Keine Wohnung für Tschetschenen
„Wir betreiben keine Apartheid“, wehrt sich eine Wohnungsgenossenschaft gegen Diskriminierungsvorwürfe.
ST. PÖLTEN (wp). Diskriminiert fühlt sich Familie S. (Name d. Red. bekannt) von der St. Pöltner gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft WET. Man verwehrte ihnen den Einzug in eine Wohnung der Gesellschaft. „Seit Jahren suchen wir schon eine Wohnung. Jetzt hätten wir eine gefunden und von einem Vormieter übernehmen können, aber man gab sie uns nicht.“ „An Tschetschenen gebe ich keine Wohnungen mehr her“, soll die Zuständige der WET den beiden, die mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, gesagt haben. Diese streitet das gar nicht ab: „Wir müssen auf die Mischung in einem Wohnhaus achten. Tschetschenen wollen gern unter sich bleiben. Wenn dann schon einige dieser Leute mit dieser Herkunft in einer Anlage wohnen, kommt es leicht zu einer Ghettobildung“, so die Auskunft der WET.
Tschetschenen „problematisch“
Abgesehen davon würden sich Tschetschenen aufgrund ihrer Herkunft und manchmal vorhandenen Traumatisierungen durch Kriegserlebnisse in ihrer ehemaligen Heimat „problematisch“ verhalten. Auch die hohe Kinderzahl, mit der tschetschenische Ehepaare angeblich auf engem Raum wohnen, führe nicht selten zu massiven Lärmbelastungen für andere. „Das birgt Konfliktstoff“, so die WET-Mitarbeiterin. Sobald problematische Mieter eingezogen seien, wäre es schwer, sie zu disziplinieren. Dass die WET grundsätzlich keine Tschetschenen aufnehme, weist man dort zurück: „Apartheid gibt es bei uns nicht. Wir haben fünf bis acht tschetschenische Familien in unseren Anlagen, im Gegensatz zu anderen Gesellschaften, die sich hier viel restriktiver verhalten.“
Gegen Vorurteile
Mirsada Zupani kennt die Problematik. An sie wenden sich viele Hilfesuchende. Zupani, selbst dem Balkankrieg als Flüchtling entkommen, arbeitet seit Jahren als angesehene Sozialarbeiterin bei EMMAUS und sitzt für die SPÖ im Gemeinderat. „Ich habe leider schon den Eindruck, dass es Vorurteile gegenüber Menschen mit bestimmtem Migrationshintergrund gibt“, so Zupani. Natürlich müsse man der Ghettobildung zuvorkommen, aber „man kann doch die Leute nicht einfach wegschicken und auf der Straße stehen lassen.“ Viele seien nicht integriert, aber „dennoch nicht kriminell“. Man könne doch nicht alle in einen Topf werfen.
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