Theater an der Gumpendorfer Straße
Ein "Menschenfeind" auf Abwegen
Ein Mann, der die Welt hasst, ihr aber dennoch nicht entkommen kann: Im Theater an der Gumpendorfer Straße (TAG) trainiert man seine Bauchmuskeln mit einer modernen Adaptierung von Molières "Menschenfeind".
WIEN/MARIAHILF. Alceste sieht überall Probleme: in dem Verhalten seiner Mitmenschen, in der Großstadt und auch in der Kampagne einer politischen Partei, die seine Freundin als Direktorin einer großen Marketingagentur neuerdings betreut.
Menschenfeind oder Wutbürger?
Heute würde man die Hauptfigur des neuesten Stücks im Theater an der Gumpendorfer Straße (TAG) als einen Wutbürger bezeichnen. Molière, dessen Komödie der Regisseur Fabian Alder hier adaptiert, entschied sich im 17. Jahrhundert für den titelgebenden Begriff "Menschenfeind".
"Es geht um einen Mann, der mit dem Zustand der Welt nicht zufrieden ist, sich die ganze Zeit darüber aufregt und dadurch immer wieder mit seinen Mitmenschen in Konflikt gerät", erklärt Alder. "Der Grundkonflikt des Stücks besteht darin, dass er versucht seine Freundin durch eine Intrige aus einer politischen Kampagne herauszuholen." Alcestes Versuch scheitert jedoch und am Ende findet er sich selbst in der Mitte der Gesellschaft, die er so verachtet – ganz gegen seinen Willen, versteht sich.
Vom Adel zum Bobo-Bezirk
"Das Milieu, das bei Molière der Adel gewesen ist, ist bei uns ein linksliberales städtisches Milieu, also Menschen, die im 6. oder 7. Bezirk leben, im Bioladen einkaufen und die Grünen wählen", lacht der Regisseur.
Das ist bereits das zweite Mal, dass er das Stück inszeniert. Während er zuvor das Original in deutscher Übersetzung aufführte, entschied er sich diesmal dazu, der Komödie seinen eigenen Stempel aufzudrücken. "Die Hauptfigur ist mir total nahe. Auf der Bühne sagt er Dinge, die auch meiner Meinung entsprechen", erklärt Alder die Anziehungskraft, die das Stück auf ihn ausübt.
"Ich finde es total gut, dass ´Menschenfeind´ keine Schwarz-Weiß-Geschichte ist. Man weiß nicht, ob er einen so großen Hass auf die Welt entwickelt hat, weil er einfach nicht reinpasst oder weil er ein Intellektueller ist. Er bewegt sich zwischen diesen Polen. Das gefällt mir sehr", so Alder.
Ein ganz neuer Text
Was Molières "Menschenfeind" und Alders gemein haben, ist die Grundgeschichte sowie die Namen der Figuren, ihre Funktion im Stück und fünf Zeilen, die dem Regisseur besonders gefallen haben. "Aber grundsätzlich ist es ein ganz neuer Text", erklärt Alder. Seine Charaktere sprechen durchgehend in Vers reimen und auch Rollschuhe sollen hier eine Rolle spielen, wie der Regisseur vorab verrät.
Die Premiere von "Menschenfeind" findet am 29. April um 20 Uhr im TAG in der Gumpendorfer Straße 67 statt. Gespielt von Jens Claßen, Ida Golda, Markus Hamele, Michaela Kaspar, Lisa Schrammel und Georg Schubert. Weitere Spieltermine folgen im Mai und Juni, jeweils um 20 Uhr. Karten gibt es ab 18 Euro auf www.dastag.at.
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