Gewalt gegen Frauen
Trotz Biss ins Gesicht keine Verurteilung

- Lediglich eine Diversion erhielt der Angeklagte für den Biss ins Gesicht seiner Frau.
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Eine ins Gesicht gebissene Ehefrau. Ein europäischer Haftbefehl. Festnahme in Polen. Auslieferung ins Burgenland. Fünf Monate U-Haft – und ein Prozess, in dem auch brutalste Fausthiebe gegen seine Gattin angeklagt waren sowie das Züchtigen der Stieftochter durch Schläge mit einem Gürtel. Mündend in einem erstaunlichen Urteil, das sich der Beschuldigte wohl selbst nicht erträumt hätte.
EISENSTADT. Um „Gewalt gegen Frauen“ ging es in diesem Verfahren im Landesgericht Eisenstadt. Konkret um zweifache Körperverletzung und Nötigung, so die Staatsanwältin. Die dem in Handschellen vorgeführten Ukrainer, Ende 30, fünffacher Vater, mit Wohnsitz Eisenstadt, zur Last legte: „… die unmündige Stieftochter von Jänner bis Mai 2024 durch Schläge mit der Schnallenseite eines Ledergürtels am Körper verletzt zu haben!“ Schmerzhafte Folgen wären Hämatome und Striemen gewesen.
Schläge mit Gürtel
Die Anklägerin weiter: „Am 25. Mai hat der Angeklagte seine Ehefrau dadurch am Körper verletzt, dass er sie mit der Faust ins Gesicht schlug und im Bereich des Auges ins Gesicht biss, sie auf den Boden stieß und als sie auf dem Boden lag, weiterhin auf sie einschlug!“ Auch das zog, laut Staatsanwältin, Verletzungen nach sich. Zudem soll der Beschuldigte seiner Gattin gedroht haben, sie, ihre Kinder und andere Familienmitglieder zu töten, wenn sie zur Polizei geht und Anzeige erstattet.
Biss ins Gesicht
Auf zahlreiche Widersprüche in den Aussagen der Opfer verwies der Verteidiger, ehe sich sein Mandant vor der Richterin als „nicht schuldig“ bezeichnete. Um dann in langatmigen Schilderungen das Familien-Szenerio zu beschreiben. Erst nach Ermahnung der Richterin, nicht seine Lebensgeschichte zu erzählen, kam der Mann endlich auf den Punkt: „Meine Frau wollte ein neues iPhone 15. Ich erklärte ihr, dass wir dafür kein Geld haben und einen Kredit aufnehmen müssten. Das wollte ich nicht, deshalb gab es Streit!“

- Bezüglicher aller anderen angeklagten Gewalttaten gegen Stieftochter und Ehefrau urteilte die Richterin mit: "Freispruch im Zweifel"
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Schlechte Zähne wegen Kinder
„Meine Frau hat mich dann in den rechten Daumen gebissen. Da sie schlechte Zähne hat, weil sie insgesamt sechs Kinder bekommen hat, habe ich den Finger nicht rausgerissen. Sondern meine Frau zu mir hergezogen und sie dabei im Reflex beim Auge ins Gesicht gebissen!“ Der Angeklagte weiter: „Aber geschlagen habe ich meine Frau nie!“ „Was war dann nach dem Biss ins Gesicht?“, fragte die Vorsitzende. „Meine Frau hat sich mit einer Schere wegstehende Haut abgeschnitten und dadurch die Wunde schlimmer gemacht!“
Torte und Handy
Dann brachte der Mann vor, dass seine Frau an diesem Streittag viel Alkohol getrunken und er ihr deshalb einen Stadt-Spaziergang mit den Kindern verboten hätte. Drohungen habe er aber nie ausgesprochen. Ebenso hat er seine Stieftochter nicht mit dem Gürtel geschlagen. „Warum sollte sie dann das Mädchen beschuldigen?“, setzte die Richterin nach. „Aus Rache, weil ihre Schwester eine schönere Geburtstagstorte als sie bekommen hat!“ So seine erste Erklärung. Die zweite lautete: „Außerdem habe ich ihr das Handy weggenommen und generell die Handyspielzeit reduziert!“

- Aus der U-Haft in Handschellen vorgeführt wurde der Beschuldigte. Nach der Verhandlung verließ er als freier Mann das Landesgericht Eisenstadt.
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„Ihre Tochter wurde bei der kontradiktorischen Einvernahme gefragt, ob sie ihren Papa lieb hat. Die Antwort war nein. Warum sagt sie das?“, wollte die Vorsitzende wissen. „Aus Angst, dass ich ihr, wenn ich wieder in Freiheit bin, neuerlich das Handy wegnehme!“ Zusatz: „Ich liebe meine Kinder, ich bin nicht der Feind meiner Kinder!“
Stumpfe Gewalt
„Laut Sachverständigen hatte ihre Frau auch kleine Unterblutungen im Mundbereich!“ „Vielleicht durch das Herausziehen meines Fingers!“ „Der Gutachter sagt aber, dass diese Verletzung durch stumpfe Gewalt gegen die Unterlippe, also etwa durch einen Schlag, verursacht worden ist!“ „Ich habe 100 Kilo, meine Frau 45 Kilo. Würde ich sie schlagen, hätte sie alle Zähne verloren. Nein, das habe ich nicht gemacht!“
Freispruch trotz Gutachten
Der überraschende und erstaunliche Spruch der Richterin: Für den Biss ins Gesicht seiner Ehefrau bekam der Ukrainer eine Diversion mit nur einem Jahr Probezeit. "Sie haben bei einer Diversion also keine Vorstrafe", erläuterte die Vorsitzende dem verdutzten Angeklagten. Um im Nachsatz bezüglich aller anderen Vorwürfe auszuführen: „Freispruch im Zweifel!“
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