Ein Ausflug in Waidhofens Katakomben

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WAIDHOFEN. Sie sind dunkel, feucht und ihr Zweck ist bis heute nicht restlos geklärt. Was selbst viele Waidhofner nicht wissen: Fast die gesamte Innenstadt ist mit einem gewaltigen Keller- und Tunnelsystem durchzogen. Die Bezirksblätter wagten den Abstieg in die Jahrhunderte alten Katakomben tief unter dem Hauptplatz.

Unheimliche Zeitreise unter die Stadt

Wenig ist bekannt über das gewaltige Tunnelsystem. Erst im Rahmen eines Forschungsprojekts vor einigen Jahren wurden die teils gewaltigen Gewölbe überhaupt kartografiert. Gesichert ist nur, dass die Keller aus dem Mittelalter stammen und der Aushub zum Teil für die Errichtung der Stadtmauer verwendet wurde. Unter dem Hauptplatz soll sich sogar ein unterirdischer See befinden.

Doch warum taten sich die Waidhofner die Mühe an im Lauf von mehreren hundert Jahren nur mit Handwerkzeugen eine ganze Stadt "auszuhöhlen"? Ganz klar ist ihr Zweck bis heute nicht.

Als widerlegt gilt die Theorie es hätte sich um Fluchtkeller im Fall einer Belagerung gehandelt. Denn: die Tunnel führen stadteinwärts, nicht nach draußen. Ein Fluchtkeller ist jedoch überliefert. Dessen Ausgang ist heute noch beim Spielplatz an der Nordpromenade zu sehen.

Vergleichbare Anlagen gibt es in Retz - dort dienten sie schon von je her als Weinkeller. Eine Theorie, die in Waidhofen natürlich aufgrund der klimatischen Bedingungen ausfällt.

Günter Antony ist nicht nur Spezialist für die Waidhofner Stadtgeschichte, sondern betrieb selbst sein Geschäft 50 Jahre lang über einem gewaltigen, zweistöckigen Keller. Er hat eine eigene Erklärung rund um das Mysterium: "In Kriegszeiten sind die Bauern aus dem Umland in die Stadt geflüchtet und haben natürlich ihre Vorräte mitgebracht. Diese wurden dann in den unterirdischen Kellern gelagert, um die Stadt zu versorgen".

Die Voraussetzungen sind ideal: Im Sommer wie Winter herrscht eine Temperatur von rund 10 Grad, nur unwesentlich wärmer als in einem modernen Kühlschrank. Außerdem gibt es mehrere unterirdische Brunnen, die für frisches Wasser sorgen.

Dass es sich um herkömmliche Vorratskeller für die Stadtbewohner gehandelt hat, glaubt Antony jedoch nicht: "Kein Mensch braucht in Friedenszeiten solch riesige Anlagen".

Eine zweite gängige Vermutung ist weniger kriegerisch, sondern eher praktischer Natur. Es könnte sich nämlich bei den teils mehrere Stockwerke tiefen Tunneln auch um ein ausgeklügeltes Entwässerungssystem handeln. Franz Fischer ist Archivar des Stadtmuseums. Er hält diese Theorie ebenfalls für plausibel. "Viele Keller stehen heute noch rund einen halben Meter unter Wasser. Vielleicht wurden sie gegraben um das Grundwasser von den Häusern wegzubekommen".

Heimliche Trinker und zitternde Soldaten

Gesichert sind jedoch zahlreiche Anekdoten rund um Waidhofens Unterwelt. So soll einst ein findiger Lehrling hinter einigen losen Ziegeln einen Zugang zum Weinkeller des Hotels Eder gefunden und sich reichlich bedient haben. Pech: der junge Mann flog auf, als er ständig leicht beschwipst zur Arbeit erschien.

Zu Ende des zweiten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit waren auch in Waidhofen russische Soldaten untergebracht. Einer von ihnen wohnte bei einer Familie in einem Haus in der Böhmgasse. Er half im Haushalt mit, jedoch wenn es galt Kartoffeln aus dem unterirdischen Gewölbe zu holen, schickte er die jungen Mädchen des Hauses vor. Der junge Soldat hatte solche Angst vor der Unterwelt, dass er selbst zitternd am Treppenabsatz auf die Rückkehr der Mädchen wartete, so die Anekdote.

Fakt ist: beinahe jedes Haus im Zentrum von Waidhofen verfügte über einen eigenen Stollen, oder zumindest über einen Zugang zum Tunnelsystem. Von außen kann man sie ebenfalls erkennen. Zahlreiche vermeintliche Kanalschächte am Hauptplatz sind nämlich in Wirklichkeit Entlüftungen der Tunnel.

Viele Hausbesitzer wissen aber gar nichts von deren Existenz, denn im Zuge von Bauarbeiten sind bereits viele der zahlreichen Höhlen eingestürzt oder wurden zugemauert und vermutlich werden die Keller ihr Geheimnis so schnell nicht preisgeben.

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