Der Filmkönig von Margareten
Mitten in Margareten liegt das Filmquartier: Eine kleine Welt für sich.
MARGARETEN. Betritt man das Filmquartier, verlässt man Wien. Zumindest steht das auf einem der unzähligen Schilder, die im weitläufigen Innenhof hängen. Wenn man von den beiden Ziegen Susi und Leo am Eingang durchgelassen wird, steht man im Königreich von Peter Siegl. Er herrscht über 33.000 Filmrequisiten, die gemeinsam mit Jukeboxen, Oldtimern, Bauernstuben und Königssänften in den weitläufigen Räumlichkeiten verteilt sind. „Vom Regiestuhl bis zum Rolls Royce gibt’s bei uns auf vier Stockwerken alles!“ erklärt Peter Siegl stolz. "Und unsere Räume vermieten wir als Drehlocations oder für Veranstaltungen", fügt er an.
König für einen halben Häuserblock
Normalerweise kommt die Welt zu ihm in sein Reich, das sich über einen halben Häuserblock erstreckt: In Gestalt von Fotografen, Werbefilmern - und natürlich Österreichs gesamter Filmszene. "Die Ausstatter kennen unser Inventar meistens besser, als wir selber", lacht Siegl. Seit der Gründung im Jahr 1981 sind schon viele prominente Filmschaffende auf der Suche nach passenden Filmrequisiten durch das breite Tor in den begrünten Innenhof marschiert: Von ihnen ist Hubsi Kramar wahrscheinlich der kontroverseste, Paulus Manker der wildeste und Michael Haneke der berühmeste. „Angefangen hat mit dem Ganzen mein Vater. Damals hat er auch noch mit Antiquitäten gehandelt. Als er gestorben ist, hab ich die Firma übernommen – mitsamt einem riesigen Schuldenberg. Aber ans Verkaufen hab ich nie gedacht, obwohl mir Immobilienhaie regelmäßig achtstellige Summen für das Filmquartier bieten. The show must go on!“ grinst der Vater von drei Kindern.
Der König als Konfliktkünstler
Manchmal jedoch zieht Filmquartier-König Peter Siegl hinaus in die Welt: Wenn draußen etwas in Schieflage geraten ist - und mit den Mitteln der Kunst geradegerückt werden muss: "Als 'Konfliktkünstler und Textartist' hab' ich das äußere Burgtor mit einem Text gegen den Jugoslawienkrieg verhüllt. Noch Jahre später sind mir wildfremde Menschen deshalb auf der Straße um den Hals gefallen", erklärt der 54-jährige, dessen Alter Ego den Künstlernamen "Poeter" trägt. "Am wirkungsvollsten war aber meine Aktion am Dach der Kunsthalle: Dort gab's einen Schriftzug 'Andy Warhol - a Factory'. Ich hab dann ein paar Buchstaben ausgetauscht, bis dann 'And war is a factory' dort gestanden ist."
Weltweite Bekanntheit erlangte P(o)eter Siegl aber im Jahr 2000, als er Schauspieler Hubsi Kramar mit einem weißen Rolls Royce zum Opernball chauffierte. "Ich bin wieder da!" skandierte dieser dann, als Adolf Hitler verkleidet. Der Wagen steht heute etwas verstaubt im hinteren Teil seines Filmquartier-Reichs. "Er ist aber fahrbereit, falls er wieder gebraucht wird", bemerkt Peter Siegl mit ernster Stimme.
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