„Jedes Auto weniger durch die Wohngebiete ist gut für Kufstein“

Fink, Felipe, Krumschnabel und Obermaier (v.l.) präsentierten am 23. November letzten Jahres die "Dosierampel".
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  • Fink, Felipe, Krumschnabel und Obermaier (v.l.) präsentierten am 23. November letzten Jahres die "Dosierampel".
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KUFSTEIN. Nach über zwei Jahren stärkerer Belastung zeigen jetzt erstmals die Indikatoren für die Verkehrsbelastung in und um Kufstein an einer neuralgischen Stelle wieder nach unten: Erste Verkehrszählungen im Ortsteil Zell zeigen einen Rückgang der täglich durchfahrenden PKW in Fahrtrichtung Innsbruck um acht bis zehn Prozent. Diesen Netto-Rückgang um rund 500 Fahrzeuge pro Tag konstatieren jene Experten, die das Pilotprojekt „Dosiersystem“ im Auftrag des Landes wissenschaftlich begleiten. Für LHStvin Ingrid Felipe sind diese ersten positiven Entwicklungen eine Bestätigung des Wegs der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, den das Land Tirol gemeinsam mit der Gemeinde Kufstein und ihren Nachbargemeinden, sowie mit den bayerischen Nachbargemeinden, eingeschlagen hat.
„Mir ist es ein ganz großes Anliegen, dass wir Kufstein und die Nachbargemeinden in Tirol und in Bayern entlasten können, denn die Verkehrsbelastung ist, verstärkt durch die Grenzkontrollen, wirklich enorm“, sagt die grüne Landesrätin, die sich am Donnerstag vor Ort einen Eindruck verschafft habe. Eine ausführliche Analyse werde Mitte März genaue Daten liefern und auch darüber Auskunft geben können, wie sich der Verkehr im Vergleich zu den Samstagen im Jänner und Februar des Vorjahres auf die verschiedenen Strecken verteilt hat. Dafür werden die Ergebnisse von insgesamt 18 Zählstellen miteinander verglichen, es fließen natürlich auch die Zählungsergebnisse der beiden noch ausständigen Samstage mit "Dosierampel" ein.
Die erhoffte Verkehrsreduktion durch diese Maßnahme sei allerdings nur ein kleiner Schritt zur Entlastung der Kufsteiner Bevölkerung – größere Hebel bietet laut Ingrid Felipe das Mautsystem. Sie poche seit Jahren darauf, die Autobahnvignette durch ein fahrleistungsabhängiges Mautsystem zu ersetzen und hat dafür mittlerweile auch die Unterstützung der Konferenz aller österreichischen Verkehrslandesräte und der Konferenz der Klimaschutzlandesräte Österreichs. „Wir haben in beiden Gremien beschlossen, dass wir eine Umgestaltung des Mautsystems prüfen wollen – zur Entlastung der Menschen an den Ausweichstrecken und auch, weil es aus ökologischen Gründen einfach fairer wäre, wenn alle für die gefahrenen Strecken bezahlen würden und nicht pauschal den selben Preis“, sagt Ingrid Felipe.Sie will mit diesem Anliegen auch beim neuen Verkehrsminister vorstellig werden. Bis dahin setzt sie auf kleinere Schritte zur Entlastung vor Ort. „Aber jedes Auto weniger durch die Wohngebiete zählt“, so Ingrid Felipe abschließend.

„Die ersten Ergebnisse des Dosiersystems sind ein Lichtblick für Kufstein“, freut sich auch Andreas Falschlunger (OGF) über die ersten Messergebnisse in Zell. „500 Fahrzeuge weniger bedeutet für die Anrainer eine erhebliche Entlastung“, so Falschlunger. „Das ist mehr als wir uns davon erhoffen konnten. Dennoch kann es erst der Anfang sein. Wir wollen den Durchzugsverkehr weitestgehend aus Kufstein raus und zurück auf die Autobahn bringen. Dafür braucht es zwei Maßnahmen. Erstens einen Tausch: Weg mit der Vignette, her mit der Mineralölsteuer. 4,5 cent/l auf Treibstoff würden reichen um die Einnahmen der Vignette zu kompensieren. Das hätte darüber hinaus einen erheblichen ökologischen Lenkungseffekt. Zweitens setzen wir uns für den Ausbau des Radwegenetzes ein. Kufstein sollte sich in dieser Hinsicht an Innsbruck orientieren. Dort ist der Radverkehrsanteil mittlerweile bei 22 Prozent.“

Einer Debatte über das Mautsystem oder die Diesel-Steuerbegünstigung als Maßnahme gegen den Verkehrsinfarkt in der Festungsstadt erteilte die Asfinag allerdings bereits im November letzten Jahres, als Felipe mit Bürgermeister Martin Krumschnabel und Klaus Fink, Geschäftsführer der ASFINAG Alpenstraßen GmbH, eine recht klare Abfuhr. Fink hält diese Herangehensweise für Zukunftsmusik und ermahnte schon damals die Anwesenden: "Es gibt eine Politik des Faktischen. Wir müssen schauen, dass wir die Situation erleichtern, sich in Grundsatzdebatten zu ergötzen bringt den Zellern nichts!"

Bürgermeisterkandidat Horst Steiner (BHS) meint: "Den im Kufsteiner Stadtrat vertretenen politischen Parteien von ÖVP, Parteifreien und der FPÖ-GKL ist es offensichtlich vollkommen gleichgültig, ob es mit der Asfinag eine Lösung in der Mautfrage zwischen der Staatsgrenze – und Kufstein Süd gibt. Der Bürgermeister selbst hätte einer Einigung mit der Asfingag nicht zugestimmt, so seine Aussage. Und hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Wie glaubhaft daher sein Interesse an einer Einigung mit der Asfinag war, darf daher bezweifelt werden. Und die anderen Parteien liefen seiner Meinung hinterher."
Steiners Antrag, mit der Asfinag Verhandlungen zu führen, um eine Mautpauschale zwischen der Staatsgrenze und Kufstein Süd auszuhandeln, fand im Stadtrat keine Zustimmung.
"Bereits im Vorfeld hatte der Bürgermeister mit einem der beiden Vorstände der Asfinag, Dr. Schierhackl , ein Gespräch über die Möglichkeit einer Mautpauschale geführt. Nach Aussage des Bürgermeisters gab ihm Dr. Schierhackl zu verstehen, dass es für eine Mautpauschale im Bundesstraßen-Mautgesetz keine gesetzliche Grundlage gebe, weil nicht vorgesehen. Auch eine Anfechtung hätte keine Aussicht auf Erfolg. Abgesehen davon, so der Bürgermeister, würde er selbst eine Pauschalzahlung durch die Stadt Kufstein ablehnen", erklärt Steiner weiter.
Dieser Meinung habe sich die Mehrheit des Stadtrates angeschlossen, befindet Steiner. "Die Abstimmung endete 6:1. Gegen meinen Antrag stimmten die Parteifreien, die ÖVP und die FPÖ-GKL", so der Stadt- und Gemeinderat der BHS.
"Diese Abstimmung wurde von mir nicht ohne Widerspruch hingenommen und ich stellte eine Verfassungsgerichtsbeschwerde in Aussicht mit dem Ziel, das die entsprechende Bestimmung des § 13/3 Bundesstraßen-Mautgesetzes (Ausnahmen und Erleichterungen) abgeändert und eine derartige Pauschalvergütung in das Gesetz aufgenommen wird."
Grund Steiners Beschwerde: "Kufstein ist ein Luftsanierungsgebiet. Durch die Einführung der Autobahnmaut sind die Belastungen in der Stadt Kufstein durch Lärm und Luftschadstoffe durch den Ausweichverkehr stark angestiegen. Betroffen sind auch die Nachbargemeinden von Kufstein. Tagtäglich gibt des massive Staus entlang der Ortsteile Endach, Weissach und Zell. Eine Gesundheitsgefährdung unserer Bevölkerung ist daher durch den Lärm und durch die Luftschadstoffe zu befürchten."

Auf Kritik stößt die "Dosierampel" auch in der FPÖ/GKL-Gemeinderatsfraktion, besonders laut äußert sich hierzu immer wieder Noch-Gemeinderatsmitglied Anton Frisch, sowohl in Aussendungen als auch in Sozialen Netzwerken: "die von den 'EXPERTEN' 'empfohlene' Dosierampel war schon wieder 'für die Fisch', sie haben nämlich die Wildbichlerbrücke 'vergessen'.", wetterte Frisch etwa am Freitag, dem 19. Februar. Dass die Ampel nur samstags in Betrieb ist, bleibt in seinen Beiträgen außen vor.
Die BEZIRKSBLÄTTER haben sich daraufhin auch noch einmal beim Baubezirksamt Kufstein rückversichert. "Wir wurden in den letzten Tagen immer wieder darauf hingewiesen, welche Aussagen hier auch von eigentlich informierten Mandataren im Netz kursieren. Die Ampel wurde bislang, wie vereinbart immer nur samstags in Betrieb genommen und wird nun noch an zwei weiteren Samstagen geschaltet", erklärte Erwin Obermaier auf Anfrage.

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