"Druck auf Schüler steigt an"
Die Bezirksblätter haben Nachhilfe-Institute in der Region in der "heißen Phase" besucht.
BEZIRK WIEN-UMGEBUNG (cog, tw). Zu Beginn dieser Woche entschied sich das Schicksal von 6.500 jungen Niederösterreicher-Innen, die sich in den Ferien auf einen Nachzipf vorbereiten mussten. Dabei haben sich die Betroffenen möglicherweise nicht nur die Ferien verhaut, sondern auch die Finanzen der Eltern ordentlich belastet. Laut einer AK-Studie geben diese im Schnitt 670 Euro für Nachhilfe aus, pro Stunde fallen zwischen 15 und 37 Euro Kosten an (siehe Artikel rechts).
Sitzenbleiben abschaffen?
Seit sieben Jahren gibt es das "Lernquadrat" in Klosterneuburg, wo rund 300 SchülerInnen pro Jahr betreut werden. Institutsleiter Peter Grötz will das Sitzenbleiben an sich nicht verteufeln: "Wenn Sitzenbleiben abgeschafft wird, löst das damit die Probleme nicht." Die Gründe für einen Leistungsabfall seien unterschiedlich: "Das kann familiäre Hintergründe wie ein Todesfall oder eine Scheidung sein, aber es gibt auch Ursachen in der Schule wie etwa Mobbing", so der Nachhilfe-Fachmann.
Druck nimmt zu
"Wir stellen fest, dass der Druck in unserer Leistungsgesellschaft sowohl auf die Jugendlichen als auch auf die Familien insgesamt zugenommen hat", meint er. Eine Zunahme der Nachfrage hat man im "Lernquadrat" durch die neu geforderte Kompetenzorientierung im Lehrplan gemerkt: Unterricht und Anforderungen an SchülerInnen seien oft zu wenig aneinander angepasst. "Das ist nicht unbedingt ein Vergehen von Schule und LehrerInnen, sondern der Grund ist in einer Bildungspolitik zu suchen, die beim Unterricht spart", kritisiert Peter Grötz.
Leidtragende sind dann oft die Eltern, weiß Ilse Reither, Inhaberin der Schülerhilfe Purkersdorf: "Traditionell sind die Eltern Nachhilfelehrer der Kinder, aber irgendwann wollen sie sich nichts mehr sagen lassen. In manchen Familien ist das jeden Tag ein Krieg." Daher könne professionelle Nachhilfe nicht nur den Notenschnitt, sondern auch das Familienklima entlasten.
ZUR SACHE: Nachhilfe kostet 670 Euro pro Kind
Jeder fünfte Haushalt mit Schulkindern hat im laufenden Schuljahr bzw. letzten Sommer bezahlte Nachhilfe in Anspruch genommen. Im Schnitt zahlen die Eltern 670 Euro dafür, hochgerechnet auf alle Haushalte sind das 19 Millionen Euro im Jahr. Weitere sieben Prozent haben unbezahlte Nachhilfe (z. B. bei Verwandten). Am meisten ist Nachhilfe in Mathematik und bei Fremdsprachen nötig.
Die Kosten für den Schulbesuch der Kinder empfinden 97 Prozent der Familien als Belastung, Alleinerzieher und Familien mit niedrigem sozialen Schichtindex jedoch deutlich stärker als der Rest. Um die Belastungen zu mindern, fordert die Arbeiterkammer NÖ den Ausbau einer qualitativ hochwertigen schulischen Nachmittagsbetreuung – ohne dass die Eltern tief in die Tasche greifen müssen.
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