Protest vor der Akademie
Philipp Muerling setzt ein Zeichen für Barrierefreiheit
Philipp Muerling protestiert seit rund zwei Monaten für Barrierefreiheit an der Wiener Akademie der Bildenden Künste auf dem Schillerplatz. Mit einem Kunst-Protest, bei der er sich am Geländer die 14 Treppen hinaufzieht, will er ein Zeichen für mehr Barrierefreiheit setzen.
WIEN/INNERE STADT. 14 – das ist die Anzahl der Treppen beim Haupteingang vor der Akademie der Bildenden Künste am Schillerplatz in Wien. Diese 14 Stufen sind auch der Grund, warum sich der Uni-Alltag für Muerling anders anfühlt, als für die anderen Kunst-Studierenden. Im Rollstuhl sitzt Muerling bereits seit über zehn Jahren, vor Kurzem ist er auf einen elektrischen Rollstuhl umgestiegen, denn seine Krankheit kommt schleppend, wie er erzählt: "Irgendwann ist die Wut einfach so groß geworden, dass ich etwas dagegen machen wollte", so der Kunststudent.

- Diesen Seiteneingang benutzt Muerling um in sein Atelier oder die Vorlesungen zu kommen. Vom Treiben beim Haupteingang der Uni bekommt er hier nicht viel mit.
- Foto: Julia Schmidt
- hochgeladen von Julia Schmidt
Um ein Zeichen zu setzen, zieht sich der Kunststudent mehrmals die Woche am Treppen-Geländer der Universität hinauf und dokumentiert seinen Kunst-Protest via Instagram. "Ich denke die Message ist angekommen. Ich habe diese Maßnahme des Kunst-Protests gewählt, um den Menschen zu zeigen, was es bedeutet, wenn ein paar Treppen so ein großes Hindernis darstellen", erklärt Muerling.
Ein Zeichen für alle setzen
Dabei geht es ihm nicht nur um seine eigene Mobilität: "Ich will ein Zeichen setzen, auch für künftige Studierende und alle andere, die es schwer haben oder es nicht schaffen, die Treppen zu benutzen!" Der einzige barrierefreie Eingang, den er benutzen könnte ist der auf der Seite des Gebäudes "zwischen den Mülltonnen", wie der Student mit einem etwas verzweifelnden Lächeln erzählt.

- Muerling geht es vor allem darum ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen für mehr Barrierefreiheit – für alle.
- Foto: Max Spitzauer
- hochgeladen von Julia Schmidt
Entscheidend für eine Änderung wäre einerseits die Zustimmung der Akademie und andererseits das Go von dem Eigentümer des Gebäudes, der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). "Es gab bereits mehrere Gespräche. Geführt haben diese aber bislang zu nichts", erzählt er. "Das Gebäude sei zu alt, die Umbauten zu teuer und es wurde gerade erst renoviert", sind die Begründungen, die Muerling bei den Gesprächen mit der BIG und der Akademie zu hören bekommt.

- Bei der Renovierung wurden überall Türöffner angebracht. Für Muerling ein Schritt in die richtige Richtung.
- Foto: Julia Schmidt
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Die Uni stehe jedoch hinter ihm und unterstützt die Aktionen des Künstlers, wie sie auf eine Anfrage der BezirksZeitung äußern. Zudem heißt es vom Vize-Rektor der Akademie, Werner Skvara: "Ideen gibt es, über diese haben wir auch schon erste Vorstudien erstellt. Wie jede bauliche Maßnahme müssen sie auf ihre Machbarkeit hin überprüft werden und dann mit der Bundesimmobiliengesellschaft, allen zuständigen Baubehörden und dem Bundesdenkmalamt sowie mit weiteren externen Expertinnen und Experten abgestimmt werden."
Neue Art des Protests
"Ich will nicht, dass sich die Leute auch so abmühen müssen wie ich, ich will den Leuten nur klar machen, was es heißt so viele Barrieren im Leben zu haben. Oft fühle ich mich einfach nicht als Teil der Gesellschaft." Und der Begriff "Abmühen" ist hier noch gelinde ausgedrückt, denn Muerling hat nach den rund 20 Mal der Performance bereits starke Schmerzen an den Gelenken und Schürfwunden am Körper.

- Bei der Eröffnung seiner Ausstellung wurde Muerling via Live-Stream von den Treppen beim Haupteingang zu geschalten.
- Foto: Julia Schmidt
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Aus diesem Grund pausiert er mit seinem Unterfangen, seiner Protest-Performance, nun auch: "Ich möchte meinem Körper einen Pause gönnen. Denn es ist nur nicht physisch anstrengend, sondern auch psychisch", erklärt Muerling. Ganz lassen möchte er den Protest aber nicht: Vor Kurzem eröffnete er nämlich eine Ausstellung mit seinen Werken, auf denen es um die Protest-Aktion geht.
Und auch die Ansprache des Künstlers war ein Zeichen des Protest: Denn er wurde via Facetime zu der Eröffnung im zweiten Stock des Gebäudes zugeschaltet. Muerling blieb vor den Treppen am Schillerplatz. Ab dem Frühjahr möchte er dann weiter machen mit seinem aktiven Protest auf den Stiegen.

- Seine Ausstellung beschäftigt sich mit dem Thema Barrierefreiheit.
- Foto: Julia Schmidt
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Auf die Frage, ob er sich vorstellen könnte, dass sich etwas ändert, erwidert der Künstler: "Ich hoffe es sehr. Ich will nicht immer abwägen müssen, ob es sich auszahlt, mit meinen Kollegen in der Pause in den Park vor der Uni zu gehen, weil der Weg so mühsam ist. Ich denke aber: die Hoffnung stirbt zuletzt!"
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