Medizinische Versorgung in Zeiten von Covid-19
Landärzte in der Krise
BEZIRK (up). Krisenstimmung bei den Landärzten. Laut einer Ärzteumfrage hätte ein weiterer Lockdown ohne finanziellen Ausgleich die Schließung eines Großteils der Ordinationen zur Folge, die Allgemeinmediziner sind in Sorge.
Sie kritisieren ihre mangelnde wirtschaftliche Perspektive (57 Prozent), mangelnden Respekt seitens des Vertragspartners ÖGK (73 Prozent) sowie den ungeeigneten Leistungs- und Honorarkatalog (91 Prozent).
Der Probstdorfer Allgemeinmediziner und Bezirksärztesprecher Franz Tödling bestätigt aus eigener Erfahrung obiges Umfrageergebnis:
"Wir waren während des Lockdowns verpflichtet, unsere Ordinationen offen zu halten, aber es kamen keine Patienten. Wochenlang haben wir so gut wie nichts verdient." Viele Patienten hatten Angst, vor die Tür zu gehen, viele wussten gar nicht, dass die Ordinationen offen waren. "Bei einem zweiten Lockdown würden etliche meiner Kollegen nicht mehr offen haben, er würde uns an den Rand der Existenz bringen", vermutet der Mediziner.
Anders als im Spital angestellte Ärzte haben Landärzte kein Fixeinkommen. 8,88 Euro erhalten sie pro Patient von der ÖGK. Brutto. Eine Kalkulation, die auf Masse statt auf persönliche Betreuung ausgelegt ist. Tödling: "Von den 8,88 Euro bleibt uns lediglich ein Drittel. Man kann sich also unser Einkommen bei fast leeren Wartezimmern ausrechnen."
Nun schlägt das Pendel in die andere Richtung aus, die Wartezimmer sind übervoll: Geplante und verschobenen OPs müssen nachgeholt, chronisch Kranke intensiv betreut werden. Und die Sorgen-Liste wächst weiter. "Seit Wochen bekomme ich keine Schutzausrüstung für Corona-Patientenbesuche nach. Jetzt im Herbst steigt die Zahl der Verkühlungen an und damit auch jene der COVID-19-Verdachtsfälle, was die Kapazitäten für Tests logischerweise an den Rand des Kollaps bringt", nennt der Probstdorfer Arzt zwei Beispiele für die Negativentwicklung der medizinischen Versorgung.
Vierter Arzt für Strasshof
Auch in den schnell wachsenden Speckgürtel-Gemeinden vor Wien sind die Wartezimmer voll. "Eine halbe Stunde vor der Öffnung der Ordination von Ute Kren sehe ich bereits die Warteschlangen vor der Tür", sagt Paul Ebhart von der Bürgerliste "Für Strasshof - Dr. Ebhart", der die Genehmigung einer vierten Planstelle für einen praktischen Arzt fordert. "Während der Corona-Krise hat sich die Situation verschärft, da viele Zweitwohnsitzer ihr Homeoffice ins Haus mit Garten statt in die Wiener Wohnung verlegt haben", meint Ebhart.
Bereits im Vorjahr korrespondierte er bezüglich eines vierten Allgemeinmediziners mit Ärztekammer und Krankenkasse, die über die Ausschreibung einer vierten Planstelle entscheiden müssen. Ebhart sind die Schwierigkeiten, Kassenstellen zu besetzen, bewusst. "Ich habe dem vorgebeugt und einen Interessenten gefunden. Der Betreffende hat auch bereits mit einer Mitarbeiterin der ÖGK Kontakt aufgenommen."
Bürgermeister Ludwig Deltl will einen vierten Arzt nur nach Absprache mit allen Beteiligten. "Ich habe bereits vor Jahren ein entsprechendes Schreiben an die Ärztekammer geschickt."
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