Post von unseren Lesern
Astrid Weiß-Fanzlau über die Schließung des TRAteliers in Stockerau:
"Was bedeutet Kultur für eine Gesellschaft?
Was bedeutet es für eine Stadt, wenn seine BewohnerInnen sich in ihr wohlfühlen, gerne dort einkaufen, dort essen gehen, dort fort gehen? Wenn die Kinder alles für sie wichtige zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen – ohne dass die Eltern täglich Taxi spielen müssen? Was bedeutet es für eine Stadt, wenn man dort ins Kino und ins Theater gehen kann, die Schulen Veranstaltungen machen, die alle gerne besuchen, junge KünstlerInnen ihre ersten Auftritt vor Familie und Freunden machen können?
Die Bedeutung ist wohl nicht messbar, nicht in Zahlen. Aber sehnt sich nicht jeder Mensch nach Lebensqualität? Und wollen nicht viele Leute gerne die Zeit außerhalb der Arbeit gleich vor Ort genießen, sich in ihrem Wohnort erholen, FreundInnen treffen? Eine gesunde Stadt bietet ihren Menschen viele Möglichkeiten, in ihrer Stadt auch gerne zu leben.
Warum gibt es dann überhaupt Städte, die wir Schlafstädte nennen? Warum verschwinden kleine Geschäfte aus dem Zentrum und weichen den immer gleichen, großen Ketten, die uns uniform kleiden? Warum haben manche Städte kein richtiges Zentrum, das gemütlich ist und einlädt, sich im Schatten auf eine Bank zu setzen und dem fröhlichen Treiben der Menschen zuzusehen? Warum müssen in manchen Städten kleine Kulturbetriebe ums Überleben kämpfen, mit wenig bis keiner Unterstützung ihrer Gemeinde, während andere ihr Veranstaltungsangebot ungestraft über die gesetzliche Sperrstunde ausdehnen dürfen?
Darauf habe ich keine Antwort. Ich kann nur aus dem Bauch heraus sagen: Das ist nicht gesund. Da fehlt was. Da vermiss ich was.
Und ich werde das TRAtelier vermissen. Und mit mir einige hundert andere. Dieses kreative Lokal ist nicht für alle was, das ist klar. Aber das macht die Vielfalt in unserer Stadt aus: Ich kann wählen, wohin ich gehe. Dem TRAtelier verdankt Stockerau einen gepflegten und wiedererwachenden Gewerbehof, in dem, Dank des Hofcharakters, Kinder sorglos spielen können und Gäste sich im Freien unterhalten können, ohne vom Autolärm gestört zu werden.
Was bleiben wird, ist eine weitere Leerstelle in Stockerau. Die Innenstadt wird wieder ein bisschen mehr ausgedünnt, auf Kosten der lebendigen Initiative, zu Gunsten der kommerziellen Peripherie."
Astrid Weiß-Fanzlau
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