Interview: "Für Kultur in den Aussenbezirken fehlt die Initialzündung"
Ginge es nach Stadtkulturforscher Dr. Walter Rohn sollte Wien Paris werden. In seinem neuen, im Praesens Verlag erschienen, Buch „Die neue Kultur am Rand der Städte: Wien und Paris“ skizziert er auf über 300 Seiten das Zusammenspiel zwischen Kunst und Nachbarschaft. Das Interview:
Warum vergleichen sie mit ihren Buch gerade Wien und Paris?
WALTER ROHN: "Das sind zwei Städte die man gut vergleiche kann, obwohl sie doch relativ unterschiedlich sind."
Was macht Paris besser?
"Wien macht an sich nichts schlecht, aber Paris macht in den Außenbezirken zwei Dinge besser: Es wird wesentlich mehr Geld investiert und die Stadt setzte mehrere größere Projekte in die die Randbezirke: Ausstellungen, Mediatheken, Theater. Das fehlt in Wien."
Somit war es keine gute Entscheidung, den Standort für das Wien Museum am Karlsplatz zu belassen?
"Ich kann es verstehen, denn ein größeres Museum braucht eine gewissen Laufkundschaft. Und dieser Standort ist bereits eingespielt. Die Verlegung ins Quartier Belvedere hätte auch gar nicht soviel gebracht. denn das wäre zwar nominell im 10. Bezirk gewesen, aber doch zu nahe am Zentrum."
Gerade "Transdanubien" scheint kulturell unterversorgt...
"Vor allem in Aspern gehört unbedingt etwas hin, denn wer nicht dort wohnt, hat ja überhaupt keinen Grund hinzufahren. Sonsts gibt zwar einige Projekte wie das Gloria-Theater, das Orpheum oder die Kino-Center, aber generell passiert dort viel zu wenig."
Woran liegt das?
"Seit dem Ende der 90er Jahre ist z.b. in Ottakring mit dem Soho extrem viel entstanden und das strahlt dann auch auf die Nachbarbezirke aus. Doch in Transdanubien fehlt diese Initialzündung. In Liesing oder Hietzing übrigens auch - dort liegt die Kultur ja völlig brach."
Auch die "Häuser der Begegnung" werden dort kulturell kaum genützt...
"Leider. Denn die wären durchaus geeignet dafür, doch manche Kultur-Veranstalter mögen dieses nicht."
Hat Wien zu wenig Kultur?
"Nein, es kommt nur darauf an wo es ist, weil in Wien ist doch vieles innerhalb vom Gürtel zentriert, Und welche Kunst. Durch die viele klassische Kunst, von Opern bis Museen, ist Wien nicht der Nährboden für Trends. Die kommen aus New York, London, Berlin oder Paris. Nur im Jazz, im Film - Stichwort Oscar - und in der Elektronischen Musik sind wir international relevant."
Können Kulturprojekte soziale Probleme lösen oder eindämmen?
"Lösen direkt nicht. Auch die Franzosen weigern sich, dass man Kultur als Sozialarbeit auffasst. Doch man könnte in Neubaugebieten gleich Kulturzentren mit einplanen, damit ein angenehmeres soziales Klima entsteht. Das würde den Menschen mehr Halt geben."
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