Der Klügere wischt nach: Hygiene am Arbeitsplatz

Auf einer Computertastatur finden sich bis zu 400 Mal mehr Bakterien als auf einer öffentlichen Toilette
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  • Auf einer Computertastatur finden sich bis zu 400 Mal mehr Bakterien als auf einer öffentlichen Toilette
  • hochgeladen von Natalie Schönegger

HERMAGOR (schön). Tastatur, Maus und Co werden gerne als krank machende Bakterienschleuder beschuldigt. Der hygienebeauftragte Arzt der Gailtal-Klinik Hermagor, Volker Tomantschger, weiß, was tatsächlich dran ist.
WOCHE: Wie steht es allgemein um das Thema Hygiene am Arbeitsplatz? Wird es vernachlässigt?
TOMANTSCHGER: Der Stellenwert der Hygiene am Arbeitsplatz hängt davon ab, wo und womit man arbeitet. In der Lebensmittelindustrie ist die Hygiene essentiell und sind Missstände eventuell eine Gefahr für die Mitmenschen. Beim Umgang mit Geld besteht meiner Meinung nach die Gefahr. Laut Studien sollen sich nämlich 26.000 potenzielle gesundheitsschädliche Bakterien auf einer durchschnittlichen europäischen Banknote tummeln. Prinzipiell liegt es jedoch an uns selbst. Die schmutzigen Finger und Handflächen sind die wichtigsten Keimüberträger. Von Oberflächen nehmen wir Krankheitserreger auf und weil Menschen im Schnitt etwa alle vier Minuten ihr Gesicht berühren, gelangen Krankheitserreger von unseren Händen in die Schleimhäute von Mund, Augen und Nase in den Körper und können sich dort ausbreiten.

Welche Keime oder Bakterien sind es, die auf Tastatur, Maus & Co zu finden sind?
Vor allem finden wir hier unsere eigenen Bakterien und die der anderen Mitarbeiter. Es sind vorwiegend Hautkeime, die kein großes krankmachendes Potential haben, aber wenn wir unsere Hände nach dem Toilettengang nicht waschen, kommen auch Darmbakterien dazu, die durchaus gefährlich werden können. Nicht zu vergessen ist, dass durch Husten und Niesen Unmengen an Keimen verteilt werden können.

Gibt es "gefährliche" und "weniger gefährliche" Bakterien?
Jeder Keim hat entweder geringe oder ausgeprägte krankmachenden Eigenschaften. Es hängt immer davon ab, wo sich der Keim im Körper niederlässt und vor allem davon, wie gut die körpereigene Abwehr funktioniert. Ohne diese Verteidigung wäre den Erregern auch mit den besten Medikamenten nicht möglich, entgegenzuwirken.
Prinzipiell ist zu sagen, dass Bakterien überall vorkommen: In der Luft, im Wasser, auf Nahrungsmitteln, auf Tieren und Pflanzen. Sie haben auch nützliche Eigenschaften und leben auf und im menschlichen Körper. So wiegen alle Bakterien in einem Menschen zusammen zirka einen Kilogramm. Sie leben auf der Hautoberfläche im Verdauungstrakt und im Uro-Genitaltrakt. Ohne sie wäre ein Leben nicht möglich, es gäbe keine Verdauung, keine Infektionsabwehr usw.

An welchen Plätzen innerhalb eines Büros ist besondere Vorsicht geboten bzw. wo tummeln sich die meisten Bakterien?
Besonders aufzupassen ist nirgends. Wichtig ist, dass jeder Mitarbeiter die persönliche Hygiene ernst nimmt und zum Beispiel nach dem Toilettengang auf alle Fälle die Hände wäscht und sich beim Niesen den Unterarm vorhält. Da es aber meist nicht so ist, befinden sich auf Computertastatur und Maus bis zu 400 Mal mehr Bakterien als auf einer öffentlichen Toilette, die regelmäßig gereinigt wird.

Wie kam man zu dieser Erkenntnis?

Wissenschaftler der University of Arizona haben dazu eine Forschung gemacht, über 5.000 Oberflächen in Bürogebäuden, unter anderen von Versicherungskanzleien oder Callcentern, auf ihren Bakteriengehalt untersucht und ein Schmutz-Ranking erstellt. Im Durchschnitt berührt jeder Büroangestellte übrigens 300 Oberflächen in 30 Minuten und kommt dadurch am Tag mit 840.000 Keimen in Berührung. Grundsätzlich stellten die Wissenschaftler fest, dass sowohl die Funktion als auch die Form einzelner Räume sowie die Organisation der Räume untereinander die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft erheblich beeinflusste. So fanden sie zum Beispiel in Fluren, Durchgangszimmern und allen anderen stark frequentierten Räumen ganz andere Arten von Bakterien als in entlegeneren und damit meist weniger genutzten Zimmern. In den Toilettenräumen unterschied sich erwartungsgemäß die Bakteriengemeinschaft noch einmal sehr von jenen in anderen Räumen.

Ab wann spricht man von übertriebener Hygiene?
Panik ist immer übertrieben, da Bakterien und Viren zu unserem Leben gehören. Wie gefährlich sie sind, hängt von der Art der Bakterien, der Menge sowie der Art der Aufnahme ab. Von beispielsweise Salmonellen muss man etwa 1000 schlucken, um krank zu werden. Bei Legionellen reicht es, nur zehn bis 100 einzuatmen, beim Norovirus sind es drei bis fünf Viruspartikel.
Viele Menschen benutzen Desinfektionsmittel für die Wäsche oder zum Putzen, was sicherlich übertrieben ist, da viele dieser Mittel Stoffe enthalten, die für den Menschen gefährlich sein können. So kann etwa Tricolosan über die Haut aufgenommen werden und in den Entgiftungsstoffwechsel der Leber eingreifen. Benzalkoniumchlorid, ein desinfizierender Zusatzstoff, gilt als allergieauslösend. Aus Natriumhypochlorid, einer Substanz die in vielen Reinigern zu finden ist, wird Chlor freigesetzt. Das wiederum kann Haut und Schleimhäute reizen.
Auch in der Körperhygiene wird oft zu viel des Guten getan. Denn die Keime, unsere sogenannte Hautflora, sind nicht nur harmlose Nutznießer, sondern schützen vielmehr vor Infektionen, indem sie mögliche Angriffspunkte für Krankheitskeime blockieren. Das sensible Gleichgewicht unserer Haut- und Schleimhautflora wird durch übertriebene Hygiene leicht gestört. Alles mit Maß und Ziel kann nur der einzig richtige Weg sein.

Tipps des Experten gegen "gefährliche" Bakterien:

"Für den Umgang mit Alltagskeime reichen einfache Mittel aus", sagt Tomantschger. So ist regelmäßiges Händewaschen oberstes Gebot. Zum Abtrocknen sollen anstelle von Stoffhandtüchern oder Textilrollen Einmal-Papierhandtücher verwendet werden.
Zudem ist es nach Tomantschger wichtig, Arbeitsflächen, Tastaturen sowie den Kühlschrank immer wieder zu reinigen. "Wenn Lebensmittel verdorben sind, sollten diese umgehend aussortiert werden", sagt Tomantschger.
Absolutes No-Go: Die wochenlange Verwendung von demselben Reinigungstuch. "Vor allem dann, wenn man es feucht liegen lässt."

Zur Person:

Name: Volker Tomantschger
Alter: 51
Wohnort: Presseggen
Beruf/Spezialisierung: Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Wahlarzt und Oberarzt sowie Hygienebeauftragter Arzt der Gailtal-Klinik in Hermagor
Familienstand: Verheiratet, zwei Töchter (25 und 22 Jahre)
Hobbys: Lesen, Reisen, Sport
Lebensmotto: Man muss das Unmögliche versuchen, um das Unmögliche zu erreichen (Hermann Hesse).

Auf einer Computertastatur finden sich bis zu 400 Mal mehr Bakterien als auf einer öffentlichen Toilette
Rät von übertriebener Hygiene ab: Volker Tomantschger, hygienebeauftragte Arzt der Gailtal-Klinik Hermagor | Foto: KK
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