Kalvarienberggasse
Immer mehr Geschäfte sperren zu
Mit 31. Jänner 2020 verliert die Kalvarienberggasse einen weiteren Traditionsbetrieb. Herrenausstatter Pölzelbauer sperrt nach 63 Jahren zu. Für Geschäftsinhaberin Christa Trestl-Pölzelbauer ein unvermeidbarer Schritt: "Es geht nicht mehr!"
HERNALS. Der gelernten Herrenkleidermachermeisterin blutet das Herz. Christa Trestl-Pölzelbauer muss das Familienunternehmen nach über sechs Jahrzehnten zusperren: "Die Miete ist einfach zu hoch und es gibt ständig Nachzahlungen. So macht das keinen Spaß mehr."
"Das schaffe ich nicht mehr"
Über 2.000 Euro für rund 90 Quadratmeter sind tatsächlich ein stolzer Preis. Diesen will die Unternehmerin nicht mehr bezahlen. "Ich habe noch sechseinhalb Jahre bis zur Pension. So schaffe ich das nicht mehr", sagt die Kleidermacherin im Gespräch mit der bz.
Die Gründe für die Schließung seien vielfältig. Die Jungen würden nur mehr im Internet einkaufen und viele seien nicht dazu bereit, für Qualität etwas mehr zu bezahlen. "Mit größeren Ketten können wir nicht mehr mithalten. Ich kann nicht einfach so einige hundert Jeans einkaufen. Die bekomme ich nicht los", schildert Trestl-Pölzelbauer.
Umbau Dornerplatz
Besonders seit dem Umbau des Dornerplatzes seien die Umsätze rückläufig. In dieselbe Kerbe schlägt auch der Obmann der Hernalser Kaufleute, Dieter Holzhammer: "Hier wurde dreimal umgebaut und eine Betonwüste zurückgelassen." Auch auf der Hernalser Hauptstraße werde zu viel und zu lange gebaut. "Das ist kein günstiges Umfeld. Als Unternehmer ist man eher dazu geneigt, den Bezirk zu verlassen", sagt Holzhammer.
Fehlende Unterstützung aus der Politik
Vermisst wird auch die politische Unterstützung. "Es wird immer behauptet, dass viel gemacht werde. Das stimmt aber nicht", sagt Michael Schüller vom Café-Restaurant Kalvarienberg. Der gleichen Meinung ist auch Kaufleute-Obmann Holzhammer: "Wenn die Politik nicht an einem Strang zieht, geht es leider nicht. Wir hätten die Möglichkeit, die eine oder andere Aktion zu machen, aber es gibt keine Unterstützung."
"Brauchen einen Stammtisch zum Vernetzen"
Die finanziellen Mittel von Kleinunternehmen seien begrenzt, daher koche jeder Unternehmer sein eigenes Süppchen. "Wir müssen endlich Nägel mit Köpfen machen und einen Stammtisch einrichten. So können wir ein Netzwerk aufbauen und eine gemeinsame Botschaft vermitteln", meint Michael Schüller vom Café-Restaurant Kalvarienberg.
In Hernals ist Schluss
Für die Unternehmerin Christa Trestl-Pölzelbauer ist es bereits zu spät: "Wir sind schon lange keine Einkaufsstraße mehr. Kleine Einzelgeschäfte wie meines gibt es hier kaum noch." Die Unternehmerin wird Hernals verlassen und sich in ihrem Wohnort in Niederösterreich eine kleine Änderungsstube einrichten: "Das mache ich dann bis zur Pension."
Ihr ehemaliges Geschäft wird dann "Leerstand Nummer 32" in der Kalvarienberggasse sein.
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