Gipfel der Öffentlichkeit. So weit, so gut. Würde man denken.

Jetzt kommt ein verhaltener Hilfeschrei von den Vorarlberger Gemeinden. Warum? Die Gemeinden erstellen derzeit ihre Budgets für das kommende Jahr. Das große Problem dabei ist, dass bei sinkenden Einnahmen gleichzeitig die Kosten stark steigen. Eine Schere, die sich immer weiter öffnet. Im Gemeindeverband laufen die Telefone heiß. Die Präsidentin des Vorarlberger Gemeindeverbands und zugleich auch Bürgermeisterin von Dornbirn, Andrea Kaufmann, kennt das Dilemma. Auch wenn die Stadt Dornbirn finanziell vielleicht besser dastünde als manch andere Gemeinde in Vorarlberg, müsste auch Dornbirn mit einem Budgetvoranschlag für 2023 planen, bei dem 13 Millionen Euro fehlten. Dornbirn bekommt von der Gemeindemilliarde knapp 6,3 Millionen Euro an Zuschuss. Auch hier muss man kein großes Mathe-Genie sein, um zu erkennen, dass der Zuschuss vom Bund zwar etwas hilft, im Grunde aber verdampft. Und gerade Dornbirn steht beispielhaft für eine finanzstarke Gemeinde. Bei vielen anderen kleineren Gemeinden ist die Situation wesentlich dramatischer.

Warum sollte uns diese Zahlenspielerei interessieren? Weil jeder von uns in einer der 96 Vorarlberger oder österreichweiten 2.059 Gemeinden lebt. Jeder von uns zahlt Gebühren an die Heimatgemeinde. Und jeder von uns verlangt von den Gemeindevertretern, dass notwendige Investitionen und manchmal auch Investitionen getätigt werden, die die Lebensqualität zwar erhöhen, aber nicht dringend notwendig wären. Das ist zumindest unser aller Anspruch. Das kostet Geld.

Wenn also in Zukunft Projekte auf Eis gelegt werden müssen, weil Löcher in den Straßen nach den Wintermonaten ausgebessert werden müssen, die Trinkwasserversorgung und Abwasserinfrastruktur gewährleistet werden muss, dann sind das nur ein paar Beispiele für absolute Notwendigkeiten einer Gemeinde, ihren Bürgern das Leben zu erleichtern. Eine finanzielle Entspannung für alle Gemeinden ist derzeit nicht wirklich in Sicht. Wie in Spanien wäre ein weihnachtliches Lotto vielleicht auch in Vorarlberg sinnvoll. Dort spielen oft ganze Dörfer mit und teilen den Gewinn unter den Dorfbewohnern auf. Würde dann eben nicht El Gordo heißen, sondern „Gmoandsgwinn“. Von mir aus. Besser als verdampftes Wasser.

Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ
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Die Gemeinden in Vorarlberg kämpfen mit zu hohen Kosten | Foto: pixabay
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