Darf’s ein bisserl mehr sein?

Harmonisches Tochter-Vater-Gespann auf Achse. „Reich werden können wir mit dem fahrenden Laden nicht, aber es ist ein sicherer Arbeitsplatz und für uns der einzig vorstellbare“, sagen die Baders und man glaubt es den beiden aufs Wort. | Foto: Cornelia Grobner
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Schon wieder vereist. Werner Bader grummelt vor sich hin, springt aus dem weißen Kastenbus und schlägt die Wischer gegen die Fensterscheibe. Weiter geht die Fahrt. Die Richtung entnimmt Tochter Beate dem „g’scheit’n Buch“. Es ist ein fast normaler Arbeitstag für die beiden mobilen Greißler. „Fast“ deswegen, weil Kälte und Schnee ihren Tribut fordern – bei den Kunden wie den fahrenden Kaufleuten gleichermaßen ...

BEZIRK TULLN/BEZIRK KORNEUBURG/KLOSTERNEUBURG. „Mandeln wollen Sie?“ Werner Bader putzt sich die dicken Schneeflocken von der Jacke, während er die Seitentüre aufschiebt und die Sicht auf die akkurat geschlichteten Waren freigibt. „Die haben’s mir schon genommen, als ich noch in die Schule gegangen bin.“ Der 55-Jährige lacht laut. Tochter Beate grinst und zieht das gewünschte Packerl aus dem Regal.

Der Schmäh rennt, sobald die Baders hupend vor dem Haus des jeweiligen Kunden halten. Schön sei das, schwärmt Frau D. aus Königstetten, während sie „Frau Beate“ ihren Einkaufszettel in die Hand drückt: „Sonst könnte ich nicht einkaufen und müsste nur wieder meine Nichte deswegen sekkieren.“ Zwei Liter Milch, eine Tafel Kochschokolade, Germ, zehn Eier,... – Beate Bader zögert bei keinem Handgriff. Ihre Hände sausen von einem Eck ins andere. Während die Tochter die Lebensmittel in den Korb schlichtet, notiert der Vater die Preise auf einem kleinen Block. Er kennt alle auswendig. „Das macht dann 42,60 Euro.“ Frau D. kramt einen Fünfziger aus der Jackentasche, eine Hand fest auf ihre Krücke gestützt. „Bitte nehmt’s mir nächstes Mal eine Zitronade mit ... und, genau: die Frau K. mag nicht runterkommen, weil es ihr zu rutschig ist.“ Werner und Beate Bader nicken.

Lebenstraum auf vier Rädern
Frau K. ist schlecht auf den Beinen, sie ist seit Jahren Stammkundin. Vor ihrem Haus hupt Werner Bader heute nicht. Stattdessen schaut seine Tochter auf einen Sprung zu ihr hinein, holt die Einkaufsliste und bringt die gewünschten Waren ins Haus. Sie macht das einfach so, ohne viel Aufhebens.
Die Baders wohnen im Bezirk Korneuburg, in Niederrußbach. Vor zehn Jahren hat der gelernte Bäcker Werner Bader das fahrende Greißlertum zu seinem Beruf gemacht. Mittlerweile bietet er seine Waren nicht nur im Heimatbezirk, sondern auch im Tullnerfeld, in Klosterneuburg und im Marchfeld an.

Was im Supermarkt die lockenden Sonderangebote sind, übernehmen die fahrenden Bader-Greißler selbst. Sie preisen die Waren in Marktmanier an. Und so ein bisserl Faschiertes, zwei Krapfen oder ein frisches Häuptel Salat gehen immer noch. Reich werden können sie in ihrem Gewerbe trotzdem nicht. Aber es reicht gut zum Leben und macht umso mehr Spaß. Für Werner Bader ist der fahrende Greißler so etwas wie der erfüllte Lebenstraum. Und auch die 30-jährige Beate Bader kann sich keinen anderen Beruf vorstellen: „Das will ich bis zur Pension machen. Am Schreibtisch ruhig sitzen und den ganzen Tag in den Computer schauen, das wär’ nichts für mich.“ Gut für die, die auf den Supermarkt auf vier Rädern angewiesen sind. Besonders seit die kleinen Greißler – 1975 gab es 6.000 in Niederösterreich, heute sind es nur mehr knapp 600 – den großen Supermarktketten weichen mussten. Denn Letztere haben es sich nicht selten an den Ortsrändern bequem gemacht und sind gerade für ältere Menschen, die nicht (mehr) Auto fahren, zu Fuß nur schwer oder überhaupt nicht erreichbar.

Mittwoch ist ein schwerer Tag
Nächster Stopp Wolfpassing. Im Schneegestöber werden Einkaufslisten, Waren und Geld ausgetauscht. Heute ist ein schwerer Tag. Nicht nur wegen des Wetters. Der Mittwoch hat schon um halb vier begonnen: Waren nachschlichten, Feinkost frisch schneiden und verpacken, Einkaufsliste durchgehen. Dann die Fahrt durch die Ortschaften im Tullnerfeld, zum Schluss noch ein längerer Halt am fixen Standort in Höflein. Trotz mehrerer Schichten an Pullovern und warmen Fleecejacken heißt es für die beiden durchgefrorenen Baders an diesem Tag noch lange nicht Feierabend, sondern ab zum Großmarkt. „Aber so ist ja nicht jeder Tag“, winkt Beate Bader ab. Optimismus als Berufsvoraussetzung sozusagen. Sie blättert in dem schwarzen, dem „g’scheit’n“ Notizbuch. „Herr M. ist der nächste“, sagt sie in Richtung ihres Vaters. Auf nach Hadersfeld.

Und nebenbei noch „Sozialarbeiter“
Es gehört zu dem Job der beiden, mehr als ein normaler Supermarkt zu bieten. Dazu gehört nicht nur der Service, bis zur Haustüre zu fahren, sondern auch, sich ein paar Minuten mit den Kunden auszutauschen. So wissen die Baders dann von nicht wenigen, welche kleinen und großen Wehwehchen und Sorgen diese plagen. „Manchmal komm’ ich mir wie ein Sozialarbeiter vor“, grinst Werner Bader, rückt sich seine weiße Kappe zurecht und lenkt den Bus auf die Hauptstraße zurück. „Aber das mag ich – mit den Leuten reden.“

Cornelia Grobner

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