Das Spiel mit Schere und Licht

Franz Prader
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Wenn der Teufel Prada trägt, würde Gott sich höchstwahrscheinlich gerne bei Prader kleiden ... da ein schön gekleideter Mensch für den Schneider Franz Prader aus Kitzbühel bedeutet, einfach, sauber und bescheiden angezogen sein, so wie der Mensch auch selbst laut Bibel sein sollte.

In einem Krieg kann man zwei Sachen verlieren: sein gesamtes Hab und Gut, oder auch sein Leben. Familie Prader hatte großes Glück: sie verlor zwar alles, aber blieb am Leben. Mit einem Koffer, Hund und sieben Kindern verlassen die verarmten Süd-Tirol-Bauern ihre liebste Heimat Cortina und die 10-jährige Pilger-Reise durch halb Europa auf der Suche nach Brot und Arbeit endet 1949 in Tirol. Zu dem Zeitpunkt hat Franz bereits dreizehn Geschwister. Soweit er sich zurückerinnern kann, war sein größter Kindertraum, genügend zu Essen zu haben und nie hungern zu müssen.

Wie kommt ein Bauernsohn zur Mode? „Das war nicht meine Entscheidung, sondern die meiner Mutter. ´Werde Schneider, Franzi´, sagte sie, und ich ging mit 14 nach Innsbruck für eine 3-jährige Lehre mit einem monatlichen Gehalt von 15 Schilling. Der Meisterbrief, den ich im Jahr 1954 machte, öffnete mir die Tür zur Selbstständigkeit, die ich seit über 50 Jahren ausführe“, erinnert sich der Meister.

Viele, die als Schneider anfangen, wechseln später zu Modedesign. Sie nicht. Warum? „Ich bin kein Fan von Kitsch und Extremen. Ich bin für die schöne einfache Klassik“, so der Starschneider, beliebt und geschätzt unter hochkarätigen Schauspielern, Politikern und einfach unter Leuten mit Geschmack. Omar Sharif und Arnold Schwarzenegger, Robert Redford und Romy Schneider, Natalie Wood und Hansi Hinterseer standen gerne vorm Spiegel in Praders Umkleidekabine. Womit gewinnt man eine solch namhafte Kundschaft? „Meine Werbung ist meine Kleidung! Eine gute Qualität wird heuer mehr denn je geschätzt, da die Welt vom Warenangebot langsam aus allen Nähten platzt“, so der Perfektionist. Plötzlich wird das Interview unterbrochen: ein Kunde kommt in den Laden, wird persönlich vom Inhaber begrüßt und bei einem gemeinsamen Espresso beraten. Dieses bewegte Interview findet im Stehen und Laufen mit vielen Unterbrechungen für Kundengespräche statt. Seit 1965 ist der Chef jeden Tag in seinem Laden nicht nur präsent, sondern kompetent verbindlich und zuvorkommend gegenüber jedem, der sein Schneiderreich betritt.

Von Prader Gekleidete scheinen alle durchtrainiert und gut gebaut zu sein. Hat der Großteil Ihrer Kundschaft Barbies und Kens Body? „Ein gut proportionierter Körper ist eine Seltenheit. Ich bin wie ein Schönheitschirurg ohne Messer, ich operiere mit Farbe, Stoff und Schnitt. Die Kunst: die Nachteile zu verstecken und die Vorteile ins richtige Licht zu bringen, macht meinen Beruf spannend, und dafür liebe ich ihn. Noch mehr erfüllen mich die dankbaren, vor Glück strahlenden Augen meiner Kundschaft bei der Endprobe. Ich mache aus Menschen keine Stars, ich bringe sie einfach zum Glänzen!“, so der stolze Kitzbüheler Gewandmacher. Erfolg und Anerkennung haben ihren Preis. Bleibt Ihnen noch Zeit für Hobbys und Familie? „Ich habe nur zwei Hobbys: mein Beruf und meine Familie. Das macht mich glücklich und stark. Mehr brauche ich nicht, für mehr hätte ich keine Zeit“, sagt Herr Prader, ohne lange darüber nachzudenken.

Ist die Jugend von heute Ihrer Meinung nach modebewusst? „Man sieht leider nicht oft gut angezogene junge Menschen. Schlampig und ungepflegt zu sein scheint heuer modern zu sein. Das ist für mich keine Mode, sondern eine Erziehungsschwäche der Gesellschaft“, so der Vater von 3 Kindern, die sich immer gerne von Papa einen Rat holen - nicht nur in Fragen der Mode. Sie feiern im Oktober Ihren 80. Geburtstag. Was wünschen Sie sich zu diesem Jubiläum? „Wir feiern klein und einfach, und ich wünsche mir Wiener Schnitzel, gemacht von meiner Frau Bettina!“

Fotos: Schilling

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