Kunst von Alicia Nowak
Neuer Mut zwischen den Ruinen
Die Pandemie riss ihr den Boden unter den Füßen weg. In monatelanger Arbeit schuf Künstlerin Alicia Nowak eine Ausstellung, die nicht nur ihr wieder Hoffnung gibt.
WIEN. Kalt war es, erzählt Alicia Nowak. Im Winter, als sie begann, im 11. Stock eines leeren, entkernten Hochhauses ihre Vision umzusetzen, war es als würden die kahlen Mauern die Kälte speichern und im Inneren für noch eisigere Temperaturen sorgen als draußen. Bis zu fünf Stunden und "mit elf Schichten und einer kleinen Schmuckzange" war sie zwischen Dezember und April vor Ort, um an ihrem Werk zu arbeiten. Die Idee entstand dabei spontan: Während der Corona-Pandemie begann die Künstlerin, verlassene Orte in Wien zu erkunden und wollte in dem Haus eigentlich ein Video drehen. "Da habe ich diesen Platz gesehen und mir gedacht, dass ich hier gerne eine Skulptur machen würde", sagt sie, "so sind die Hände aus Draht entstanden." Die Skulpturen und Zeichnungen fügen sich dabei mit dem unwirtlichen Ort mit der spektakulären Aussicht über Wien zu einem beeindruckendem Ganzen, und das war genau so beabsichtigt: "Art in Ruins" heißt das Projekt.
Alicia Nowak hat als Kind bereits gezeichnet und sich in der Arbeit und in der Freizeit mit Foto und Video beschäftigt. Für eine tiefere Beschäftigung fehlte ihr aber die Zeit – bis zum Lockdown, denn durch die Pandemie ist ihre Arbeit weggefallen und sie wusste nicht, wohin mit sich: "Das führte zu einem Burnout, und eigentlich wollte ich nicht mehr da sein." Sie habe dann viel von ihrer Krise in die künstlerische Tätigkeit hineingelegt, und das habe ihr auch geholfen, mit ihren Gefühlen zurande zu kommen. "Es war eine Form von Selbsttherapie um darüber nachzudenken, was ich will und wer ich eigentlich bin, wenn alles wegbricht." Der Prozess sei dabei wichtig gewesen: "Es war kalt, es war unangenehm, und ich habe versucht, die Frage was ich hier eigentlich will zu beantworten und mir dadurch einen Sinn zu geben."
Düsternis und Zuversicht
Entkernt wie das Gebäude seien auch unsere Leben worden, liest man im Begleittext. Aber so wie Nowaks übergroße Papierblumen aus den Ritzen des verlassenen Gebäudes zu sprießen scheinen, entsteht auch in diesen von außen nach innen gekehrten Leben Neues. In die Sommersonne getaucht strahlen die im Düsteren entstandenen Werke eine ermutigende Zuversicht aus. Wobei, so einfach ist es natürlich auch wieder nicht: Bei den mit Draht bewehrten Blumen handelt es sich um Mohn, schön und widerständig, rausch- und todbringend zugleich. Mit Draht habe sie in dieser Zeit erstmals gearbeitet, erzählt Nowak, und die Wahl sei auf ihn gefallen, weil er leicht ist: Stein elf unbeleuchtete Stockwerke in die Höhe zu tragen, wäre nicht gegangen. Die meisten der Werke, die sich unter anderem mit Verletzungen und Fehlern und den Umgang damit beschäftigen, sind erst vor Ort entstanden.
Nicht nur was in der Ausstellung gezeigt wird, auch wem es gezeigt wird, hat sich entwickelt: "Ich habe das eigentlich als Geschenk für eine einzige Person gemacht, für meine Partnerin", sagt Alicia Nowak. Nachsatz: "Das wäre mal wieder etwas anderes als nur spazieren gehen." Das Ergebnis der Öffentlichkeit zu präsentieren, war ihr deshalb zuerst nicht geheuer. Einige Menschen haben die Ausstellung aber mittlerweile gesehen.
Neuer Wiener Markt
Alicia Nowaks Werke kann man sich aber auch auf ihrem Instagram-Account ansehen. Außerdem wird sie am 4. Juli beim Neuen Wiener Markt, dem Kunstmarkt am Gelände des ehemaligen Sophienspitals, dabei sein. Und auch über einen zweiten Teil von Art in Ruins denkt sie nach.
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