Vor 100 Jahren – 10. November 1916
Was vor 100 Jahren in der Wochen-Zeitung für das Viertel unter dem Manhartsberge stand:
"Neugierige Frauen, die nichts zu tun haben… Es gibt in unserer Stadt Frauen, die eine besondere Art haben, ihre ans Erstaunliche grenzende Neugierde zu befriedigen. Sie sind bei jedem Begräbnisse, sei es aus zivilem oder militärischem Kreise, auf dem Friedhofe, stehen unmittelbar am Grabe und sehen den Leidtragenden aus nächster Nähe in das Gesicht, ob sie oder er Tränen in den Augen haben und ob diese Tränen auch über das Gesicht kollern. Es sieht gerade so aus, wie wenn diese Furien das höchste Empfinden dabei hätten, wenn bei den Leidtragenden der Trennungsschmerz sich Bahn bricht. So auch am Allerheiligentage. Ein Soldat, der sein Leben auf dem Felde der Ehre hingab, wurde auf dem Heldenfriedhofe beigesetzt. Drei Leidtragende aus seiner Familie standen am Grabe des teuren Toten, beteten und weinten still. Unsere Friedhofskibitze standen so nahe den armen Frauen, daß ihr Atem fast deren Wangen streifte und glotzten ihnen so lange ins Gesicht, bis sich die Bemitleidenswerten entfernt hatten. Nicht genug damit, kaum waren die Leidtragenden vom Grabe weg, als sogleich eine der Neugierigen den über das offene Grab gelegten Laden hob. Was sie dort unten sehen wollte? Sie muß es wissen. Es gibt eben Menschen, die auf nichts so sehr erpicht sind als auf die Dinge, die sie nichts angehen."
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