Antisemitismus im Achten
Kunstprojekt startet Debatte um den Hamerlingpark

Die Ottakringerin Julia Hovorka möchte ein Schlaglicht auf Robert Hamerling werfen, nach dem ein Platz und ein Park im 8. Bezirk benannt sind. | Foto: Tobias Schmitzberger
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  • Die Ottakringerin Julia Hovorka möchte ein Schlaglicht auf Robert Hamerling werfen, nach dem ein Platz und ein Park im 8. Bezirk benannt sind.
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Der Hamerlingplatz mit seinem gleichnamigen Park ist ein zentraler Ort im 8. Bezirk. Doch wurde dieser Platz im Jahr  1904 nach einem Autor benannt, der unter anderem zwei stark antisemitisch durchsetzte Bücher geschrieben hat. Ist es noch zeitgemäß, einen Platz nach Hamerling zu benennen?

WIEN/JOSEFSTADT. Wenn ein Autor die folgenden Worte heutzutage schreibt, würde wohl ein öffentlicher Aufschrei ausbrechen: "Leicht ist's, Juden zu verschlingen, aber schwer, sie zu verdauen!" Wenn besagter Autor dann auch noch über einen angeblich spezifischen Geruch von jüdischen Menschen schreibt oder von christlichen Kindern, die mutmaßlich von Juden verschleppt wurden – dann würde man ganz klar von Antisemitismus sprechen.

Robert Hamerling, ein "Star-Autor"

Genau so schrieb aber Robert Hamerling vor rund 135 Jahren, nach welchem einige Jahre nach seinem Tod ein Platz samt Park in der Josefstadt benannt wurde: Der Hamerlingplatz und Hamerlingpark.  Das ist nicht ungewöhnlich, war er im 19. Jahrhundert doch einer der meistgelesenen Dichter seiner Zeit. 

Doch vor allem Hamerlings zwei großen Werke "Homunculus" und "Ahasverus in Rom" wimmeln nur so von antisemitischen Vorurteilen. Dazu dürfte er auch ein problematisches Frauenbild gepflegt haben. "Bei grober Durchsicht einiger Werke fällt auf, dass Hamerling Frauen entweder als alt und hässlich oder als dunkelhäutig und verführerisch darstellt", schreibt so etwa der Historiker Peter Autengruber in einem Aufsatz.

Der Hamerlingpark hat einen problematischen Namensgeber. | Foto: Fischer
  • Der Hamerlingpark hat einen problematischen Namensgeber.
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Was freilich die Frage aufwirft: Ist es 2022 wirklich noch sinnvoll, wenn Orte Hamerlings Namen tragen? Julia Hovorka würde das klar mit "Nein" beantworten. Die Ottakringerin ist Studentin an der Akademie der Bildenden Künste und hat sich in ihrer Bachelorarbeit mit Hamerling auseinandergesetzt. "Ich frage mich, warum solche Menschen heute noch so präsent sein müssen", sagt sie: "Überhaupt, wenn den Hamerling heute eh niemand mehr kennt."

170 problematische Straßennamen in Wien

Deshalb wäre sie dafür, solche problematischen Flächen umzubenennen – nicht nur in der Josefstadt, sondern auch in Wien. Denn Hamerling ist nur die Spitze eines großen Eisbergs. Wie nämlich eine Wiener Historikerkommission in den vergangenen Jahren erhoben hat, gibt's in Wien satte 170 Straßennamen, die als "historisch belastet" eingestuft werden können.

So sehen die QR-Codes im Hamerlingpark aus. | Foto: Nasim Neghabat/BV 8
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Einige davon sind dabei schwerer "belastet" als andere – doch für Hovorka reicht, was Hamerling geschrieben hat. "Ich glaube außerdem nicht, dass man die Erinnerung an ihn auslöschen würde, wenn man heute die Orte umbenennt", sagt sie.

Videoinstallationen im 8. Bezirk

Um die Debatte zu diesem Thema anzustoßen, führte Hovorka daher zahlreiche Interviews über Hamerling und drehte Videos davon. Dabei sprach sie sowohl mit Historikerinnen und Historikern als auch mit Anrainerinnen und Anrainern rund um den Hamerlingplatz im 8. Bezirk.

Dabei fragte sie nach, wer der Autor war. "Damit wollte ich die Debatte kontextualisieren", erklärt die Studentin – also einerseits zeigen, wer der Dichter eigentlich ist, nachdem der Ort benannt ist. Andererseits zeigen die Interviews auch, was die Anwohnerinnen und Anwohner noch von Hamerling wissen.

Die Videos werden nun im Rahmen einer fixen Kunstinstallation am Hamerlingpark in der Josefstadt gezeigt, wobei sie von Bezirksvorsteher Martin Fabisch (Grüne) unterstützt wurde. Mehrere Tafeln mit QR-Codes verweisen dort auf einen Youtube-Kanal, wo die Interviews zu finden und anzuschauen sind. 

"Kann man heute nicht so stehen lassen"

Einer der Interviewten war etwa der Historiker Awi Blumenfeld, der selbst Sohn zweier Holocaust-Überlebender ist. "Natürlich war Hamerling ein Kind seiner Zeit und hat einen Antisemitismus vertreten, der damals gerade auch im Bürgertum weit verbreitet war", so Blumenfeld zur BezirksZeitung: "Aber mit seinen Werken hat er auch dazu beigetragen, dass eine antisemitische Atmosphäre weiter geprägt werden konnte."

Ein Video mit Awi Blumenfeld ist mittels der QR-Codes im Hamerlingpark aufrufbar. | Foto: Screenshot YouTube
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Auch er vertritt daher die Meinung, dass es nicht passt, Hamerling mit eigenen Straßen und Plätzen zu würdigen: "Man kann seine Ressentiments heute nicht mehr so stehen lassen, wie sie damals geschrieben wurden."

"Eine Zusatztafel reicht aus"

Etwas anders sieht es der Historiker Peter Autengruber. Er war ein Mitglied in der Historikerkommission, die die 170 problematischen Straßennamen in Wien erhob. Zwar zeigten sich der "Homunculus" und "Ahasverus in Rom" tatsächlich antisemitisch geprägt.

Was meinst du: Sollte der Hamerlingplatz umbenannt werden?

Aber, so Autengruber: "Weite Teile Hamerlings Werke sind auch unbelastet." Aus seiner Sicht "kommen wir in diesem Fall mit einer Zusatztafel gut aus". Das heißt aber nicht, dass Autenguber per se gegen die Umbenennung von Straßennamen ist – auch nicht im 8. Bezirk. Er verweist hier auf den chirstlichsozialen, antisemitischen Politiker Augustin Kupka, nachdem die Kupkagasse benannt wurde. Hier sei eine Umbenennung für ihn eher angebracht.

Bezirksvorsteher unterstützt Debatte

So oder so: Eine Umbenennung des Hamerlingplatzes steht ohnehin nicht an, wie Bezirksvorsteher Fabisch wissen lässt. Von der Bezirkspolitik sei schon vor längerem entschieden worden, dass eine Umbenennung nicht erfolgen solle – stattdessen hätte man sich auf eine Kontextualisierung des Ortes geeinigt. Heute hängt so etwa auch eine Info-Tafel am Hamerlingplatz.

"Da ist dann aber lange nichts passiert", so Fabisch: "Deshalb fand ich auch das Projekt von Julia Hovorka großartig und habe das sofort gefördert."

Bezirksvorsteher Martin Fabisch (Grüne) unterstützte das Projekt.  | Foto: Nasim Neghabat/BV 8
  • Bezirksvorsteher Martin Fabisch (Grüne) unterstützte das Projekt.
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Persönlich zeigt er sich in der Frage einer Umbenennung des Hamerlingplatzes zwar offen, würde aber nur den Hamerlingpark und den Hamerlingplatz gemeinsam einen neuen Namen verpassen: "Alles andere wäre ein Schildbürgerstreich, wenn der Park zum Beispiel plötzlich 'Blumenpark' und der Platz aber weiterhin 'Hamerlingplatz' heißt."

Vorläufig möchte Fabisch allerdings eher anregen, mit der Problematik anders umzugehen. "Ich fände es etwa gut, wenn in Zukunft verstärkt Lesungen von jüdischen Schrifstellerinnen und Schriftstellern passend zu diesem Thema und an diesem Ort stattfinden", so Fabisch.

Die Debatte um den Hamerlingplatz scheint also noch lange nicht abgeschlossen – vielleicht hat sie mit Julia Hovorkas Projekte auch gerade erst neu begonnen.  

Zur Sache

In Wien gibt's insgesamt vier Orte, die nach Hamerling benannt sind: neben dem Hamerlingplatz samt Hamerlingpark in der Josefstadt auch die Robert-Hamerling-Gasse in Rudolfsheim-Fünfhaus, die Hamerlinggasse in Penzing sowie den Hamerlingweg in Simmering.

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