„Augenhöhe geht verloren”
#metoo kann Opfern helfen, in der Wirtschaft aber auch Negatives bewirken – sagt eine Unternehmerin.
KLAGENFURT (vep.) Auch in der Wirtschaft ist #metoo Thema. Die Chefin von Gesa Transporttechnik und Aquafloating, Renate Sandhofer, sowie BKS-Bank-Vorstandsmitglied Dieter Kraßnitzer über das Bewusstsein in der lokalen Wirtschaft.
WOCHE: Ihre persönliche Meinung zur #metoo-Diskussion?
Renate Sandhofer: Es ist gut, dass man dieses Thema anspricht, aber der mediale Hype klammert die Seite des Mannes völlig aus. Es ist eine einseitige Sichtweise.
Dieter Kraßnitzer: Ich denke, dass die Kampagne es betroffenen Frauen erleichtert, über erlittenes Unrecht zu sprechen. Auch ist an der Debatte ein positiver gesellschaftlicher Wertewandel auszumachen. Das damit verbundene naming & shaming erscheint mir aber mitunter überzogen.
Nina Proll sagte, sie habe das Jammern der Frauen satt. Stimmen Sie ihr zu?
Sandhofer: Ich unterschreibe voll und ganz, was sie gesagt hat. Leider fordern viele Frauen auch Dinge heraus, aufgrund von Erlebtem muss ich jetzt gegen meine Gattung sprechen. Wenn das Dekolletee tiefe Einblicke gewährt, braucht man sich nicht zu wundern. Auch als Frau fällt es da schwer, nicht hinzusehen. Ich habe mit den Männern aktuell Mitleid, da sie sehr verunsichert sind.
Kraßnitzer: Frau Proll ist eine starke Persönlichkeit, die das Bild einer selbstbewussten Frau verkörpert, die ihre Grenzen zu verteidigen weiß. Unmittelbar, sofort und direkt. Das finde ich erfrischend, weil Unmittelbarkeit das tägliche Zusammenleben enorm erleichtert.
Ist sexuelle Belästigung durch Machtmissbrauch in der Wirtschaft ein Thema?
Sandhofer: Ich habe nie eine Situation erlebt, in der ich belästigt wurde oder andere sich belästigt fühlten. Weil sich Mann und Frau in der heimischen Wirtschaft auf Augenhöhe begegnen. Ich war Personalchefin von Coca Cola und 170 Mitarbeitern, auch hier gab es nie Probleme. In meinem Betrieb umarmen wir uns manchmal – als Zeichen der Wertschätzung.
Kraßnitzer: Aus meiner Wahrnehmung ist das im Kärntner Finanzsektor kein Thema. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass Banken immer schon einen hohen Frauenanteil hatten und viele Frauen hoch qualifizierte Funktionen ausüben. Die BKS Bank hat sich schon vor Jahren auf einen Code of Conduct verpflichtet, der Regeln für gutes Verhalten zwischen Mitarbeitern sowie Führungskräften vorgibt und auch eine Beschwerdestelle vorsieht.
Wird #metoo etwas verändern?
Sandhofer: Männer trauen sich zurzeit gar nichts mehr zu sagen. Dadurch geht meiner Meinung nach der unbeschwerte Umgang zwischen Mann und Frau im Arbeitsleben verloren. Man begegnete einander in der Wirtschaft zudem auf Augenhöhe, mit Achtung und Respekt. Diese Augenhöhe geht durch #metoo ein Stück weit verloren.
Kraßnitzer: Ich glaube, dass die #metoo-Debatte die Aufmerksamkeit für einen korrekten Umgang miteinander schärft.
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