Interview
Frau Mickel will Platz eins in der Josefstadt zurück
Jahrelang war die ÖVP stärkste Kraft im Bezirk – bis 2020 die Grünen übernahmen. Wie will man zurückkehren?
WIEN/JOSEFSTADT. Von 2010 bis 2020 hat Veronika Mickel die Josefstadt als Bezirksvorsteherin geprägt. Natürlich will sie das gerne wieder tun. Aber auf welche Themen will sie und die ÖVP setzen? Dies ist der Auftakt zu einer Reihe von Politik-Interviews, zu denen im Herbst Vertreter aller Parteien der Josefstadt geladen werden.
BezirksZeitung: Frau Mickel, wie wollen Sie die Josefstadt langfristig zurückerobern?
VERONIKA MICKEL: Es ist für mich nicht die primäre Frage, wieder zurückzukommen. Wir müssen jetzt da sein für die Themen, die die Menschen bewegen. Das mach ich mit großer Leidenschaft. Da geht’s nicht um die Rolle als Bezirksvorsteherin oder Stellvertreterin. Die Leute müssen stattdessen spüren, dass wir an ihrer Seite stehen. Natürlich haben wir den Anspruch, wieder Nummer Eins in Bezirk zu werden - aber Gott sei Dank ist der Wahlkampf noch weit weg.
Was wollen Sie dann aktuell im Bezirk bewegen?
Aktuell brennt den Menschen eines unter den Nägeln: das Energie-Thema. Aber sie spüren nicht, dass die Geschwindigkeit - sei es auf Bezirks, Landes, oder Bundesebene, die richtige ist. Es geht alles viel zu langsam.
Mehr Photovoltaik im Bezirk
Was kann die Josefstadt da tun?
Wir sind der kleinste Bezirk in Wien. Wir können zeigen, wie eine vernünftige ökologisch sinnvolle und leistbare Energiezukunft im innerstädtischen Bereich ausschauen kann. Mehr Photovoltaikanlagen sind zum Beispiel eine Möglichkeit, wir könnten damit viele Teile unseres Bezirkes autark versorgen!
Als Bezirk hat man ein begrenztes Budget, man kann nicht alle Dächer zu Photovoltaik machen. Das heißt, Sie wollen mehr Druck machen?
Es braucht eine Strategie und die muss erarbeitet werden. Der Bezirk, das ist die Stärke der Kommunalpolitik, kann außerdem die richtigen Leute zusammen bringen. Man kann nicht alles mit Geld lösen. Man muss Menschen zusammenbringen und motivieren. Das kann man im persönlichen Gespräch und wenn man die richtigen Experten zur Verfügung stellt, welche sie unterstützen können. Die Menschen wissen ja oft nicht, an wen Sie sich wenden sollen, auch im Bezirk. Hier wollen wir ein Forum schaffen.
Dazu kommen bei einer Strategie mittelfristige Angelegenheiten: dass man für eine Photovoltaik-Offensive im innerstädtischen Bereich zum Beispiel Kartierungen anlegt und schaut, wo die optimalen Dächer sind. Das könnte man jetzt angehen. Das wollen wir von der Bezirksvorstehung einfordern.
Bürgerbeteiligungen, aber "richtig"
In der Josefstadt fällt oft auf, dass es viele Überschneidungen zwischen ÖVP und Grünen gibt, was "grüne" Themen betrifft. Wo sehen Sie eigentlich die Unterschiede?
Das Energiethema, da habe ich bisher keine Initiative gesehen. Und ein zweites Thema ist jenes der Bürgerbeteiligung. Wir sehen es bei den Projekten, die gerade am Laufen sind: Da ist etwa die Gestaltung des Schulvorplatzes in der Pfeilgasse. Das ist aus meiner Sicht kein schönes Beispiel.
Warum?
Ich muss Menschen und ihre Inputs ernst nehmen. Erstens wurde zu wenig begrünt und eine kleine Grünfläche wurde einem Radweg geopfert, was viele ärgert. Und die Leiterinnen der Schulen in der Pfeilgasse wünschten sich zum Beispiel, dass sie einen Bereich abschließen können. Das leuchtet ja jeden ein. Wenn ich Volksschulkinder habe, kann ich einen Platz nicht so einfach ganz offen halten. Aber das ist nicht gehört worden, weil es heißt, der Platz ist für alle Menschen da. Hier stehen die Vorstellungen der aktuellen Bezirkspolitik über dem, was von Betroffenen gewünscht wird.
Die ÖVP und das Fahrrad
Die ÖVP hat auch am Matthias-Hauer-Platz kritisiert, dass dort keine "Radschnellstraße" kommen soll, hier läuft die Beteiligung noch und ein Radweg gilt ohnehin als nicht umsetzbar. Gewichten die Grünen das Radfahren höher als die ÖVP?
Was ich höher gewichte ist ein gutes Miteinander. So, wie Projekte in der Josefstadt durchgezogen werden, kommt es zu Verunsicherung. Die Leute hören in der Pfeilgasse, hier geht’s um den Radweg. Nein, darum geht es nicht, die schwächsten in der Gesellschaft sind die Kinder, das heißt, ein Projekt in dem Bereich muss auf die Kinder fokussiert sein.
Also sind in Radfahrer und Radfahrerinnen weniger wichtig?
In Wahrheit ist für die Radfahrer aktiv noch nicht viel geschehen. Wenn Radfahren eine Priorität für die Bezirksvorstehung ist, dann ist aus meiner Sicht nicht viel passiert.
Wenn sie drei Projekte ganz schnell umsetzen könnten, welche wären das?
Zuerst die Photovoltaik-Offensive, dann eine Bürgerinfo- und Befragung zum Mathias-Hauer-Platz und schließlich Wasserstoffbusse auf der Linie 13 A.
Wasserstoffbusse?
Wir kämpften immer dafür, den 13 A ökologischer zu gestalten. Und das ist nun eine coole Idee unserer Jugendorganisation. Es gibt jetzt Testfahrten, und ein Testbetrieb des 13 A wäre eine gute Sache. Da kann man auch vorstellen, wie wir uns die Zukunft einer sicheren, ökologischen Energieversorgung vorstellen.
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