Weihnachten in Haft
"Am schlimmsten ist's für Mütter und Väter"

Weihnachten hinter verschlossenen Toren: Die Welser Justizanstalt bietet Platz für 156 Inhaftierte.   | Foto: Meingast
  • Weihnachten hinter verschlossenen Toren: Die Welser Justizanstalt bietet Platz für 156 Inhaftierte.
  • Foto: Meingast
  • hochgeladen von Florian Meingast

WELS. (mef) "Jeder will bekanntlich das Weihnachtsfest zu Hause mit seiner Familie verbringen. Ich spürte, dass das Fest für mich ein Wenig anders war – das schmerzte", sagt Brunhilde, deren bürgerlichen Namen wir bewusst geändert haben, über ihr erstes Weihnachtsfest in Haft. Sie verbüßt eine zweijährige Haftstrafe. Nach einiger Zeit in einer anderen österreichischen Einrichtung wurde sie unlängst in die Justizanstalt Wels überstellt. "Besonders schlimm ist's für inhaftierte Väter und Mütter, die ihre Kinder in dieser besinnlichen Zeit nicht sehen können. Vor allem diejenigen, die ihr erstes Mal hinter Gittern feiern, weinen daher sehr oft", sagt sie.

Doch Weihnachten geht vorbei: Noch etwas "schlimmer ist es für mich an Silvester. So gerne ich am Abend dieses Tages auch ausgehen und etwas trinken möchte, so unmöglich ist mir das. Außerdem sehe ich das Feuerwerk nicht besonders gut", sagt Brunhilde.

Die Geburt Christi zelebriert sie mit den sechs Mitinhaftierten "ihres" Stockes im Frauentrakt. Für jene ist es das erste Mal. "Wir werden diesen Abend im Aufenthaltsraum verbringen, selbstgemachte Kekse essen und miteinander plaudern. Das ist jedoch nicht so feierlich wie zu Hause", sagt Brunhilde, die in der Welser Justizanstalt als Reinigungskraft tätig ist.

Ob sie Kontakt zu Familie und Verwandten pflegt? "Nein, nicht mehr. Ich meine, was soll ich ihnen denn noch erzählen? Bei mir ist jeder Tag gleich: Ich stehe in der Früh auf, dusche mich, gehe zur Arbeit und am Nachmittag wieder zurück in den Haftraum. Meinen Verwandten habe ich zudem gesagt, dass es sich nicht lohnt, mich im Gefängnis zu besuchen. Die Anreise ist für die halbstündige Besuchszeit einfach zu lang. Das zahlt sich nicht aus. Ich will damit jedoch nicht sagen, dass ich sie nicht vermisse." Zu Beginn ihrer Haftstrafe sei sie "besonders traurig gewesen, als sie wieder abgereist sind." Sofort mit ihren Verwandten Kontakt aufnehmen werde sie allerdings "wenn ich aus der Haft entlassen werde."

"Bekomme vom Trubel wenig mit"

Etwas anders geht es Tristan, dessen bürgerlichen Namen wir ebenfalls geändert haben. "Ich bin im Gefängnis als Koch tätig." Aus diesem Grund bekommt der gelernte Koch, der ebenfalls eine zweijährige Haftstrafe absitzt, "nicht mit, dass ich eigentlich im Gefängnis bin. Ich fühle mich wie in einem normalen Unternehmen." Das Fest hat übrigens auch einen Einfluss auf den Speiseplan: "An diesem Tag gibt es zu Mittag beispielsweise Schweinebraten und Abends dann Bratwürste. An normalen Tagen gibt es am Abend sonst nur etwas kaltes zu Essen."

Wie es ihm während seines ersten Weihnachtsfests im Gefängnis erging? "Ich war sehr traurig, dass ich meine Partnerin nicht sehen durfte." Das habe sich aber geändert: "Dank eines dreitätigen Ausgangs war es meiner Partnerin und mir heuer möglich, Adventmärkte zu besuchen. So konnten wir das Fest bereits im Vorhinein feiern", sagt Tristan, der täglich von sechs Uhr Früh bis zwölf Uhr Mittags seiner Tätigkeit nachgeht. Die Zeit, intensiv darüber nachzudenken, "dass Weihnachten ist, habe ich nicht, da ich arbeite."

Mit wem er im Gefängnis Weihnachten verbringt? "Besser kenne ich eigentlich nur meine Küchenkollegen. Mit den Mithäftlingen aus meinem Trakt komme ich nur wenig ins Gespräch, da ich mich nach der Arbeit im Haftraum aufhalte oder durch das Haus spaziere."

Eines ist für Tristan in Bezug auf Weihnachten jedoch klar: "So sehr sich die Justizwachbeamten auch bemühen: Es wird ihnen nie möglich sein, den Häftlingen, die ein "normales Leben draußen" gewohnt sind, ein Weihnachtsfest wie daheim zu bescheren. So gut kann das Essen gar nicht sein".

"Musste Fest ohne Sohn verbringen"

Justizwachbeamte ist außerdem jene Berufsbezeichnung, die Teresa Heigert gegenüber jener der "Wärter" bevorzugt. "Diese Bezeichnung ist eigentlich ein Unwort", sagt die gebürtige Polin. Nachdem Sie diesen Satz beendet hat, lächelt sie. Oberst Heigert, so ihr offizieller Titel, bekleidet seit November 2016 das Amt der Leiterin der Justizanstalt Wels.

Heigert leistete, damals noch in der Justizanstalt Schwarzau, übrigens an Weihnachten ihren ersten Nachtdienst ab. "Es ist es mir damit gar nicht gut gegangen, da ich Weihnachten ohne meinen Sohn verbringen musste", sagt sie. Dass es den inhaftierten Müttern und Vätern ebenso gehen musste "war zusätzlich bedrückend."

Zurück in der Justizanstalt Wels findet jedes Jahr am letzten Dienstag vor Weihnachten eine Weihnachtsfeier für die Inhaftierten statt. "Die Feier besteht aus einem ökumenischen Gottesdienst und anschließenden Einlagen von Chören oder Zauberern. Zum Abschluss werden noch kleine Geschenke an die Gefangenen verteilt. Das tut den Insassen wirklich gut", sagt Heigert, die aus Interesse den Bachelorlehrgang "Polizeiliche Führung" an der Fachhochschule Wiener Neustadt absolvierte.

Anzeige
Foto: Cityfoto
8

Innovationen von morgen
"Lange Nacht der Forschung“ am 24. Mai

Unter dem bundesweiten Motto „Mitmachen. Staunen. Entdecken.“ bietet Oberösterreich bei der elften Auflage der Langen Nacht der Forschung 2024 (#LNF24) am Freitag, 24. Mai 2024 von 17 bis 23 Uhr ein breit gespanntes LIVE-Programm. In zehn Regionen in Oberösterreich laden rund 140 Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Technologiezentren und innovative Unternehmen dazu ein, einen Blick in die faszinierende Welt der Forschung zu werfen. Auf Entdecker:innen jeden Alters wartet ein...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Wels & Wels-Land auf MeinBezirk.at/Wels&Wels-Land

Neuigkeiten aus Wels & Wels-Land als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Wels & Wels-Land auf Facebook: MeinBezirk.at/Wels&Wels-Land - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Wels & Wels-Land und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.