Freunde, das Leben ist lebenswert
Wer lässt sich schon von einem mittleren Unwetter aufhalten? Kaum jemand, der an schönen Klängen interessiert ist. Die Restkarten sind weg, der Saal ist voll. Einem Fest der Freude, unter dem Titel „Frühling in Wien“, steht nichts mehr im Wege. Die Symphoniker unter dem Dirigat von Simone Young, gschneizt und kampelt, sind bereit, dem Publikum Herzensbilder in die Seele zu streuen. Klassisch im ersten Teil, leichter, operettenhaft im zweiten.
Von Franz Schuberts „Ouvertüre zum Singspiel von Salamanca“ bis zu Richard Wagners Preislied Stolzings aus „Die Meistersinger von Nürnberg“ reicht der musikalische Bogen. Es ist kein Wunschkonzert, obwohl das Programm es vermuten lässt. Viel mehr ist es ein durchdachtes Konzept des Aufbruchs, des Abschüttelns des Winters, Fröhlichkeit, Auferstehung, auch musikalischen Neubeginns. Da hat auch die selten gespielte Ouvertüre zu „Die lustigen Weiber von Windsor“ einen sicheren Platz. In Beethovens Romanze für Violine und Orchester brilliert der 1. Konzertmeister der Symphoniker, Florian Zwiauer als Solist. Auch wenn ich dieser Art von Musik verhalten gegenüberstehe, begeistert mich Zwiauers Spiel. So gefühlvoll leicht und zart führt er den Bogen, vom Orchester mit Innigkeit begleitet, eine Freude, dem zu lauschen. Der zweiter Solist des Abends ist der Wagner-Hero Johan Botha. Er ist zur Zeit auch als Parsival in der Staatsoper zu sehen. Da ist es ja nur einen Sprung zum Musikverein. Dass er das Preislied aus den Meistersingern perfekt singen wird, war zu erwarten, seinem Operetten-Debüt sah man mit Spannung entgegen. Die Erwartungen waren dementsprechend hoch.
Im zweiten Teil des Konzerts gibt Botha mit dem Auftrittslied des Barinkay aus dem „Zigeunerbaron“ auch den ersten Vorgeschmack auf sein Können im Operettenfach. Man nimmt ihm die Rolle des Zigeunerbarons ohne Zweifel ab. Die Körperfülle des Ausnahme-Tenors, obwohl in schwarzes Design gehüllt, lässt sich nicht verbergen. Sein Stimmvolumen wird für jede Darbietung genau austariert, für die Operette braucht er keinen Belastungsstopp. Seine Gesangstechnik ist nicht von Arien-Brüllen geprägt, sondern vom einem fein akzentuierten Gesangsvortrag. Nach „Freunde, das Leben ist lebenswert“ aus „Giuditta“ und der Zugabe „Dein ist mein ganzes Herz“ aus „Land des Lächelns“ fliegen ihm die Herzen des Publikums zu. Obwohl die Applausfreude bis zu diesem Zeitpunkt calvinistisch verhalten war. Dennoch, die goldenen Operettenjahre feiern im Musikverein eine wunderbare Auferstehung. Und es ist ein Manifest gegen die Untergangspessimisten.
Simone Young ist ein Gewinn für diesen Abend. Sie ist sowohl in der Klassik, als auch bei der leichten Muse zu Hause. Mit exakten Tempi führt sie die Wiener Symphoniker, lässt den Solisten Platz für ihre Deklamationen, zeigt Freude am Spiel, und manchmal tanzt sie sogar am Podium. Diese Kombination lässt sich kaum besser vereinen. Mit großer Freude erwarte ich ihren nächsten Auftritt in Wien.
Und es wäre nicht Wien, wenn nicht nach einem famosen Konzert ein Gläschen Wein - ich bevorzuge den Gemischten Satz vom Weingut Hajszan Neumann - getrunken wird, und das im besten Wirtshaus Wiens, dem Gmoakeller. Dort genießt man köstliches Essen und besten Service. Thomas Staudner, umsichtiger Oberkellner, der auch gelegentlich in die Küche schaut, ob eh alles passt, ist erster Ansprechpartner. Vor allem dann, wenn der Ansturm auf das Lokal ungeahnte Ausmaße erreicht. Selbst der Eigentümer Sebastian Laskowsky ist sich nicht zu schade, im rammelvollen Lokal mal Teller zu schleppen. Tipp von mir: Reservieren Sie rechtzeitig einen Tisch: 01 | 712 53 10. Übrigens: Der Garten ist auch ganz fein.
ORF-Übertragung dieses Konzertes gibt es am 27.4. um 20:15 auf ORF III. und am 25.05. auf 3sat um 11:30. Hörenswert!
Next: 26.4.2014 im Konzerthaus
Programm:
Tan Dun
„The Tears of Nature“ / Konzert für Schlagwerk und Orchester
Krzysztof Urbański, der schon in Grafenegg seine Klasse gezeigt hat,
dirigiert die Wiener Symphoniker.
Martin Grubinger ist als Solist am Schlagzeug tätig.
Ohrenschutz nicht vergessen!!!
Dmitri Schostakowitsch
Symphonie Nr. 10 e-moll op. 93
Reinhard Hübl
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