Alsergrund
Zwei Künstler wollten wissen, wie das Servitenviertel riecht
Wie riecht das Servitenviertel? Das war die Frage eines Projekts, das im Rahmen des Alsergrunder Kultursommers vor der Servitenkirche durchgeführt wurde. Die BezirksZeitung veröffentlicht nun erstmals die Ergebnisse.
WIEN/ALSERGRUND. Es war im August, als ein kleiner Tisch und bunt gestreifte Stühle am Servitenplatz vor der Kirche Aufsehen erregten. Unter einem hellgrünen Sonnenschirm saß dort das Künstler-Duo "MUELLER-DIVJAK" – bestehend aus Jeanette Müller und Paul Divjak.
"Das war wie ein kleines Bühnenbild aufgebaut", erklärt Müller: "Wir wollten damit Gespräche und gedankliche Zeitreisen anregen." Um was es ihnen dabei ging? Um Gerüche. Die beiden wollten von den Menschen wissen, wie das Servitenviertel für sie riecht und wie es in Zukunft riechen soll.
Kunst und Wissenschaft in Einem
"Das war ein künstlerisches Citizen Science Project", erklärt Divjak. Das heißt, man versuchte, Wissenschaft und Kunst zu verbinden. "MUELLER-DIVJAK" wollten mittels Interviews möglichst viele Eindrücke und Impressionen der Menschen im Servitenviertel sammeln. Dadurch kann man dann etwa auch ablesen, was sie sich die Menschen für ihr Grätzel und die Stadt allgemein wünschen.
"Düfte sind sehr individuell", sagt Müller dazu: "Wenn man einmal darüber redet, werden die Gespräche daher sehr schnell persönlich. Da geht es dann um Gerüche aus der Kindheit, oder von geliebten Menschen." Die Kernfrage war nun, wie das Servitenviertel riecht. Und da kamen interessante Antworten.
Zigaretten, Kreide, altes Gewand
„Es riecht oft nach Zigaretten“, sagte etwa ein siebenjähriges Mädchen, die mit ihren Freundinnen am Servitenplatz spielte: „Das mag ich nicht. Ich mag es, dass es nach Kreide riecht, wenn wir auf dem Platz malen.“ Viele erzählten aber auch von Gerüchen aus vergangener Zeit. Ein älterer Herr erzählte etwa, dass es in seiner Jugend stark nach "Armut" gerochen hätte. Was er damit meint? "Es hat nach alter Kleidung, ungewaschen und oft ranzelig gerochen. Und nach aufgewärmtem, billigem Essen."
Das ganze Projekt, es fand im Rahmen des Alsergrunder Kultursommers statt, passt zum künstlerischen Schwerpunkt der beiden. "Der rote Faden durch unsere Projekte ist die Frage, wie man Räume sinnlich wahrnehmen kann", so Divjak. Dabei geht es den beiden weniger um die Augen, sondern vor allem um die anderen Sinne – und vor allem ums Riechen, also die sogenannte olfaktorische Wahrnehmung. Darüber hat Divjak sogar Bücher geschrieben, eines davon trägt den Titel "Der Geruch der Welt".
Aus dem Projekt lässt sich auch herauslesen, was sich viele Menschen für das Servitenviertel – und für Wien im Allgemeinen – wünschen. "Oft konnten wir die Fenster gar nicht aufmachen, so sehr hat es nach Autoabgasen, nach Benzin und im Winter auch nach Hausbrand gestunken", erzählte etwa ein älteres Ehepaar: "Das wurde in den letzten Jahren besser, aber wenn es sich auf der Rossauer Lände staut, dann ist es immer noch schlimm."
Welche Gerüche sich Menschen wünschen
Die befragten Alsergrunder und Alsergrunderinnen, erzählt Müller, würden sich hier ganz andere Gerüche wünschen: so etwa den Geruch von Boden, Erde, Kräutern und Sträuchern. "Viele wünschen sich nicht nur den Geruch nach kulturviertem Grün, sondern explizit nach mehr Natur."
Die Ergebnisse ihres Projekts werden nun übrigens veröffentlicht – und zwar von der BezirksZeitung. Auf meinbezirk.at/alsergrund hat Jeanette Müller einen Text verfasst, wo alle Eindrücke der Menschen im Servitenviertel verschriftlicht sind. Wer also wissen will, wie es im Servitenviertel riecht, sollte hier einmal rein klicken.
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