Neue Oper Wien
Literaturklassiker in modernem Gewand
Mit drei österreichischen Erstaufführungen startet die Neue Oper Wien in die Saison. Stücke von Kushner, Schnitzler und Goethe wurden innovativ für die moderne Opernbühne in die Gegenwart geholt.
LANDSTRASSE. Was nicht jedem Landstraßer bekannt sein dürfte: Hinter hohen Garagentüren eines ebenerdigen Hauses in der Keinergasse befindet sich die Probebühne der Neuen Oper Wien. In dieser Basisstätte der Operngruppe, die über keine feste Spielstätte verfügt, wurde nun das Programm der neuen Saison präsentiert. "Wir haben drei Produktionen erarbeitet, die in Österreich erstaufgeführt werden", erklärt Intendant Walter Kobéra vor zahlreichen Opernfans und Medienvertretern und gibt in einem Video Einblicke in die Proben von "Angels in America", "Der Reigen" und "Proserpina".
"Auf den ersten Blick sind es sehr unterschiedliche Opern, aber sie thematisieren alle die Gefühlskälte der Gesellschaft", so Kobéra. "Als roter Faden ziehen sich durch alle drei Produktionen das Thema Empathielosigkeit. Egoismus und Respektlosigkeit nehmen heutzutage überhand. Die Gletscher schmelzen, aber wir Menschen vereisen."
Homosexualität und griechische Mythologie
So wird in "Angels in America", einer Oper, die 2004 von Peter Eötvös nach dem Theaterstück von Tony Kushner komponiert wurde, ein respektvolles Miteinander thematisiert. "Das Stück wurde in den Achtzigern geschrieben und spielt im New Yorker Schwulenmilieu", führt Opernregisseur Matthias Olga aus. "Wir sehen Vieles vierzig Jahre später anders, aber trotzdem hat das Stück nichts an Aktualität verloren. Wer nach dieser Oper mit dem Satz "Schwul ist blöd" hinausgeht, hat kein Herz." Thematisch passend werden bei der Premiere, die am 26. September 2019 in der Halle E des Museumsquartiers stattfindet, Spenden für das AIDS Haus Wien gesammelt.
Auch in "Der Reigen", einer modernen Oper des Österreichers Bernhard Lang nach dem Theaterstück "Reigen" von Arthur Schnitzler, steht Empathielosigkeit im Vordergrund. Musikalisch ist "Der Reigen" durch Loops – mehrmalige Wiederholungen einzelner Worte – etwas sperrig, wie eine Live-Einlage zeigt. "Modernes Repertoire ist für das ungewohnte Ohr schwierig", so Kobéra. "Bekannte Opern sind rückwärtsgewandt, museal. Man sollte aber gierig nach Neuem zu sein." Entstaubt wurde von Komponist Wolfgang Rihm auch Goethes Melodram "Proserpina" nach der griechischen Sage der Persephone, die von ihrer Mutter an die Unterwelt verkauft wurde. "Das Schwierige bei dieser Produktion war, eine Sängerin zu finden, die Proserpina nicht nur spielt, sondern an diesem Abend ist", erklärt der Intendant. "Da kam mir gleich die Sopranistin Rebecca Nelsen in den Sinn." Wer sich von Walter Kobéra Wahl überzeugen möchte, hat ab 22. Juni 2020 in der Kammeroper am Fleischmarkt dazu die Gelegenheit.
Den kompletten Spielplan der Neuen Oper Wien finden Sie im Internet unter www.neueoperwien.at
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