Rollstuhl auf der Fahrbahn: Gefährlicher Umweg in Hietzing
In der Speisingerstraße zwingen Gehsteigstufen Rollstuhlfahrer zum Ausweichen auf die Fahrbahn.
HIETZING. Das Gründerzeithaus in der Speisinger Straße 104 liegt direkt an der Kreuzung Speisinger Straße/Riedelgasse. Diese wird nicht nur von Auto- und Radfahrern intensiv benützt, sondern auch von der Linie 60, von Fußgängern und nicht zuletzt von Rollstuhlfahrern, schließlich liegt vis-à-vis das Orthopädische Spital. Für das Orthopädiegeschäft Giendl dort ist die Spitalsnähe ein Vorteil, für Rollstuhlfahrer ist jedoch die hohe Gehsteigkante vor dem Geschäft sicher ein Nachteil. Um von der 60er-Station in die Linienamtsgasse zu gelangen, sind sie dadurch gezwungen, auf die enge und stark befahrene Fahrbahn auszuweichen. Denn am südwestlichen Ende der 60er-Station gibt es ebenfalls keine behindertengerechte Rampe, sondern nur eine hohe Stationskante.
Der Gehsteig ist Privatgrund
Der Orthopäde Giendl ist zugleich der Hausbesitzer. Auch die Parkplätze vor dem Geschäft liegen auf seinem Privatgrund. "Als Rollstuhlfahrer ist die Rampe mit den zwei hohen Stufen für mich unüberwindbar. Und da rede ich noch gar nicht vom Kopfsteinpflaster", erklärt der Behindertenaktivist Steve Wetschka.
In dem Orthopädiegeschäft kennt man die Nöte der Rollstuhlfahrer: "Für sie ist die Situation vor unserem Geschäft natürlich unbefriedigend. Aber für Barrierefreiheit müsste man alles umbauen: den Gehsteig und die Parkplätze. Wer soll das bezahlen?", erklärt man dort. Man zeigt sich aber entgegenkommend und hat im Geschäft aktuell eine Liste aufgelegt, in der die Kunden noch bis Ende Juni für oder gegen eine Umgestaltung stimmen können – sofern sie zuvor den Aufstieg in das Geschäft bewältigt haben.
An der Politik liegt’s nicht
In der Bezirksvertretung kennt man die Situation. In seltener Einigkeit sprechen sich alle Parteien für die Umgestaltung des Gehsteigs aus. Bezirksrätin Lore Brandl-Berger (Grüne) ist das Thema schon lange ein Dorn im Auge: "Für Rollstuhlfahrer, aber auch für Kinderwägen und Rollatoren ist diese Situation gefährlich. Diesen Missstand kritisieren wir schon lange. Wir haben auch Anträge dazu in der Bezirksvertretung gestellt. Leider tut sich nichts."
FPÖ-Bezirksobmann Günter Kasal spricht von einer "Ironie, dass gerade der Zugang zu einem Orthopädiefachgeschäft solche Probleme hat". Bezirksvorsteher-Stellvertreter Matthias Friedrich (SPÖ) befürwortet ebenfalls eine barrierefreie Lösung: "Der Bezirk wäre sogar dazu bereit, die Kosten dafür zu übernehmen. Wir hoffen sehr, dass wir uns mit dem Betreiber des Geschäfts möglichst zeitnah einigen können." Bezirksvorsteherin Silke Kobald (ÖVP) erklärt, wie es in der Speisinger Straße weitergehen könnte: "Weil der Gehsteig auf Privatgrund liegt, zieht sich das Vorhaben unglaublich in die Länge. Der Liegenschaftseigentümer wird uns Ende Juni das Ergebnis seiner Kundenbefragung mitteilen. Wir hoffen sehr, dass die Umgestaltung dann endlich zustande kommen wird."
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