Clementinum
Prozess gegen Pflegekräfte fortgesetzt
Am zweiten Verhandlungstag in der Causa „Pflegeskandal in Kirchstetten“ wurden zwei Pflegehelferinnen (55, 52 J.) einvernommen, die sich, wie bereits die beiden Mitangeklagten eine Woche zuvor „nicht schuldig“ bekannten (die Bezirksblätter berichteten).
KIRCHSTETTEN (ip). Zu den Vorwürfen von Staatsanwältin Barbara Kirchner erklärten sie, dass es sich um eine Revanche handeln müsse. Eine der Kronzeuginnen, die den Fall ins Rollen brachten, sei, nachdem sie neu zur Gruppe stieß, wegen ihrer Arbeitsweise kritisiert worden. Auch die Ausdrucksweise der Kollegin, die sich der internen Chat-Gruppe anschloss, habe etwa die 52-jährige Angeklagte „gestört“. „Sie haben aber genauso geschrieben“, konterte Richterin Doris Wais-Pfeffer, die bereits einzelne Passagen aus den Chat-Protokollen am ersten Prozesstag vorlas. Die Inhalte der wiederhergestellten Chats der WhatsApp-Gruppe, die laut Staatsanwältin auf reale Vorkommnisse und damit auf die Anklagepunkte hinwiesen, erschütterten die Anwesenden im Gerichtssaal. „Master of Death“ bezeichnete sich dabei der beschuldigte Diplomkrankenpfleger, „Wir pflegen alle zu Tode“, war da zu lesen. Als „Scheiß-Nacht“ bezeichnete man jene Dienste für ungeliebte Kollegen, bei denen man angeblich den Patienten ohne medizinische Anordnung Durchfalltropfen mit entsprechenden Konsequenzen verabreicht haben soll. Kaum wiederzugeben sind Ausdrücke für Patienten, denen jegliche Achtung vor Menschen fehlt.
Man habe von 3.000 Einträgen ja nur einige „schlimme“ herausgeholt, da gebe es ja auch viele ganz normale Texte, meinten die Angeklagten. Ja, der Ton sei mehr als rau gewesen, man habe sich damit jedoch nur abreagiert, die Chats als „Psychohygiene“ gebraucht. Natürlich habe man die ordinären Worte nicht gegenüber den Patienten verwendet und diverse Aussagen seien zynisch oder als Spaß übermittelt worden.
Heimbewohner beschimpft
Zumindest zwei Pflegekräften schien „der Spaß“ zu weit gegangen zu sein, zumal sie Vorfälle zur Sprache brachten, die seitens der Angeklagten vehement bestritten werden. Monatelang habe das Quartett, laut Anklage, die völlig hilflosen Heimbewohner beschimpft, gequält und geschlagen. Dem 30-jährigen Diplomkrankenpfleger legt Kirchner auch massive sexuelle Übergriffe zur Last. So habe er unter anderem wehrlosen Frauen Franzbranntwein in den Genitalbereich verabreicht, einem inkontinenten Patienten den Penis verbogen und ihn in den Bauch und die Hoden getreten, wobei die Mitangeklagten teilweise nicht nur zugeschaut und sich lustig gemacht, sondern auch selbst sadistische Handlungen gesetzt hätten. Sowohl andere Pflegekräfte, als auch Frauen aus dem Reinigungsteam sollen als Belastungszeugen in kontradiktatorischen Einvernahmen ausgesagt haben, wobei diese auch angaben, mehrfach bei den Vorgesetzten auf die Missstände hingewiesen zu haben. Die Aussagen dieser Zeuginnen wurden und werden vor Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgebracht. Inwieweit die doch massive Überforderung einiger Pflegekräfte zum Verständnis für deren mögliche Handlungen beiträgt, lässt sich durch einen Außenstehenden derzeit noch nicht sagen. Vielleicht gibt das, Mitte November erwartete Urteil Hinweise auf einen dringenden Handlungsbedarf.
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