Ehen und andere Katastrophen

Selbst für eine geeichte Therapeutin wie Phyllis (B. Walder) eine Begegnung der besonderen Art: wenn der Noch-Ehemann (S. Juen) eine junge Patientin (A. Mansfeld) als künftige Ehefrau vorstellt. | Foto: BogenTheater
  • Selbst für eine geeichte Therapeutin wie Phyllis (B. Walder) eine Begegnung der besonderen Art: wenn der Noch-Ehemann (S. Juen) eine junge Patientin (A. Mansfeld) als künftige Ehefrau vorstellt.
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  • hochgeladen von Katja Urthaler (kurt)

Das BogenTheater begeistert sein Publikum mit der bitterbösen Woody Allen-Komödie „Central Park West“.

Damit eine Komödie richtig zündet, müssen zu allererst die Pointen passen, außerdem müssen die Leute auf der Bühne voll und ganz drinnen sein in ihrer Rolle. Insofern sind Komödien selbst für Profis immer wieder aufs Neue eine Herausforderung. Doch an Selbstbewusstsein mangelt es der engagierten Crew vom BogenTheater - immerhin alles Amateure - beileibe nicht. Sie haben sich in ihrer neuesten Produktion sogar einen Woody Allen vorgenommen. Sein Stück "Central Park West" hat er vor zwanzig Jahren geschrieben, also bereits elf Jahre vor Yasmina Rezas furiosem Kammerstück „Der Gott des Gemetzels“, an das man sich interessanterweise immer wieder erinnert fühlt. Denn Allens Dialoge sind ähnlich böse und hinterfotzig, und gleichwohl die Hackeln ziemlich tief daherfliegen, haben sie doch gleichzeitig eine geradezu unglaubliche intellektuelle Brillanz. Und wenn man sich endlich mal die ganze Wahrheit an den Kopf werfen darf, so wird sie auch gleich in schonungslosen Zynismus verpackt. Die Story selbst ist schnell erzählt: fast jede/r hintergeht jede/n. Carol hat eine Liebesaffäre mit dem Mann ihrer Freundin Phyllis, einer ziemlich toughen Analytikerin. Der wiederum hat Phyllis eben verlassen, freilich nicht wegen Carol, wie Phyllis und wohl auch Carol zunächst vermuten. Ganz im Gegenteil: gegen Ende hin wird Sam, der notorische Fremdgeher, auch leibhaftig auftauchen, erst Carol den Laufpass geben und schließlich eine 21-jährige Patientin seiner Frau als seine künftige Ehefrau vorstellen, was Howard, den um sein vermeintliches Glück betrogenen Ehemann von Carol immerhin dazu ermutigen wird, nun ebenfalls um die junge Juliet zu werben. Als manisch-depressiver Schriftsteller hat er ja hinreichend Kreativität und Größenwahn, um sich aus dem Stand in eine Hollywoodkarriere als Drehbuchautor hineinzufantasieren. Am Ende siegt – wie bei Allen nicht anders zu erwarten – allerdings doch die Psychoanalyse, freilich auf eine derart entwaffnend witzige Art, dass man sich den letzten messerscharfen Satz, den Phyllis ihrem Sam entgegenschleudern wird, noch ein paar Mal genüsslich und über beide Ohren grinsend für sich wiederholen muss. Phyllis ist tatsächlich die tragende Figur dieses Stückes, die Spielemacherin sozusagen, nicht zuletzt, weil sie zu Beginn als die große Betrogene erscheint, was selbst Howard irgendwann zur etwas gefährlichen Frage verleitet, was sie wohl für ein Mensch sein müsse, dass sie von allen Leuten in ihrem Umfeld hintergangen werde. Barbara Walder hat sich diese wortgewaltige Überlebenskünstlerin jedenfalls regelrecht einverleibt, sie spielt die Phyllis zum Niederknien: stets ein bisschen überdreht und trotzdem jederzeit bereit zum verbalen Gegenschlag. Nicht minder engagiert Edith Hamberger als Carol, Simon Hölzl als Howard, Stephan Juen als Sam, Amelie Mansfeld als die junge Juliet. Nina Hradsky und Kathi Schwaiger haben in ihrer Inszenierungsarbeit wirklich das Beste aus ihren Darsteller/innen herausgeholt: Denn die Pointen sitzen, und das Publikum lacht und jubelt.

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