Mega-Prozess in Eisenstadt
Staatsanwalt: "Hunderte Kilo Drogen und illegale Waffen!"
Heroin, Kokain, Cannabis. Der Staatsanwalt sprach von „hunderten Kilo Drogen“. Einer internationalen Polizei-Aktion, geknackten Krypto-Handys der Täter sowie illegalen Waffen. Angeklagt waren drei Männer, die im Landesgericht Eisenstadt mit Gedächtnislücken glänzten. Und mit einem großen Repertoire an fragwürdigen Argumenten für Aufregung beim Schöffensenat sorgten.
EISENSTADT. Von „penibler Polizei-Arbeit und einer penibel genauen Anklageschrift der Staatsanwaltschaft“ berichtete Richterin Karin Lückl, der bei diesem Mega-Suchtgiftprozess, ob der Ausredenorgien der Angeklagten, mehrmals der Kragen platzte: „Halten sie uns hier alle für blöd?“ Gab es doch auf konkrete Fragen immer wieder serienweise Verantwortungen wie „Das weiß ich nicht“, „Keine Ahnung“ und „Oft habe ich während der Drogen-Chats nur Blödsinn geredet“.
Brüderpaar und dreifacher Familienvater
Bei den Beschuldigten handelt es sich um drei gebürtige Kosovaren. Zwei davon, ein vorbestraftes Brüderpaar (26 und 29), sind in Wien wohnhaft. Ein Täter (37), verheirateter Vater dreier minderjähriger Kinder, lebt in Eisenstadt. Das Trio zeigte sich teilgeständig dahingehend, dass es zwar im Suchtgifthandel tätig war, allerdings nur mit Cannabis und in geringerer als den vorgeworfenen Mengen.
Trotz Beweis-Fotos "keine harten Drogen"
In Bezug auf Heroin und Kokain meinte etwa der 29-jährige Zweitangeklagte: „Ich hatte noch nie mit harten Drogen zu tun. Sie nicht verkauft. Ich weiß nicht einmal, wie es ausschaut!“ Und das, obwohl auf seinem Handy unter anderem Fotos von Kokain in Kilopackungen gefunden worden sind… Auch Text- und Sprachnachrichten aus ausgewerteten Chats belegen anderes, als die Verantwortung des Beschuldigten. Diese Beweise wertete der Angeklagte als „blöde Rederei und Angeberei seinerseits!“ Auch punkto angeklagtem Waffenbesitz fand der Beschuldigte eine „Erklärung!“
"Sichere" Krypto-Handys von Polizei gehackt
Der Staatsanwalt führte aus, dass dieser große Suchtgifthandel inklusive diverser Schusswaffendelikte über deutsche Kollegen an die österreichischen Behörden gemeldet worden ist. Ein verhafteter Drogendealer hatte dort über die Connection ins rot-weiß-rote Nachbarland geplaudert. Parallel dazu gelang belgischen, holländischen und französischen Sondereinheiten, von dem Trio verwendete Krypto-Handys zu knacken, die aufgrund ihrer Verschlüsselung bis zu diesem Zeitpunkt als „nicht abhörbar und infiltrierbar“ galten.
Hunderte Kilo "Stoff" sind nur ein Bruchteil...
Deshalb verfügt die österreichische Exekutive über umfangreiches Material mit „eindeutigen Beweisen“, so der Ankläger. Führte zudem aus, dass die vorgeworfenen hunderten Kilo Drogen nur ein Bruchteil dessen sind, was - anhand ausgewerteter Chat-Nachrichten - vermutlich tatsächlich gehandelt worden ist. Vieles davon blieb in Österreich, ein Teil des Suchtgiftes wurde ins Ausland exportiert.
Verteidiger sprach von "Eingriff in Grundrechte"
Auch der angeklagte Familienvater aus Eisenstadt, den die Richterin mit zahlreichen per Krypto-Handy (übrigens 400 Euro Monatsgebühr) verschickter Drogen-Nachrichten konfrontierte, gestand Cannabis-Vergehen. Punkto 5 Kilo Heroin gab er jedoch zu Protokoll: „Habe ich nie gehabt. Habe ich nie gesehen!“ Zwischendurch stellte sein Anwalt den Antrag, dass die „Chat-Nachrichten“ in diesem Verfahren nicht als Beweis zugelassen werden dürfen, "verletzen die Auswertungen privater Nachrichten doch österreichische Grundrechte!“
Falsche Übersetzung, Spaß, Spielerei, Verarsche
Da diese „Chat-Auswertungen“ jedoch nicht von der österreichischen Exekutive angefordert, sondern von ausländischen Behörden zur Verfügung gestellt worden sind, sind diese zulässig. Deshalb wurde das Vorbringen vom Schöffensenat abgelehnt. Danach hielt die Vorsitzende dem Angeklagten weitere Drogen-Botschaften von seinem Krypto-Handy vor. Woraufhin vom Beschuldigten mehrmals folgte: „Dann wurden die Chats falsch übersetzt!“, bzw. führte er „Spaß“, „Spielerei“ und „Verarsche-Gespräche“ an. Speziell als es um eine Nachricht über „eine Tonne Drogen“ ging.
Glock-Pistole mit Munition "gefunden"
Bezüglich der bei ihm sichergestellten Glock-Pistole samt Munition gab der Familienvater an, über den vor längerer Zeit ein Waffenverbot verhängt worden ist, dass er diese gefunden hat. Aufgrund geschickter Befragungstaktik durch Richterin Karin Lückl kam es während der 8 Stunden langen Verhandlung zwischen den drei Angeklagten zu Unstimmigkeiten, Widersprüchen und gegenseitigen Beschuldigungen.
Profi-Boxer wollte mit Dealern nur Kartenspielen
Der 26-jährige Drittangeklagte, nebenbei auch Profiboxer, verantwortete sich ähnlich wie seine Komplizen. Sprach von Irrtümern und nur teilweise korrekten Vorwürfen. Gab „geringe Mengen“ Cannabis zu, harte Drogen waren bei ihm nicht angeklagt. Erklärte auf Befragung der Richterin, dass er mit anderen mutmaßlichen Dealern nicht Suchtgiftverkäufe durchführen , sondern "nur Kartenspielen wollte".
Drittangeklagter bekam 20 Monate Zusatzstrafe
In Anbetracht dessen, dass er sich als das „kleinste Rädchen“ in diesem Trio herauskristallisierte und mit rund 50 Kilo „Stoff“ lediglich eine untergeordnete Rolle spielte, wurde sein Verfahren abgeschlossen. Urteil des Schöffensenats: 20 Monate Gefängnis zusätzlich zu einer dreijährigen Haftstrafe, die bereits vor einiger Zeit wegen Suchtgiftvergehen vom Wiener Landesgericht verhängt worden ist. Der Angeklagte gab keine Erklärung ab, daher nicht rechtskräftig.
Prozess-Vertagung für Zeugeneinvernahmen
Im Anschluss daran wurde die Verhandlung, basierend auf 250 Seiten Anklageschrift, für die beiden verbliebenen Beschuldigten auf März vertagt. Hauptzweck ist dann die Einvernahme von Zeugen.
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