Weinviertel Tourismus
Die Strategie ist grün, genussvoll und gelassen
Weinviertel für Fremde: Was unsere Region kann, warum die Tourismusstrategie zur rechten Zeit kommt und was ihre zwei Achillesfersen sind. Weinviertel-Tourismuschef Hannes Steinacker im Gespräch.
WEINVIERTEL. Aus der Weinviertel-Tourismus-Perspektive lässt sich das Jahr 2022 gut an und die Prognosen für die zweite Jahreshälfte sind noch besser. Vor der Pandemie verzeichnete die Region jährlich zehn Prozent Wachstum bei den Gästezahlen, dann kam der Einbruch, doch seit April 2022 steigen die Zahlen wieder kontinuierlich. "Das größte Problem für viele andere Tourismusregionen - das Ausbleiben der internationalen Gäste während der Pandemie - hat uns weniger betroffen, denn das Weinviertel ist nicht davon abhängig. Somit hielten sich die Einbrüche bei den Gästezahlen vergleichsweise in Grenzen", übt sich Hannes Steinacker, Geschäftsführer der Weinviertel Tourismus GmbH, in positivem Denken. Luft nach oben gebe es ohnehin, betont der Weinviertel-Tourismuschef: "Wir haben noch viel Potenzial beim Gästezuwachs. Davon, dass durch Touristenmassen unsere Maxime, die genussvolle Gelassenheit, konterkariert wird, sind wir weit entfernt."
So sehenswert wie nie zuvor
Das Weinviertel ist im Bundesvergleich touristischer Spätenwickler, immer noch Pionierland. Als Urlaubsdestination haben es viele Westösterreicher ebenso wenig wie potenzielle internationale Gäste am Radar, doch die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen der vergangenen Jahre könnten das Interesse für die unbekannteste Ecke Österreichs befeuern.
Die Hauptstrategie des Weinviertel-Tourismus zielt auf Wein, Radfahren und Kultur, wobei zweitere zunehmend an Bedeutung gewinnt und auch in den kommenden Jahren massiv forciert werden soll. "Wie keine andere österreichische Destination ist das Weinviertel prädestiniert fürs Radfahren", sagt Steinacker. Der Trend zum E-Bike unterstützt dies. "Die Millionen, die die Menschen in E-Bikes investiert haben, müssen ja bewegt werden, am besten bei uns", lächelt der Tourismuschef. Zudem kommt die Strategie dem grünen Mobiliätstrend entgegen. Fünf Bahnlinien führen ins Weinviertel, sie alle sind wiederum mit Radwegen vernetzt.
Kunst am Radweg
Das Radwegenetz soll ausgebaut werden, allerdings weniger in Bezug auf weitere Kilometer, vielmehr auf qualitativer Ebene. Geplant sind Infotafeln, Kunst im öffentlichen Raum - konkret arbeite man an einem Projekt am Kamp-Thaya-March-Radweg (KTM) - sowie Rastplätze in den Kellergassen, die mit Servicestellen, Ladestationen und Imbiss- und Getränkeboxen bestückt werden sollen.
Wo Essen und Betten fehlen
Zwei Sorgenkinder hat Steinacker jedoch, wenn es um das perfekte Service für die Gäste geht: Gastronomie und Betten. Von beidem hat das Weinviertel zu wenig. "Kein Radfahrer
will am Ende seiner Etappe weitere 20 Kilometer zum nächsten Wirten fahren", macht Steinacker deutlich. Es brauche mehr Bettenkapazität in allen Segmenten - vom Kellerstöckl bis zum Hotel. Punktuell gibt es sowohl in der Gastronomie als auch bei den Betten etliche hochwertige Angebote: weinthematische Zimmer am Bauernhof, Schlafen im Weinfass, moderne Architektur in historischen Kellergassen, das Vier-Sterne-Hotel Althof in Retz, das Thermenhotel Laa und viele traditionelle Wirtshäuser, Heurigen und Gasthäuser. "Aber es gibt viele Orte ohne Gastronomie. Ein großes Problem."
In Zistersdorf wurde gerade das neue Hotel, das VinoQ eröffnet, weitere Projekte an verschiedenen Orten sind in Planung, spruchreif sei noch keines, teilt Steinacker mit.
Die aktuell laufende Landesausstellung in Marchegg ist ein wichtiger Impuls für die Region. Der Standort profitiert von der Nähe zu Wien und Bratislava, die Schau stärkt den grenzüberschreitenden Tourismus, ist mit Öffis gut erreichbar und verbindet Kultur und Natur in gelungener Weise. Auf der anderen Seite hat der Marchfeld-Tourismus mit oben genannten Problemen zu kämpfen: überschaubares Gastronomie- und Nächtigungsangebot. Doch Steinackers Halbjahresbilanz ist erfreulich: "Die Besucherzahlen übertreffen bisher unsere Erwartungen."
Nächtigungen im Weinviertel
2019 650.000
2020 430.000
2021 470.000
Spitzenreiter bei den Nächtigungszahlen:
Laa
Gerasdorf
Bisamberg
Retz
Poysdorf
Wolkersdorf
Bad Pirwawarth
Stetten
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