Das denkt man in der Region Purkersdorf über die Flüchtlingskrise

Blick nach Wolfsgraben:Familie Alhalaby mit ihrem Betreuerteam Renate Süß (li.), Veronika Gottschlich und Ulla Surlina-Multerer (re.).
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  • Blick nach Wolfsgraben:Familie Alhalaby mit ihrem Betreuerteam Renate Süß (li.), Veronika Gottschlich und Ulla Surlina-Multerer (re.).
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REGION PURKERSDORF. Die Stimmung im Zentralraum zur Flüchtlingskrise ist angespannt. Im Auftrag der Bezirksblätter hat das Institut Aconsult 604 Niederösterreicher zu ihrer Meinung befragt (siehe unten). Die Ergebnisse sind eindeutig. 63 Prozent der Bewohner des Zentralraumes sind etwa für die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, 66 Prozent fordern die strikte Einhaltung der Obergrenze. 57 Prozent glauben, dass die Zentralraum-Gemeinden bei der Unterbringung an ihren Belastungsgrenzen angelangt sind. Die fremde Kultur der Zuwanderer beunruhigt 57 Prozent, nur 44 Prozent sehen keine Probleme und sagen: "Wir schaffen das" (siehe Grafik).
Die Bezirksblätter haben recherchiert, wie die Lage in der Region Purkersdorf aussieht. Wie viele leben in welcher Gemeinde, wie sind sie untergebracht und wer sind die Flüchtlinge?

45 Jugendliche in Gablitz

"Heute sind die ersten 15 unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlinge angekommen", berichtet Jörg Trobolowitsch, Vereinssprecher des Vereins menschen.leben, am vergangenen Donnerstag im Gespräch mit den Bezirksblättern. Der Verein hat, wie die Bezirksblätter berichteten, das Hotel Hohnecker gemietet. 45 unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge werden hier noch im Laufe dieser Woche insgesamt untergebracht.
Untergebracht werden nur Burschen, größtenteils voraussichtlich im Alter von 15 bis 17 Jahren. Ein multi-professionelles Betreuerteam aus Sozialarbeitern, Pädagogen, muttersprachlichen Mitarbeitern und Lehrern kümmert sich rund um die Uhr um die Jugendlichen. Zum Betreuungs-Konzept gehören nicht nur hausinterne Deutschkurse, sondern auch Unterstützung im Alltag, psychosoziale Unterstützung sowie Bildungs- und Integrationsangebote.

"Integration und Autonomie fördern"

Im Sinne der Integration herrsche auch jetzt schon reger Austausch mit der Bevölkerung, der Pfarrcaritas und der hiesigen Flüchtlingshilfe. Zur Freizeitgestaltung will man auch die Gablitzer Natur nutzen, um so die damit einhergehenden Werte zu vermitteln. "Ziel der Betreuung ist es, die Integration und Autonomie der Burschen zu fördern, sodass sie mit 18 Jahren selbstständig sein können", informiert Jörg Trobolowitsch.

Vier Mal wöchentlich Deutsch

Unterstützung erfährt auch die fünfköpfige Familie Alhalaby, die seit September in einem Haus in Wolfsgraben lebt. Die Menschen hier seien sehr freundlich und hilfsbereit, erzählt Vater Abdulmoty Alhalaby im Gespräch mit den Bezirksblättern. Er und seine Gattin Zabia lernen vier Mal wöchentlich mithilfe engagierter Freiwilliger Deutsch. Zudem hilft er regelmäßig als Übersetzer bei einer in der Region untergebrachten Familie aus dem Jemen aus, engagiert sich bei der Flüchtlingsunterkunft am Schwechater Flughafen und hilft bei der Team Österreich-Tafel mit.
Abdulmotys Ziel ist klar: Schnell Deutsch lernen um einen Job zu finden, erklärt er, denn er sei es nicht gewohnt so viel Zeit zuhause zu verbringen. Währenddessen besuchen die vierjährige Ranim und die sechsjährige Tasnim den hiesigen Kindergarten, die zweijährige Hala bleibt noch zuhause bei Mutter Zabia. "Am Anfang haben die Kinder an den Wochenenden geweint, weil sie nicht in den Kindergarten durften", erzählt Renate Süß, die die Familie ehrenamtlich betreut, lächelnd.

Hilfe im Bürokratie-Dschungel

Seit die Familie mit Ende Dezember ihren Asylbescheid erhalten hat, gilt es vor allem viele Formulare und Anträge auszufüllen: "Wie das jemand schaffen soll, der keine Betreuung hat, ist mir unklar. Es ist alles auf Deutsch und für uns schon sehr undurchschaulich", meint Renate Süß, die die Familie dabei tatkräftig unterstützt.
Auch die Gemeinde Wolfsgraben, die mit der Einrichtung eines Spendenkontos und der Entsorgung des Sperrmülls bei der Hausrenovierung unterstützte, dankte den ehrenamtlichen Helfern der beiden im Ort untergebrachten Flüchtlingsfamilien beim Neujahrsempfang mit Ehrungen.

Reaktionen aus der Nachbarschaft

Als "Gemischt, aber überwiegend positiv" beschreibt Renate Süß die Reaktionen der Nachbarschaft. Mit Gesprächen und Information habe man versucht von Anfang an die Ängste der Nachbarn zu nehmen, erklären Veronika Gottschlich und Ulla Surlina-Multerer, zwei Nachbarinnen und zugleich weitere Betreuerinnen der Familie. Sie selbst loben vor allem die Aufgeschlossenheit der Familie.

Durchmischtere Reaktionen erhielten die Bezirksblätter auf Nachfrage in der Nachbarschaft des Hotels Hohnecker in Gablitz: "Gefreut haben wir uns nicht", bringt es eine Dame aus der Nachbarschaft auf den Punkt. "Es ist Wahnsinn was dort passiert – das mag schon sein, aber wer hat sich im Krieg um unsere Großmütter damals gekümmert? Und wir zahlen das ja alles mit unseren Steuergeldern!". Zudem verunsichere sie die überwiegende Anzahl von Männern, eine negative Situation habe sie bisher jedoch noch nicht erlebt.
"Für mich ist das absolut in Ordnung und ich bin sehr zufrieden in einer Gemeinde zu wohnen, die ihr Soll erfüllt", meint Tanja McKennitt, die ebenfalls nahe des Hotels Hohneckers wohnt. Seit den Köln-Ereignissen zu Silvester merke sie, vor allem via Facebook, dass auch in Gablitz die Stimmung gekippt sei. In vielen Fällen handle es sich für sie jedoch um "prophylaktische Hysterie, die ich echt nicht nachvollziehen kann."

ZUR SACHE: Wieviele Geflüchtete bei uns wohnen:

Die Bezirksblätter Purkersdorf haben in den Gemeindestuben der Region nachgefragt, wie viele Geflüchtete aktuell im jeweiligen Gemeindegebiet untergebracht sind (Status 3. Februar 2016). Anbei die Zahlen aus der Region
im Überblick:

Purkersdorf: 50-60
Gablitz: 45 (in Kürze 90)
Mauerbach: 12
Pressbaum: 48 (Status Ende Jänner)
Tullnerbach: 24
Wolfsgraben: 12

Mit insgesamt 90 im Gemeindegebiet lebenden Geflüchteten ist die Gemeinde Gablitz bislang die einzige Gemeinde der Region, die die sogenannte Gemeindequote von 1,5 Prozent der Wohnbevölkerung (in Kürze) erfüllt.

Eine Karte mit allen Flüchtlingszahlen aus Niederösterreich finden Sie HIER.

Im Auftrag der Bezirksblätter hat das Institut Akonsult 604 Niederösterreicher zu ihrer Meinung befragt. Das sind die Ergebnisse. Wählen Sie im Drop-Down-Feld Ihre Region aus.

Quelle: Bezirksblätter Umfrage durchgeführt von Akonsult KG
Stichprobe: n = 604 repräsentative telefonische Befragungen (CATI), niederösterreichische Wohnbevölkerung ab 16 Jahren. Die befragten Personen entsprechen in ihrer Zusammensetzung der niederösterreichischen Bevölkerung.
Zeitraum: 26. Jänner bis 1. Februar 2016

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