Schlumberger: "Wir rütteln 35.000 Flaschen mit der Hand"
An der Heiligenstädter Straße gibt es 3000 Meter verwinkelte Kellergänge. Die beeindruckenden Gewölbe sind 200 Jahre alt. In diesen Gängen lagert ein Stück österreichische Geschichte und Tradition - und - tausende Flaschen Sekt.
DÖBLING. Wir waren zu Besuch bei Schlumberger, der Sektfirma, die dieses Jahr ihren 175. Geburtstag feiert und haben mit Vorstand Eduard Kranebitter über das Jubiläum, die Vergangenheit, den Standort und die Zukunft gesprochen.
Schlumberger feiert den 175. Geburtstag. Was ist das Besondere an der Marke?
Wir sind seit 175 Jahren Schlumberger. Es gibt nicht so viele Marken, die schon immer so hießen. Schlumberger heißt seit 175 Jahren so, verwendet seit 175 Jahren österreichische Trauben und produziert seit 175 Jahren nach der traditionellen Champagner-Methode.
Und was hat sich verändert in diesen 175 Jahren?
Verändert hat sich, dass wir mit den Konsumentenbedürfnissen mitgegangen sind. Zum Beispiel die Fashion-Line, das ist eine „gesleevte“ Flasche (in einer Hülle). Sie soll eine jüngere Zielgruppe ansprechen. Oder, wir haben vor 10 Jahren den White Secco, einen fruchtigen Sekt kreiert. Und wir haben eine leuchtende Flasche, die mit Batterie betrieben wird. In einem Nachlokal fetzt das natürlich total raus.
1927 etwa gab es ein Sujet, da stand: Hast du Freude oder Ärger, trinke Sekt nur von Schlumberger. Da sitz eine Frau auf dem Schoß eines Mannes. Das ginge heute nicht mehr. Da würden Frauenrechtler kommen und sagen: Das ist ja sexistisch. 1927 war das ganz normal. Also: Wir behalten unsere Tradition aber die Verpackung ist dem heutigen Zeitgeist angepasst.
Aber wir stehen einfach für Qualität. Du kannst Trauben um 60 Cent oder zwei Euro kaufen. Wir kaufen die um zwei Euro. Keine Kompromisse bei der Qualität. Das hat schon Robert Alwin Schlumberger niedergeschrieben, vor 175 Jahren.
Wie werden 175 Jahre gefeiert?
Wir haben dieses Jahr eine Geld-Zurück Garantie. Wenn der Sekt nicht schmeckt, bekommt man das Geld zurück. Ohne Angabe von Gründen. Und wir haben eine bewegliche Bar, die bei großen Veranstaltungen herumfährt. Außerdem bringen wir eine Crystal Bottle zusammen mit Swarovski heraus. Die kostet ca. 1000 Euro. Und natürlich planen wir viele Veranstaltungen und Events, die über Social Media laufen.
Veranstalten Sie im Bezirk etwas Spezielles?
Hier machen wir eine riesige Fete für die Mitarbeiter im Garten. Wir haben über 5000 Quadratmeter Garten, da werden wir richtig groß feiern.
Wo wird in Österreich am liebsten Sekt getrunken?
Da gibt es ein Ost-West Gefälle. Die Tiroler und Vorarlberger sind eher Sektmuffel. In Wien ist das mehr Kultur. Aber die Sekthändler kommen auch alle aus dem Osten. Aber aufgrund der Klimaveränderungen wird es in Tirol vielleicht bald auch Weinberge geben. Wir haben knapp 500 Winzer, die nur für uns arbeiten. Die wissen, die Trauben nimmt Schlumberger, der Großteil kommt aus dem Weinviertel.
Die Verlagerung der Produktion ist zur Zeit ein großes Thema?
Wir haben einfach keinen Platz mehr. Überhaupt im Oktober, wenn dann täglich 10 bis 15 Lkw vor der Tür stehen, weil es schön langsam gegen Weihnachten geht. Wir platzen einfach aus allen Nähten. Also haben wir uns nach anderen Orten umgesehen. Und jetzt werden wir die Produktion nach Mühlendorf im Burgenland verlagern. Und für hier werden wir uns was überlegen. Das ist so ein großes Grundstück hier. Aber wir können nicht komplett hierher siedeln. Vor allem wegen dem Verkehr. Das ist unmöglich. Das wäre ein Verkehrschaos.
Es soll also langfristig alles zusammengelegt werden?
Ja genau. Das Ziel ist, dass wir die Sektproduktion von Wien runter nach Mühlendorf verlegen. Und schließlich wird auch der Standort Bad Vöslau nach Mühlendorf verlagert. Aber Wien bleibt als Verwaltungsstandort natürlich. Und was uns vorschwebt ist, dass jeder, der nach Wien kommt, sagt: Wo muss man hingehen? Schönbrunn, Stephansdom und Schlumbergerkeller.“ Wir wollen ein Visitor-Center im Keller. Das soll bespielt werden. Wir haben eine Millioneninvestition geplant. Das sind 200 Jahre Geschichte. 2019/20 soll das Visitor-Center auch hier gebaut sein.
Was stellen sie sich da vor?
Damit die Menschen auch sehen, was das Besondere am Sekt ist. Man kann ja von niemandem verlangen, dass er sich auskennt. Niemand weiß, was der Unterschied zwischen Sekt und Prosecco ist. Unser Sekt liegt drei Jahre in der Hefe, dann wird gerüttelt. Das dauert ca. 14 Tage. Das findet alles in der Flasche statt. Die Flasche wird in Rüttelpulte gesteckt und gerüttelt. 24 Mal wird gerüttelt, vom Rüttler.
Das ist ein Beruf?
Ja, da wird mit der Hand gerüttelt. Ein Rüttler rüttelt 35.000 Flaschen am Tag. Wo anders wird das maschinell gemacht, bei uns mit der Hand. Aus Tradition. Und zum Schluss steht die Flasche ganz steil und die Hefe kann raus gesaugt werden. Schlumberger wird nach der Champagner-Methode gemacht und hat auch 95 Jahre Champagner geheißen.
Schlumberger ist auch der bekömmlichste Schaumwein, den du in Europa kaufen kannst. Das ist von Diätologen belegt. Der Grund liegt in unserer Hefe und am Leseprozess. Wir arbeiten sauber. Und schon unser Vorgänge haben gesagt, der Schlumberger muss bekömmlich sein. Da darf man keine Kopfschmerzen bekommen. Heute weiß man, das ist das Histamin.
Im AKH bekommt man zb. ein Histamin-Merkblatt, auf dem steht: kein Wein, Käse etc., kein Champagner – außer Schlumberger. Das ist kein Witz, das hab ich ausgetestet. Aber wir dürfen das nicht als Werbung verwenden. Alles was Alkohol enthält, darf nicht mit Begriffen wie bekömmlich und gesund beworben werden.
Was würden sie sich für die Zukunft wünschen?
Ich hab einen großen Wunsch in Bezug auf diese leidige Sektsteuer. Das ist der Schwachsinn des Jahrhunderts. Die Abschaffung wäre mein Wunsch. Vor dieser Steuer sind wir jedes Jahr gewachsen. Dann ist der Umsatz eingebrochen. Sekt ist sehr preissensibel. Und ich wünsche mir, dass die Leute Sekt nicht nur zu Feierlichkeiten sonder auch zum Ausklang des Abends trinken. Da fehlt aber auch das Wissen im Tourismus. Sekt sollte wie Wein behandelt werden. Ich wünsche mir, dass Sekt den Stellenwert bekommt, der ihm zusteht. Und ich wünsche mir, dass unser Umbau und alle Veränderungen gut über die Bühne gehen.
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.