Kapelle, Bäckerei, Natur
Das sind die versteckten Juwele der Ketzergasse

  • Auch der Liesing Bach fließt teilweise parallel zur Ketzergasse.
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Von einer sagenumwobenen Mühle unter der Hochquellwasserleitung hindurch bis in zum Hofmannsthal-Schlössel : Die Ketzergasse in Liesing hat viele Gesichter und noch zahlreiche unentdeckte Orte. 

WIEN/LIESING. "Mauer liegt am Pappelteich und rund herum liegt Österreich" grinst der Bezirkspolitiker Ernst Paleta, der den Bezirk wie seine Westentasche kennt, während er den Leitspruch des Liesinger Stadtteils zitiert. Ein Merkmal verbindet sein Heimatgrätzel Mauer mit den umliegenden Siebenhirten, Liesing, Rodaun und Kalksburg: Sie alle verbindet die 5,3 Kilometer lange Ketzergasse. 

Benannt nach Josef Ketzer, dem Bürgermeister Siebenhirtens von 1918 bis 1928 windet sie sich durch den 23. Bezirk und bildet an vielen Stellen auch die Stadtgrenze zum benachbarten Perchtoldsdorf. Von 1938 bis 1947 trug die Ketzergasse noch den Namen Adolf Hitler Straße. Zur Zeit des Nationalsozialismus haben auch die umliegenden niederösterreichischen Gemeinden zum damaligen "Groß-Wien" gehört. "Die Nachwirkungen dieser Zeit merkt man immer noch. Teilweise beziehen die Niederösterreicher noch heute ihren Strom von Wien Energie oder haben einen Wiener Telefonanschluss", erzählt Paleta. 

Geschichte spazierend entdecken

Ein Spaziergang - oder kann man schon Wanderung sagen - auf einer der längsten Gassen Österreichs lohnt sich jedoch nicht nur aufgrund ihres historischen Belangen, sondern auch ob einiger versteckter Juwele, die man mit Hilfe eines Profis wie Paleta oder der bz-Wiener Bezirkszeitung entdecken kann.

  • Das Ende Vösendorfs bedeutet zugleich den Beginn der Ketzergasse, die Ernst Paleta wie seine Westentasche kennt.
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Unsere Tour beginnt bei der Ketzergasse 1, der sogenannten Teufelsmühle. Am sagenumwobenen Ort soll früher einmal ein räuberischer Mühlenbesitzer seine Frau ermordet und danach nächtlichen Besuch vom Teufel und seinen Gesellen bekommen haben. "Es war früher auch ein beliebter Grätzel-Treffpunkt, wo man sich auf ein Bier getroffen hat", erzählt Paleta. 

Nur wenige Meter weiter in der Lemböckgasse 3 findet sich eine versteckte Kapelle. Mittlerweile ziert Efeu die im 19. Jahrhundert erbaute und unter Denkmalschutz stehende Hauskapelle unmittelbar neben der Ketzergasse. 

Leerstand stört das Straßenbild

"Früher war die Straße hier voll mit Nahversorgern", erzählt Paleta. "Ein Greissler hat an den anderen gegrenzt, aber heutzutage ist die Ketzergasse von Leerstand geprägt." Tatsächlich ist von der ehemaligen Einkaufsmeile nur mehr wenig übergeblieben. Innovative Projekte wie ein Selbsterntegarten sind Mangelware. Aber die Erinnerungen an vergangene Zeiten dafür umso lebendiger: "Ich hab in den Lagerhallen von Porsche, bevor sie so expandiert haben, noch Tennis gespielt", erzählt Paleta und ergänzt: "Auch das Café Spellitz, wo einst viele Jugendliche langwährende Beziehungen begonnen haben, musste schließen", schwebt Paleta in Erinnerung. 

Die Ketzergasse war auch Ausgangspunkt für die Bäckerei "Der Mann". 1860 wurde hier das erste Kipferl gerollt und der erste Brotlaib aus dem Ofen geholt. "Die angrenzende Manngasse wurde ebenfalls nach der Bäckerei benannt", erklärt Paleta. Heute liegt hier zwar nicht mehr die Zentrale, der Geburtsort von Salzstangerl und Mohnstriezerl dient aber immer noch als Filiale. 

  • Die Teufelsmühle war bereits Stoff einer Sage, heute steht das Rasthaus leer.
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Je weiter man die Ketzergasse entlang schlendert desto mehr Natur begegnet einem. Es geht unter der 1. Wiener Hochquellwasserleitung durch und an der Endstation der Bim 60 vorbei. Auf Höhe des Hofmannsthal Schlössel beginnt auch der Liesingbach neben einem zu fließen. "In diesem Schloss lebte Hugo von Hofmannsthal, der Autor des Jedermann", erzählt Paleta. "In Liesing gibt es übrigens eine Premiere: Ab 3. September wird vor der Rodauner Bergkirche Frau Jedermann uraufgeführt."

Schule im Grünen

Am Ende der Ketzergasse, befindet man sich bereits in den Ausläufen des Naturparks Föhrenberge. Hier ist auch die Katholische Privatschule Kollegium Kalksburg ansässig. Sowohl Gymnasiasten als auch Volksschüler werden, direkt neben des Einstiegs in den Stadtwanderweg 6, unterrichtet.  

  • Dass hinter diesem Tor gelernt wird können sich wohl nur die wenigsten vorstellen.
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Geht man die Ketzergasse komplett ab, so fühlt man sich danach als hätte man verschiedenste Städte entlang einer einzigen Straße gesehen. Auf Leerstand folgen neue Geschäfte, auf tosenden Stadtverkehr folgt der plätschernde Liesingbach. Nach einer Tour durch fünf Stadtteile des 23. Bezirks, die allesamt durch eine Straße verbunden werden, sollte man womöglich auch den Horizont erweitern und abseits der Ketzergasse flanieren. Denn laut der eingangs erwähnten Weisheit, scheint der Pappelteich in Mauer das Potential zum Herzstück eines ganzen Landes zu haben.

  • Auch der Liesing Bach fließt teilweise parallel zur Ketzergasse.
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  • Das Ende Vösendorfs bedeutet zugleich den Beginn der Ketzergasse, die Ernst Paleta wie seine Westentasche kennt.
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  • Die Teufelsmühle war bereits Stoff einer Sage, heute steht das Rasthaus leer.
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  • Nicht mehr als solche zu erkennen ist eine Kapelle in der Lemböckgasse 3.
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  • Auch das ist die Ketzergasse: Liesingbach und viel Natur.
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  • In diesem Schloss hauste ein Hugo von Hofmannsthal.
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  • Das Hofmannsthal Schlössel liegt direkt an der Ketzergasse.
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  • Hinter dieser Tür lebte Hugo von Hofmannsthal der Erschaffer des Jedermann.
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  • Die Ketzergasse führt direkt unter der 1. Wiener Hochquellwasserleitung hindurch.
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  • Das Kollegium Kalksburg sieht mehr aus wie ein Schloss als eine Schule.
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  • Dass hinter diesem Tor gelernt wird können sich wohl nur die wenigsten vorstellen.
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