Hat Schreibschrift ausgedient?
In der Schweiz wird die Schreibschrift nicht mehr gelehrt. Pädagoginnen nahmen dazu Stellung.
HOLLABRUNN (jm). Die Schreibschrift, die in der zweiten Klasse VS gelehrt wird, wurde in der Schweiz heuer abgeschafft. Schweizer PädagogInnen sahen mehr die Vorteile einer teilverbundenen Basisschrift und verabschiedeten sich ohne großes Aufsehen von der „Schnürlischrift“. In Finnland verschwand sie vor einem Jahr von den Lehrplänen der Grundschulen. Das Erlernen des Tastaturschreibens sei die Kulturtechnik von heute, sagen die Bildungsverantwortlichen in diesen Ländern.
Schulschrift und Feinmotorik Maria Müller-Pflügl, Direktorin der VS Pulkau: "Unsere Schulschrift ist ohnedies schon sehr vereinfacht und ähnelt der Druckschrift. Das Erlernen ist sicher zeitaufwändiger, es wird aber gleichzeitig die Feinmotorik geschult. Schüler-Innen erreichen mit der Schreibschrift ein höheres Schreibtempo als mit der Druckschrift", ist die Erfahrung der Pädagogin, die sich gegen eine Abschaffung der Schreibschrift ausspricht.
Auch die Retzer VS-Direktorin Susanne Zlöbl sieht keine Veranlassung, die österreichische Schulschrift abzuschaffen. "Sie wurde 1995 ohnehin ziemlich entschnörkelt, sodass sie für SchülerInnen kein feinmotorisches Problem mehr darstellt", so Zlöbl. Dipl.-Päd. Gudrun Oberstaller (VS Pleissing) sieht in der Schreibschrift eine Kulturtechnik, die auch weiterhin erlernt werden sollte. "Die Schulschrift ist ein Grundstock und auf dieser Basis sollen die SchülerInnen ihre individuelle Handschrift entwickeln", ist die Pädagogin überzeugt.
Schreiben besser als Tippen
Befürworter der Schreibschrift befürchten mit deren Abschaffung den Verlust einer Kulturtechnik. In Studien wird der klassischen Handschrift ein besseres Zeugnis ausgestellt als dem Eintippen in eine Tastatur. Beim Handschreiben würden entsprechende Hirnregionen besser aktiviert. Wer mit der Hand schreibt, sei verstärkt dazu gezwungen, die Informationen im Kopf zu bearbeiten und damit auch zu verstehen.
Student lernte Schreibschrift
Von einer bemerkenswerten Erfahrung berichtet der Zellerndorfer Student Stefan Kahrer: "Ein Freund machte seine Aufzeichnungen bei den Uni-Vorlesungen in Druckschrift, die Schreibschrift hatte er mittlerweile "verlernt". Weil er aber mit der Druckschrift tempomäßig nicht mehr mitkam, begann er sich wieder für die in der Volksschule erlernte Schreibschrift zu interessieren, übte sie und schaffte ab nun die Mitschriften bei den Vorlesungen."
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