Bezirksvorsteher Peter Jagsch
"Statt Urlaub lieber mehr Geld für Hernals"
Peter Jagsch (SPÖ) ist seit einem Jahr Bezirksvorsteher von Hernals. Die BezirksZeitung hat den Bezirkschef zum "Einjährigen" zum Bilanz-Gespräch gebeten.
WIEN/HERNALS. Was lief gut, was lief weniger gut? Gab es Überraschungen und wo liegen die größten Herausforderungen für den 17. Bezirk? Mit diesen und weiteren Themen haben wir Bezirksvorsteher Peter Jagsch beim Interview konfrontiert.
Wie lassen sich 365 Tage als Bezirksvorsteher in einem Wort zusammenfassen?
PETER JAGSCH: Erfüllend!
Wenn Sie mit ihrer Vorgängerin Ilse Pfeffer gleichziehen wollen, fehlen „nur“ mehr 19 Jahre. Vorstellbar?
Schau ma mal, dann werden wir sehen.
Ist es Ihnen schon gelungen das von Ihnen propagierte „Miteinander“ in den Mittelpunkt zu rücken?
Ja. Hernals hat eine gelebte Tradition des Miteinander. Bei den zahlreichen Veranstaltungen im Bezirk, die ich besuche, bei meinen Sprechstunden im Gemeindebau und z.B. beim Alszeilenmarkt, fällt Eines deutlich auf: Die Menschen sind sehr interessiert daran, eine gute Nachbarschaft zu leben und stellen das Miteinander und das Gemeinsame in den Vordergrund. Wie sagt man so schön: Durchs Reden kommen die Leut z´am! Meine Rolle ist hier der Vermittler zwischen unterschiedlichen Interessen und der aktive Gestalter von Lösungen, mit denen alle gemeinsam zufrieden sein können.
Gab es schon Momente in denen Sie dachten: „Warum mache ich das?“
Nein!
Was war in dem vergangenen Jahr als Bezirksvorsteher für Sie das „Überraschendste“?
Dass die Grünen gegen die Generalsanierung der Volksschule Kindermanngasse gestimmt haben, hat mich doch sehr überrascht. Wenn es nach der grünen Fraktion geht, wird dabei nämlich nicht nur den Kindern die Chancen auf eine gute Bildung und damit die Zukunft genommen, sondern auch ein erhaltenswertes Gebäude mitten im Bezirkszentrum dem Verfall preisgegeben.
Was war das Highlight, im positiven Sinne?
Dass nach Jahren der Pandemie endlich wieder Veranstaltungen abgehalten werden können und der persönliche Kontakt zu den Menschen endlich wieder möglich ist. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Das persönliche Gespräch mit den Hernalserinnen und Hernalsern und der persönliche Kontakt der Menschen untereinander kann durch nichts ersetzt werden.
Was haben Sie im vergangenen Jahr nicht geschafft?
Alles, was wir uns an Arbeit vorgenommen haben, haben wir politisch auch umsetzen können. Darauf bin ich sehr stolz in meinem ersten Jahr als Bezirksvorsteher.
Bei ihrem Antrittsinterview haben Sie gesagt: „Ich bin den Mehrheitsbeschlüssen in der Bezirksvertretung verpflichtet?“ Zuletzt gab es von den Grünen und Neos Kritik an der Zulassung von Anträgen und Resolutionen für die BV-Sitzungen. Es wurde angedeutet, die SPÖ messe bei anderen Parteien mit zweierlei Maß. Wie kommt man zu der Annahme?
Diese Andeutung ist leicht widerlegbar. Gemessen wird immer mit demselben Maß. Zuständig für die Zulassung von Anträgen ist die Vorsitzende der Bezirksvertretung. Diese muss sich an die Stadtverfassung halten und auch der juristische Dienst der Stadt Wien hat zu einzelnen Fällen bereits eine rechtliche Einschätzung abgegeben. Offensichtlich schaffen es einige Fraktionen nicht immer, Anträge und Resolutionen auch rechtskonform einzubringen. Es ist leider bedenklich und schade, dass dann andere dafür schuldig gemacht werden, wenn man selbst weder die Stadtverfassung noch die Geschäftsordnung einhält. Auch aus eben diesen Gründen bin ich sehr froh, dass unsere Sitzungen der Bezirksvertretung nun auch im Livestream zu sehen sind, damit sich die Hernalserinnen und Hernalser hier selbst ein Bild machen können.
Die Grünen haben, wie Sie schon erwähnt haben, gegen die Aufstockung des Kredits für die Generalsanierung der VS Kindermanngasse gestimmt. Sie befürchten, dass der Bezirk durch Millionenkredite zahlungsunfähig werden könnte. Ist ein solches Szenario denkbar?
So ein Szenario ist undenkbar und ausgeschlossen. Wer mich kennt, weiß dass ich auf die Finanzen achte und sowohl im Vorjahr als auch heuer zahlt der Bezirk mehr an alten Schulden zurück, als er neue aufnimmt. Seit vielen Jahren investiert Hernals in die Zukunft der Kinder und Jugendlichen durch die Verbesserung der Kindergärten und Schulen. Die Ausgaben für die wichtige Generalsanierung der VS Kindermanngasse, die auch zu einer „klimafitten“ Ganztagsschule aufgewertet wird, sind ja nicht auf einmal, sondern in mehreren Raten über Jahre hinweg zu begleichen. Darüber hinaus bezahlt die Stadt Wien 80 Prozent der Sanierungskosten, dem Bezirk bleiben nur 20 Prozent Eigenleistung für das Budget. Höchst bemerkenswert finde ich, dass die Grünen im Jahr 2018 im Gemeinderat – damals noch als Koalitionspartner der SPÖ – für das Konzept der Generalsanierungen gestimmt hatten. Nun sind sie auf einmal dagegen. Da kann sich eigentlich nur mehr auf den Kopf greifen und wundern über diese Wendehalsigkeit auf dem Rücken unserer Kinder!
Wie ist nach einem Jahr das Feedback von den Hernalserinnen und Hernalsern? Was nehmen Sie für die nächsten Herausforderungen mit?
Ausgesprochen positiv, was mich sehr freut. Die Hernalserinnen und Hernalser sind prinzipiell sehr konstruktiv und an Lösungen interessiert. Und ich nehme die Ideen und Meinungen der Hernalser*innen für die kommenden Herausforderungen sehr ernst. Diese Rückmeldungen der Bevölkerung sind die Grundlage meiner Planungen. BürgerInnenbeteiligung ist mir wichtig und man kann über alles reden. Die Menschen sollen ihren Bezirk und ihr unmittelbares Lebensumfeld mitgestalten.
Wo liegen für 2023 die größten Herausforderungen für Hernals?
Das größte Problem der Menschen ist eindeutig die Teuerung. Ich bin über alle Maße entsetzt von der Untätigkeit der Bundesregierung, die überhaupt nichts tut, damit die aktuelle hohe Inflation in existenziellen Bereichen wie Lebensmitteln, Wohnen oder Energie endlich eingedämmt wird!
Welche Projekte „müssen“ umgesetzt werden?
Neben der Generalsanierung der VS Kindermanngasse haben wir heuer noch den Baustart für den Neubau des Kindergartens in Braungasse und den Start für die Wohnstraße Rötzergasse mit einer deutlichen Aufwertung, Verkehrsberuhigung und Begrünung des Grätzels auf dem Plan. Und das Jugendparlament sowie auch die Planungen für die neue U5. Diese wird uns die nächsten Jahre begleiten und den Bezirk nachhaltig verändern.
Ihr Zugang ist laut eigenen Angaben „den arbeitenden Menschen im Fokus haben“. Sie sehen sich selbst als Arbeiter. Kann die SPÖ mit diesem „Zielpublikum“ bundesweit Wahlen gewinnen?
Für mich sind Arbeiter alle Menschen, die arbeiten bzw eine Leistung für die Gesellschaft erbringen. Dazu gehören für mich daher nicht nur Arbeiter, sondern auch Ein-Personen-Unternehmen genauso wie alle Angestellten und Beamten. Aber auch Eltern, die ihre Kinder betreuen oder pflegende Angehörige, die ebenso viel leisten ohne dafür ein Gehalt zu bekommen – was im Grunde sehr ungerecht ist – sind für mich in diesem Sinne „Arbeiter“, weil sie etwas leisten! Im Gegensatz zu den tausenden von der ÖVP hofierten Millionären, die keiner Erwerbsarbeit nachgehen müssen und von ihrem – völlig steuerfrei erhaltenen – Erbe oder sonstigem Vermögen leben und es sich auch noch auf Kosten der steuerzahlenden Allgemeinheit richten können, wie man an den jüngsten Chat-Protokollen der ÖVP wieder einmal deutlich gesehen hat.
Wenn Sie zum „Einjährigen“ wählen könnten, wofür würden Sie sich entscheiden: Eine Zusatz-Million für Bezirksbudget oder eine Woche Urlaub?
Ich nehme gerne die Million und investiere sie guten Gewissens in die Bildungschancen unserer Kinder. Das Geld ist gut angelegt. Jeder Euro, der in die Bildung investiert wird, verbessert nicht nur die Zukunftschancen der nächsten Generation, sondern kommt später durch bessere Jobchancen mehrfach als Steuergeld wieder in die Gemeinschaft retour.
Abschließend eine Frage zur aktuellen Situation der Bundes-SPÖ: Team Rendi-Wagner oder Doskozil?
Ich bin Team SPÖ Hernals.
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