Heißes Polit-Eisen: Die Zeltstadt am Augarten
Seit Jahren demonstrieren die "Freunde des Augartens" in einer Art "Zeltstadt" am Grünstreifen vor den Toren des Wiener Augartens.
Was aus einer Demonstration gegen den mittlerweile fertig gestellten Konzertsaal der Wiener Sängerknaben, dem MuTh, entstand, hat sich zum Zankapfel in der Leopoldstadt entwickelt, der der Wiener Burghauptmannschaft als Grundstückeigner, Anrainern, Gastronomen und Politikern ein Dorn im Auge ist. Den aber politisch und exekutiv niemand so recht anfassen mag...
Zeichen des Widerstandes
"Man muss die Geschichte kennen: Es geht um den Augartenspitz und das MuTh. Und dass durch den Verbau der Grünraum gefährdet ist. Dagegen hat sich der Protest gerichtet", bricht KP-Politiker Josef Iraschko eine Lanze für die Augarten-Demonstranten. "Das Zeichen des Widerstandes finde ich großartig, nur mit den Methoden bin auch ich nicht einverstanden."
Demos ohne Demonstranten
Das MuTh ist in Betrieb. Trotzdem bleiben die Demonstranten vor Ort. Ziel ist jetzt vor allem eine weitere Verbauung des Augartens zu verhindern. Deswegen werden nach wie vor dreimal täglich per Fax Demonstrationen am Augartenspitz angemeldet. Daraus entsteht ein Zeitrahmen, der rechtlich gesehen einen Abbau der für eine Demonstration notwendigen Unterschlüpfe nicht zwingend macht.
Anrainer bestätigen, dass zu den Zeitpunkten, zu denen die Demos angemeldet sind, kein Demonstrant zu sehen sei – eigentlich ein Grund, die Zeltstadt räumen zu lassen. Ein Brand im Frühjahr dieses Jahres machte der Zeltstadt scheinbar den Garaus, doch schon stehen neue Info- und Demonstrationskabäuschen.
Pro: Die Grünen Leopoldstadt
"Die Versammlungen sind nach dem Versammlungsgesetz bei der zuständigen Behörde, der Landespolizeidirektion Wien, angemeldet", erklärt Uschi Lichtenegger, Grüne Leopoldstadt. "Die Versammlungsteilnehmer bringen manchmal Verpflegung mit, es wird nichts verkauft. Aus meiner Sicht wird dadurch das Veranstaltungsgesetz nicht umgangen. Und nicht zu vergessen: Das Recht auf Versammlungsfreiheit ist ein Menschenrecht und als solches in der Verfassung verankert!"
Nicht nur der Grundstückseigner, die Burghauptmannschaft Wien, steht dem Zustand am Augartenspitz machtlos gegenüber. Auch die Politik schiebt die Verantwortung von einem Ministerium ins nächste.
Missachtung der öffentlichen Ordnung
Bezirks-FP-Chef Ernst Neuwirth meint: "In meinen Augen gehört die Zeltstadt schon lange weg. Ich habe vor, weiter in Richtung Öffentlichkeit zu gehen. Wir leben in einem Rechtsstaat und es kann nicht sein, dass da nichts passiert. Nach dem Brand hab ich gedacht, das ist das Ende, die Zeltstadt ist weg. Und jetzt bauen sie sie wieder auf. Das ist eine Missachtung der öffentlichen Ordnung!"
Besetzung öffentlichen Raumes
"Die Wahrheit ist, die Demonstranten kampieren am Augartenspitz schon seit Jahren und in Wahrheit passiert nichts", spricht Paul Hefelle (VP) vor allem Anrainern und Gastronomen aus der Seele. "Ein Antrag auf Räumung ist durchgegangen, seitdem ist nichts passiert. In Wahrheit will sich keiner die Finger schmutzig machen. Vom rechtlichen Standpunkt her gehört der Grund der Burghauptmannschaft, im weiteren Sinne dem Wirtschaftsministerium. Die sind zwar nicht glücklich damit, haben in Wahrheit aber auch keine Handhabe und wollen die Aufregung wegen der Räumung nicht. Es klingt abgedroschen und hart, aber Recht muss Recht bleiben. Ich kann demonstrieren und mich aufregen. Aber ich kann nicht fünf Jahre lang den öffentlichen Raum besetzen!"
Ärger der Anrainer Und Gastronomen
Der Ärger in der Leopoldstädter Bevölkerung über die Zeltstadt am Augartenspitz ist jedenfalls groß. Von "Schandfleck für die Stadt" ist die Rede, von Partys mit Bierausschank, und von widerrechtlicher Aneignung von Privatgrund.
"Wenn Touristen fragen, ob das in einer so schönen Stadt wie Wien Usus ist, dass Obdachlose Zelte in die Wiese stellen, dann ist das peinlich", ist Anrainerin Andrea Heller wütend. "Auch Konzertbesucher gehen an der Zeltstadt vorbei. Was ist das denn für ein Eindruck?" Auch Heller findet, dass das Demonstrationsrecht ein Bürgerrecht darstellt. "Wenn da aber Missbrauch Tür und Tor geöffnet wird und eine Partei dahinter steht, empfinde ich das als Schildbürgerstreich!"
Uns sind die Hände gebunden
"Mich würde es freuen wenn die Zeltstadt weg wäre", sagt Bezirkschef Karlheinz Hora (SP). "Das Thema ist, wir können nichts machen. Es handelt sich um Bundesgrund und die müssen die Räumung veranlassen. Das wiederum können sie nicht, weil Demonstrationen angemeldet sind. Die Bevölkerung ist dagegen. Auch anfängliche Befürworter haben sich mittlerweile gegen diese Geschichte gewandt. Das MuTh steht, ist in Betrieb und ist allen Unkenrufen zum Trotz kein riesiges Veranstaltungszentrum geworden. Wir können nichts machen. Uns sind rechtlich die Hände gebunden…"
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