Upcycling & Nachhaltigkeit
"Ja, bei uns kann jeder einkaufen"
Second-Hand-Shops & Repair-Cafés boomen, die Tendenz zum Wiederverwerten ist ungebrochen.
WELS. Ob Winterjacke, Toaster, Sofa oder Kasten – es muss nicht mehr unbedingt etwas Neues und Teures sein. "Wir beobachten seit Jahren eine steigende Kundenfrequenz in den Second-Hand-Shops", sagt Fred Edlinger von der Volkshilfe. "Und die Menge an Sachen, die uns zur Wiederverwertung zur Verfügung gestellt werden, nimmt zu – nicht zuletzt in der Corona-Zeit." Die Pandemie habe zu einem Umdenken beim Konsumverhalten geführt. Und so ist die Kundschaft, die den Revitalshop im Welser Florianiweg 7 aufsucht, bunt gemischt. "Hauptsächlich kommt die Generation zwischen 45 und 65 Jahren, die gelernt hat, dass es nicht immer etwas Neues braucht", so Edlinger. Aber auch bei den Jungen steige das Bedürfnis – allerdings noch mit Luft nach oben. Zu oft gäbe es hier noch eine Barriere im Denken: Darf ich im Volkshilfe-Shop einkaufen? Auch wenn ich nicht bedürftig bin?
"Ja, bei uns kann jeder einkaufen", sagt Edlinger. "Unsere Kunden sind nicht nur Menschen, die nicht genug Geld für Neues haben, sondern auch Personen, die der Gedanke der Nachhaltigkeit antreibt und solche, die auf der Suche nach Schnäppchen sind." Und gerade junge Menschen, die zum Beispiel ihre erste Wohnung einrichten, wolle man verstärkt ansprechen. "Vintage ist ja auch in", sagt Edlinger und schmunzelt. Und es findet sich für jeden Geschmack etwas in den Revital-Shops. Dafür nutzt man auch den Schulterschluss mit den Altstoffsammelzentren. Werden hier Bobbycars, Fahrräder oder Polstermöbel so gut wie neu abgegeben, sichern die Mitarbeiter sie und leiten sie zur Volkshilfe weiter. "Das läuft unter klaren Vorgaben", erklärt Edlinger. "Hygiene und Funktionalität sind das A und O." So komme man im Shop an Dinge aus zweiter Hand und schone die Umwelt.
Reparieren statt Neukaufen
Einen etwas anderen Ansatz verfolgt man im Welser Repair Café des "Treffpunkt Mensch & Arbeit Wels". Dort bringen die Besucher meist kleine elektronische Geräte mit, die gemeinsam repariert werden. "Man spürt das gesellschaftliche Umdenken. Immer mehr Menschen merken, dass man auch anders wirtschaften kann und alte Geräte nicht unbedingt ersetzen muss, sondern auch reparieren kann", erklärt Treffpunkt-Leiterin Brigitte Wimmer. Doch nicht nur der Nachhaltigkeits-Aspekt bringt die Menschen zum Repair Café. Viele freuen sich auch über die dortige Gesellschaft oder wollen ein paar handwerkliche Tricks dazulernen. Dass diese Veranstaltungen gut ankommen, zeigen nicht nur die Besucherzahlen – vor Corona kamen mehr als 20 Leute zu den Treffen – auch in anderen Gemeinden wurden viele Cafés dem Welser Vorbild nachempfunden.
Der erste Tauschladen
Eine weitere Form, Nachhaltigkeit zu leben, bietet seit Kurzem der erste Tauschraum in Wels. "Der Modekonsum ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen, gleichzeitig werden die Kleidungsstücke weniger oft getragen", so Petra Stockinger, Obfrau des neu gegründeten Vereins. "Das war der Auslöser dafür, eine Institution zu gründen, die die Möglichkeit eines Kleidertausches anbietet." An vorerst zwei Tagen pro Woche wird künftig fleißig Kleidung getauscht. Sozial Schwächere können sich mit Hilfe eines Jeton-Bezahlsystems eindecken, es gibt aber auch die Möglichkeit, die angebotene Ware zu kaufen.
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