PISA-Ranking nicht überbewerten

- Schüler beim PISA-Test: Leider wurde dem Test der Druck genommen, wie Alfred Diem anmerkte.Foto: Josef Messirek
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Warum österreichische SchülerInnen Bildungsdefizite haben, fragten wir BSI
a. D. Alfred Diem.
BEZIRK (jm). Er war sieben Jahre Bezirksschulinspektor von Wien/Umgebung, hatte ca. 60 Pflichtschulen und 800 LehrerInnen zu betreuen: der Hollabrunner Regierungsrat Alfred Diem. Im Gespräch mit den Bezirksblättern nahm der pensionierte Schulmann Stellung zu der jüngst veröffentlichen Auswertung der PISA-Studie.
Elf Prozent haben Lerndefizite
Als einen Grund – neben vielen anderen Gründen - führt Diem die Multiple-Choice-Fragetechnik an, bei der zu einer Frage mehrere vorformulierte Antworten zur Auswahl stehen. „Diese Methode war unseren SchülerInnen wenig bekannt.“ Auch ausreichende Motivation fehlte den KandidatInnen, denn sie erhalten keine Note und kein Ergebnis. „Man wollte dem Test den Druck nehmen, hat ihm dabei aber jeglichen Anreiz genommen“, so der Inspektor. Das Ranking dürfe man trotz allem nicht überbewerten, weil oft nur wenige Punkte für einen besseren Platz fehlen.
Fällt uns System auf den Kopf?
Mit der NMS sei man in Österreich grundsätzlich auf dem richtigen Weg, um auch bei PISA besser abzuschneiden. „Sie darf aber kein Etikettenschwindel sein“, analysiert der Schulmann die Situation der NMS. „Es müssen die finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Wenn aber bei der Bildung gespart wird, keine Lehrkräfte aus HAK oder HTL als Zweitlehrer eingesetzt werden, keine SonderpädagogInnen, SchulpsychologInnen oder SozialarbeiterInnen zur Verfügung stehen, dann fällt uns das System auf den Kopf.“
Schule restlos überfordert
„Wenn Österreich bei einer Olympiade schlecht abschneidet, wird der Ruf nach mehr Turnstunden laut. Versagt das Elternhaus, muss die Schule einspringen. Es wird so viel in die Schule hineingetragen, was nicht ihre Aufgabe ist“, so Diem. Dazu komme noch die fehlende Ausbildung vieler Lehrer beispielsweise für das Teamteaching. „Es muss Bestandteil der Ausbildung sein, wie die beiden LehrerInnen in der Klasse zu agieren haben.“
DirektorInnen brauchen Sekretärinnen, die sie von der Büroarbeit entlasten. „Ein Direktor muss sich voll seiner pädagogischen Aufgabe widmen können, denn er ist eine zu teure Kanzleikraft.“ Diem ist überzeugt, dass trotz einiger schwarzer Schafe die österreichische Schule vom Engagement der LehrerInnen lebt.
Mit BSI a. D. sprach BB-Mitarbeiter Josef Messirek.


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