Ein Mädchensport, der keiner ist
Reiten gilt gemeinhin als "Mädchensport". Das mitunter abwertend gemeinte Attribut wird weder den Mädchen noch dem Sport gerecht.
NÖ. Auf den Reithöfen tummeln sich tatsächlich vor allem junge Mädchen. 3.552 hat der NÖ Pferdesportverband verzeichnet – ihnen gegenüber stehen 164 Buben (Mitglieder bis 18 Jahre; Gesamtmitgliederzahl im NÖ Pferdesportverband: 14.386). Und während Vorurteile nur Frauenklischees bestätigen, tun die jungen Reiterinnen dort das, was sonst ganz und gar nicht als "weiblich" gilt: sie stehen beim Ausmisten im Dreck, sie beweisen körperliche Ausdauer, sie sagen dem starken Tier wo es lang geht.
Zwischen Wendy und Winnetou
Das Vorurteil 'Reiten ist kein echter Sport' wertet nicht nur Frauen, die reiten, ab, sondern auch den Sport. Davon weiß auch Johann Lueger vom Niederösterreichischen Pferdesportverband ein Lied zu singen: "Das fängt schon in der Schule beim Turnunterricht an, wenn Reiten nicht als Sport behandelt wird. Dabei gehören reitende Kinder bezüglich Ausdauer zum Spitzenfeld. Sie trainieren ja auch regelmäßig, es werden nur andere Muskeln als beim Fußball aktiviert." Die Männer, die sich zum Sport "verirren" würden, würden auch bleiben, so Lueger: "Schauen Sie sich nur den Spitzensport an. Da sind viele Männer vertreten." Auch Westernreitschulen haben mehr Zulauf von Männern und Erwachsenen – scheinbar genügt das männliche-Cowboy-Stereotyp im Namen. "Der wesentliche Unterschied vom Reiten zu anderen Sportarten ist, dass wir mit Lebewesen arbeiten. Wir dürfen nicht mit Kraft arbeiten. Es geht um das Durchsetzen von Konsequenz ohne Gewalt", erklärt Lueger. "Da lernen die Kinder und Jugendliche etwas Prägendes und Wichtiges fürs Leben."
Sport hin oder her
Eine psychologische und sportwissenschaftliche Forschung der Universität Kassel zeigte, dass Mädchen in Pferden mehr finden als die körperliche Betätigung. Das Pferd sei zwischen Puppe und Partner das "ultimative Kuscheltier" und ideales Fürsorgewesen, befinden die Wissenschafter einerseits. Andererseits befriedige das Pferde das Bedürfnis nach Natur und Abenteuer. An dieser Stelle schlagen die Stereotypen der Geschlechter zu – auch wenn sie dadurch ausgetrickst werden, dass Reiten eben doch ein anspruchsvoller Sport ist. Und darüber hinaus.
Link-Tipp: www.noe-pferdesport.at
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