Zweitwohnsitzer bald ohne zweite Stimme
BEZIRK. Bislang dürfen Zweitwohnsitzer in allen Orten an denen sie gemeldet sind an der Gemeinderatswahl teilnehmen. Und auch Wiener dürfen den NÖ Landtag wählen, wenn sie hier ein Haus besitzen. Doch das könnte sich nun ändern. Künftig muss man den „wirtschaftlichen, beruflichen oder gesellschaftlichen Mittelpunkt“ seines Lebens in Niederösterreich haben, um hier seine Stimme abgeben zu dürfen.
Die Krux dabei: Am Ende entscheidet der Bürgermeister, denn zwangsläufig ist das Stimmrecht nicht weg. Die Bezirksblätter haben sich das Prozedere am Beispiel Groß-Enzersdorf angesehen. "Wenn jemand das Blatt gewissenhaft ausfüllt und retourniert, besteht das Risiko vom Bürgermeister gestrichen zu werden und damit bei der Landtagswahl 2018 nicht stimmberechtigt zu sein. Füllt man das Blatt nicht aus, bleibt man auf jeden Fall in der Wählerevidenz", erklärt der Grüne Stadtrat Andreas Vanek die fehlende Logik des neuen Gesetzes.
"Die Entscheidung bleibt bei den Bürgermeistern, damit sind der Willkür Tür und Tor geöffnet", kritisiert Vanek und weist zudem darauf hin, dass die Abwicklung ein Schnellschuss - noch dazu in der Sommerzeit - sei. "Viele Betroffenen werden sich nicht auskennen", befürchtet er.
Die Aufgabe der Gemeinden ist es, an alle Zweitwohnsitzer ein Wählerevidenzblatt auszuschicken. Die potenziellen Wähler müssen bekanntgeben, wie viel Zeit sie in dem Ort verbringen und ob sie jene wirtschaftlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Kriterien erfüllen, die ihnen das Wahlrecht gestatten.
Riesenaufwand
An alle Groß-Enzersdorfer Bürger mit Zweitwohnsitz ging bereits ein entsprechender Brief per Post, teilt Vizebürgermeisterin Monika Obereigner-Sivec (SPÖ) mit. Nach einer Frist von sechs Wochen soll ein weiteres Schreiben an säumige Bürger gehen, dann muss jedes einzelne Formular gesichtet und beurteilt werden. "Ein Riesenaufwand bei so vielen Personen und das in der Zeit der Nationalratswahl, wo sowieso alle unsere Ressourcen blockiert sind", meint Obereigner-Sivec.
Bürgermeister Hubert Tomsic obliegt dann die Entscheidung, wer in seiner Stadt Wahlrecht bekommt oder nicht. Begründungen für ein Ja sind Besitz von Grund und Boden oder Tätigkeit in einem Verein. Wer keine Rückmeldung schickt, läuft Gefahr, aus der Wählerevidenz gestrichen zu werden.
Die Situation sei "sehr schwierig, aber ich bin überzeugt, dass Bürgermeister Tomsic verantwortungsvoll und mit Sorgfalt entscheiden wird", sagt Obereigner-Sivec, fürchtet aber, dass es einzelne Härtefälle geben werde.
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