Bildungsmäßige Verarmung?

Foto: Archiv

Schulleiter und AHS-Gewerkschafter Karl Digruber hat in einem Zeitungsinterview für die Tiroler Tageszeitung am 15. Jänner gegen einen Modellversuch für die gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen im Bezirk Imst gewettert.
Dabei scheint er sich in der Region, aus der er Schüler in seine Anstalt locken will, nicht sehr gut auszukennen. Einerseits ist die gemeinsame Schule der Sechs- bis 14-Jährigen im hinteren Pitztal und Ötztal gut funktionierende Realität, wo sich jeder Interessierte persönlich überzeugen kann, dass das Bildungsniveau, wenn alle Kinder einer Gemeinde die selbe Schule besuchen, sicher nicht schlechter ist als das an der Schule von Herrn Digruber. Andererseits scheint er zu vergessen, dass rund 80 Prozent aller Maturantinnen und Maturanten in unserem Bezirk im Sekundarbereich die Mittelschulen der Region besucht haben. Herr Digruber kann sich gerne bei HAK-, HTL-, HBLA- und anderen BHS-Lehrern sowie Schulleitern umhören, ob das Niveau seiner Abgänger, die wie erwähnt ja kaum zwanzig Prozent aller Reifeprüfungsablegenden ausmachen, höher ist als das der Abgänger von den Neuen Mittelschulen.
Bei dieser Gelegenheit könnte er ja dann vielleicht auch erfahren, dass Schülerinnen und Schüler, die aus der gymnasialen Unterstufe in die berufsbildenden höheren Schulen wechseln, von neuen Lehr- und Lernformen, Präsentationen und Portfolios, von kriterialer Leistungsbewertung, potentialfokussiertem Unterricht, selbstständigem oder kooperativem Arbeiten ungleich weniger Ahnung haben wie die Schülerinnen und Schüler, die vorher Neue Mittelschulen besucht haben. Am Ende bleibt der Eindruck, dass Herr Digruber mit Formulierungen wie „bildungsmäßige Verarmung“ oder „ideologische Brachialgewalt“ ein System der sozialen Selektion, das pädagogisch im 19. Jahrhundert stecken geblieben ist, am Leben erhalten will, das sich abseits dieser Argumentation seine Existenzberechtigung längst selbst entzogen hat.

Martin Muigg-Spörr
(Vater von drei Schülern, Lehrer, Personalvertreter)

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.