Bürgermeister atmen auf
Unkalkulierbare Kostensteigerungen nach Einigung zwischen Bund, Land und Gemeinde sind nun passé
Die Gemeinden ächzen unter den immer höher werdenden Sozialkosten, die ihnen Bund und Länder aufbürden. Nun soll es zumindest mit den enormen Kostensteigerungen vorbei sein.
BEZIRK ST. PÖLTEN (wp). Die Kosten für eine immer älter werdende Bevölkerung und deren Pflege steigen immens. Das hat sich in den letzten Jahren gerade auf die Gemeindebudgets enorm ausgewirkt, die oft Steigerungen um bis zu 25 Prozent hinnehmen mussten. Nun atmen die Bürgermeister auf, denn bis 2014 sollen die steigenden Kosten im Sozialbereich (Pflegegeld) durch einen neuen Pflegefond, der mit 685 Mio. Euro dotiert wird, abgefedert werden.
Budgetkollaps abgewendet
Dies macht eine Einigung zwischen Bund, Ländern und Gemeindebund möglich. „Wäre das Fortschreiten der bisherigen Belastungen für die Gemeinden so weitergegangen, hätte das unweigerlich zu einem Budgetkollaps geführt“, atmet Bürgermeister Anton Gonaus (ÖVP) aus Kirchberg sichtlich durch. „Ich erwarte mir beim 11,7-prozentigen Anteil der Gemeinden am Pflegefond eine Entlastung unserer Gemeindebudgets“, so der Ortschef. Die Sozialhilfeumlage Kirchbergs stieg von 2009 von 384.900 auf 481.200 Euro im Jahre 2010, was eine Mehrbelastung für die Gemeinde in Höhe 96.300 € bedeutet. Aber auch ein anderer Sozialbeitrag der Gemeinde, der Krankenanstaltenbeitrag stieg von 636.300 € auf 702.900 unerwartet.
„War dringend notwendig“
Ähnlich ist die Situation in Frankenfels. Hier stiegen die Sozialausgaben von 190.000 im Jahr 2010 auf budgetierte 234.600 €, was ein sattes Plus von 23,5 Prozent bedeutet. „Diese Einigung war mehr als notwendig und höchst an der Zeit“, meint Ortschef Franz Größbacher (ÖVP), „denn die Pflegekosten hätten ansonsten unser Gemeindebudget zerplatzen lassen.“ – Rabensteins Bürgermeister Kurt Wittmann (ÖVP) beziffert die Kosten für soziale Wohlfahrt für seine Gemeinde mit 320.000 € und legt darauf Wert, „dass nur die Kostensteigerung abgefedert wird“.
Endlich Entlastung"
„Mit dieser Einigung werden die Budgets der Gemeinden entlastet“, atmet Bürgermeister Josef Ecker (ÖVP) aus Asperhofen durch. „Die Sozialhilfeumlage stieg 2010/11 um sage und schreibe 26,56 Prozent“, so der Ortschef. Das sind nominell von 180.954 auf 229.000 €. Aber auch andere Sozialbeiträge der Gemeinde sind, wie der Krankenanstaltenbeitrag (NÖKAS) mit 293.332 €, eine ziemliche Belastung.
Michalitsch ortet Spielraum
Ähnlich ist die Situation in Eichgraben: Die Sozialhilfeumlage stieg um 96.300 € auf 481.200 € an, der NÖKAS-Beitrag beträgt budgetierte 702.900 €. „Die prognostizierten Kostensteigerungen für den Sozialbereich im Ausmaß von über 20 Prozent hätten die letzten Reserven Eichgrabens aufgezehrt. Die Einigung über die Abfederung der steigenden Kosten, wenigstens im Pflegebereich, gibt aber wieder Anlass zu Optimismus“, meint Bürgermeister LA Martin Michalitsch (ÖVP) gegenüber dem Bezirksblatt.
Wohlmuth „erleichtert“
Auch in Neulengbach zeigt sich ein dramatischer Anstieg der Sozialhilfeumlage von 740.566 auf 863.400 €, was bereits im Gemeinderat für besorgte Diskussionen sorgte. „Ich habe die Einigung über den Pflegefond wohlwollend zur Kenntnis genommen“, meint Ortschef Franz Wohlmuth (ÖVP) erleichtert.
Budgetmittel angespannt"
„Die Einigung ist sicherlich eine Erleichterung, die Budgemittel sind nämlich schon mehr als angespannt“, schöpft Bürgermeister Franz Zwicker (SPÖ) aus Herzogenburg Hoffnung. „Mit Sozialhilfeumlage, NÖKAS und Schulkosten haben wir im letzten Jahr Kostensteigerungen von 300.000 Euro hinnehmen müssen“, so der Ortschef. „Wir brauchen aber weiterhin Untersützung und ich hoffe, dass weitere Verhandlungen mit dem Bund Erleichterungen bringen, denn sonst zerreißt es irgendwann das Budget. Das würde bedeuten, dass wir Darlehen zur Sicherung der Aufgaben der Gemeinde aufnehmen müssen.“
„War dringend notwendig“
Ähnlich sieht es Traismauers Bürgermeister Herbert Pfeffer (SPÖ): „Die Einigung kann nur eine momentane Lösung sein. Die Finanzierung der Pflege und der Kommunen muss auf solide Beine gebracht werden, um nachhaltig abgesichert zu werden“. Traismauer verzeichnet bei den Sozialausgaben eine Steigerung um 20 Prozent auf 747.400 €. Die NÖKAS-Umlage (Beitrag für die Krankenanstalten) beträgt 920.300 €.
Zur Sache
Entspannung
Kosten und Verwaltung des Pflegegeldes wurden bisher von Bund, Ländern und Gemeinden getragen. Nun wird die Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz des Landespflegegeldes vom Bund übernommen.
„Mit der Dotierung des Pflegefonds ist das Pflegesystem für die nächsten Jahre gesichert“, frohlockt BM Rudolf Hundstorfer (SPÖ).
„Es gibt keine Entwarnung hinsichtlich der steigenden Kosten aber eine Entspannung“, meint NÖs Gemeindevertreterverbands-Präsident LA Alfred Riedl (ÖVP), „wir haben mit dem Bund nun zehn Jahre über diesen Pflegefonds gestritten, nun ist endlich ein erster Durchbruch gelungen.“
Werner Pelz: Kontakt: Tel.: 0676 700 11 75 // Mail: wpelz@bezirksblaetter.com
Vorausschauen!
(Kommentar)
Die Wohlstandsgesellschaft macht es möglich: Wir leben heutzutage immer länger, und das ist sehr erfreulich. Die Kehrseite der Medaille: die steigenden Kosten für unser Sozialsystem. Das spüren Gemeinden, egal welcher Größe, enorm, da sie daran mittragen. Zumindest die Kostensteigerungen im Pflegebereich müssen die Kommunen nach einer Einigung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden über einen 700 Mio. Euro schweren Pflegegeldfond nicht mehr in dem Ausmaß tragen wie bisher. Leider ist der Pflegefond wieder nur ein typisch österreichisches Provisorium. Denn den Mut, das Sozial-, Pflege- und Pensionssystem nachhaltig und finanzierbar umzugestalten, bringen die, in Legislaturperioden denkenden, (Bundes-)Politiker nicht auf. Zu groß ist die Angst, abgewählt zu werden. Es wäre zu wünschen, dass die, von Hundstorfer angekündigte, Weiterführung einer begonnenen Reform umgesetzt wird, und nicht wieder von kurzsichtig agierenden Interessensvertretern verwässert wird. Lange können die kleinen Gemeinden die große (Mit-)Finanzierungslast nicht mehr tragen. Denn sobald sie Darlehen benötigen, um Sozialkosten zu bestreiten, wird es gefährlich eng für die Budgetlage einer Kommune.
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